Der Automobil- und Industriezulieferer Stabilus geht auf Shoppingtour in Europa und kauft für insgesamt rund 340 Millionen US-Dollar (rund 300 Millionen Euro) gleich drei Unternehmen der schwedischen SKF-Gruppe: ACE (Dampflösungen), Hahn Gasfedern und Fabreeka/Tech Products (Vibrationsdämpfung).
Die drei Unternehmen sind allesamt Industriezulieferer und haben zusammen im Geschäftsjahr 2015 rund 120 Millionen Dollar umgesetzt. Dies entspricht umgerechnet rund 106 Millionen Euro. Der konsoliderte operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) belief sich auf 30 Millionen Dollar (rund 26 Millionen Euro).
Stabilus zahlt für SKF-Unternehmen 11,3x Ebit
Bei einem Kaufpreis von rund 340 Millionen Dollar ergibt sich ein Ebit-Multiple von 11,3x. Zum Vergleich: Die aktuellen FINANCE-Expertenmultiples für die Branche „Fahrzeugbau und -zubehör“ im Mid-Cap-Bereich liegen zwischen 6,2x und 8,1x Ebit. Der Kaufpreis scheint damit verhältnismäßig hoch.
Der Zukauf passt jedoch zu den von Stabilus-CFO Mark Wilhelms gemachten Angaben zur M&A-Agenda vor rund acht Monaten bei FINANCE-TV. Damals kündigte der Finanzchef an, man wolle vor allem im Industriebereich weiter wachsen, um die Abhängigkeit von der Automobilindustrie zu verringern. Besonderes Augenmerk richtete Stabilus bei seiner Targetsuche auf Asien. Die Industriezulieferer von SKF sind zwar keine asiatischen Unternehmen, zum Teil aber auch mit nennenswerten Geschäften in China und Japan vertreten.
Stabilus-CFO Mark Wilhelms nutzt M&A-Deal für Umschuldung
CFO Wilhelms nimmt den M&A-Deal auch zum Anlass, um die Finanzierungsstruktur von Stabilus erneut umzubauen. Wilhelms plant ein neues Finanzierungspaket über 570 Millionen Euro. Der Kaufpreis wäre damit gedeckt. Außerdem soll die aktuelle Term Loan Facility über 265 Millionen Euro abgelöst werden – zu über die gesamte Laufzeit verbesserten Konditionen, wie das Unternehmen erklärt. Etwaige Vorfälligkeitsentschädigungen oder andere durch die Umfinanzierung entstehende Kosten entstehen laut eines Unternehmenssprecher dadurch nicht.
Darüber hinaus will Wilhelms die bestehende und noch nicht gezogenen revolvierende Kreditlinie von 50 auf 70 Millionen Euro aufstocken. Da sich durch diese Maßnahmen der Verschuldungsgrad von Stabilus weit von der von Wilhelms ausgerufenen Zielmarke 1,5x Ebitda entfernen würde, plant Stabilus nach Vollzug der Transaktion eine Kapitalerhöhung von rund 150 Millionen Euro. Nach all diesen Finanzierungsmaßnahmen erwartet Wilhelm dann einen Verschuldungsgrad von „unter 2x Ebitda im kommenden Jahr“.
Stabilus-Aktie notiert fast auf Allzeithoch
Das neue Finanzierungspaket reiht sich ein in eine lange Kette großer Umbauarbeiten in der Konzernbilanz des Traditionsunternehmens. 2010 stand Stabilus infolge des Nachfrageeinbruchs während der Finanzkrise noch kurz vor der Insolvenz. Über einen Debt-to-Equity-Swap wurde eine 256 Millionen Euro schwere Hochzinsanleihe restrukturiert, und der Private-Equity-Investor Triton übernahm die Kontrolle.
Über einen IPO im Mai 2014 gelang Trition dann der Exit bei Stabilus. Rund einen Monat später löste CFO Wilhelms die Anleihe durch die 265 Millionen Euro schwere Term Loan Facility ab.
Die Stabilus-Aktionäre reagieren leicht negativ auf die Transaktion und schicken die Aktie heute rund 2 Prozent nach unten. Mit 44 Euro notiert das Papier aber trotzdem noch nahezu auf Allzeithoch. Die Marktkapitalisierung von Stabilus beläuft sich auf etwas mehr als 900 Millionen Euro.
Info
Mark Wilhelms ist seit 2009 der Finanzchef beim Automobil- und Industriezulieferer Stabilus. Während seiner Amtszeit stand er mit Stabilus am Rande der Insolvenz, begleitete einen Börsengang und schuldete mehrfach um. Erfahren Sie mehr über den Stabilus-CFO auf seinem Profil bei FINANCE-Köpfe.