Die Schweizer Wettbewerbskommission hat eine Kartelluntersuchung gegen die beiden Großbanken Credit Suisse und UBS sowie zehn internationale Banken – darunter die Deutsche Bank – wegen möglicher Zinsabsprachen eröffnet. Die Wettbewerbshüter gehen dem Verdacht nach, dass die Institute den Zinssatz Libor und sein japanisches Pendant Tibor manipuliert haben. Neben falschen Eingaben für die Referenzzinssätze sollen sie auch die Spreads zwischen Ankaufs- und Verkaufskursen abgesprochen und so Kunden manipulierte Preise in Rechnung gestellt haben. Das Verfahren in der Schweiz kam aufgrund einer Selbstanzeige in Gang.
Der Libor ist einer der führenden Referenzzinssätze. Weltweit ist er Basis für Kredite und Derivate im Wert von rund 360 Billionen US-Dollar. Je kurzfristiger Kredite von den Banken zur Verfügung gestellt werden, desto stärker orientiert sich die meist variable Verzinsung am Libor. Entsprechend delikat ist der Manipulationsverdacht. Die Aufsichtsbehörden in der EU, in den USA, in Japan und in Großbritannien gehen ähnlichen Indizien bereits seit Anfang des vergangenen Jahres hinterher. Bei diesen Verfahren geht es im Kern um die Frage, ob Finanzinstitute während der Finanzkrise bewusst zu niedrige Sätze für das Libor-Fixing quotiert hatten, um Bedenken bezüglich ihrer finanziellen Stabilität zu zerstreuen und um sich günstiger refinanzieren zu können. Unternehmen könnten dadurch in den vergangenen Jahren Millionen, wenn nicht gar Milliarden Euro Zinsen gespart haben.
„Wir nehmen die Untersuchung sehr ernst und arbeiten eng mit den Behörden zusammen“, sagte Yves Kaufmann, Sprecher der UBS in Zürich, auf Anfrage. Die Untersuchung in der Schweiz soll nun klären, inwieweit die möglichen Absprachen Auswirkungen auf den Wettbewerb in der Schweiz hatten. Falls Banken für schuldig befunden werden, könnten die Wettbewerbshüter regelwidrig erzielte Gewinne wieder einziehen. Nicht zuletzt wegen der Berechnungsmethodik dürfte es aber schwierig werden, den Instituten Fehlverhalten nachzuweisen. Als „grundlegend fehlerhaft“ bezeichnete etwa William Buiter, ein ehemaliges Mitglied der Bank of England, die Aussagekraft der Libor-Sätze. Denn diese basieren nicht auf realen Transaktionen, sondern repräsentieren Kreditangebotszinsen im Interbankengeschäft. Für die beiden wichtigsten Währungen US-Dollar und Euro melden 20 beziehungsweise 16 internationale Banken in London täglich an die Agentur Reuters Zinssätze, zu denen sie Refinanzierungsgeschäfte mit der Konkurrenz abschließen würden. Im Grunde handelt es sich dabei um das Resultat einer Meinungsumfrage.