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TMA fordert neue Finanzierungsinstrumente für die Krise

Der Werkzeugkasten für Krisenfinanzierungen soll umfangreicher werden.
iStock/AndreyPopov

Der TMA Deutschland, der Verband der Turnaround-Spezialisten, erwartet für 2020 ein schwieriges Marktumfeld. Rund 80 Prozent der an der Jahrestagung in Frankfurt anwesenden 150 Mitglieder nehmen bereits einen Anstieg der Krisenfälle wahr. Allerdings erwartet nur ein knappes Drittel in Deutschland wirklich eine handfeste Rezession.

Der Abschwung wird aber nicht schnell vorbeiziehen. Die meisten Experten (56 Prozent) aus der Restrukturierungsbranche glauben, dass die Krise mehr als 24 Monate dauern wird. 31 Prozent gehen immerhin von zwölf Monaten aus. Und der Ausblick ist düster: Eine knappe Mehrheit schätzt, dass die deutsche Wirtschaft geschwächt aus der Krise hervorgehen wird. Dies ergaben diverse Teilnehmerbefragungen am Rande der Tagung.

Automotive brennt

Besonders im Fokus ist derzeit fraglos die angeschlagene Autoindustrie. Krisen wie bei Leoni, wo vor kurzem der bekannte Sanierer Hans Joachim Ziems an Bord ging, seien allenfalls die Spitze des Eisberg, meint Leo Plank, Anwalt und TMA-Vorstand: „Im Mittelstand gibt es zwanzig kleinere Leonis.“

„Im Mittelstand gibt es zwanzig kleinere Leonis.“

Leo Plank, TMA-Vorstand

Speziell für die Automobilbranche, die derzeit sowohl von klassischen Banken als auch bei Debt-Fonds als kaum mehr finanzierbar gilt, fordert der TMA innovativere Instrumente, um sanierungsfähige Unternehmen zu retten – und zwar nicht erst, wenn die Krise eskaliert. „Die Industrie braucht sie jetzt schon“, betont Michael Baur, führender Manager der Unternehmensberatung Alix Partners und Vorsitzender des geschäftsführenden Vorstands.

TMA votiert für Super-Priority-Finanzierungen

Was aber kann getan werden, damit Sanierungsfinanzierungen besser greifen? Außerhalb Deutschlands sieht der Verband einen Trend zu sogenannten „Super-Priority“-Finanzierungen. Diese Finanzierungen sind vorrangig vor den bestehenden Sicherheiten, wobei der Vorrang entweder vertraglich oder gesetzlich eingeräumt wird.

Eine Variante, die auch in Deutschland funktionieren könnte: Über einen sogenannten „Roll-Up“ könnten Gläubiger, die sich an einer Rettungsfinanzierung beteiligen, Altschulden in einem bestimmten quotalen Verhältnis in den Rang der Sanierungsfinanzierung heben. Diese Methode kam hierzulande bisher allenfalls in Einzelfällen wie bei der Rettung von Scholz zum Zuge.

Geht ein Unternehmen in die Insolvenz, glauben die Mitglieder des TMA Deutschland weiterhin an Sanierungs- und Massekrediten. Das sagen 71 Prozent der TMA Mitglieder. Allerdings glauben auch viele, dass der Rechtsrahmen für Sanierungskredite und Massekredite anzupassen sei.

TMA wirbt für DIP-Financings

Das könnte so aussehen: Die Sanierungsfinanzierung sollte gegenüber anderen Gläubigern privilegiert werden. Dabei werfen einige Sanierer den Blick über den Atlantik. In den Vereinigten Staaten ist das sogenannte „DIP-Financing“ Standard. Dabei handelt es sich um Massedarlehen, die im Insolvenzverfahren bei Massegläubigern wie Kreditinstituten, staatlichen Förderbanken, Lieferanten oder Kunden aufgenommenen werden können. Dadurch kann das Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb durch Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit aufrechterhalten.

Drei Möglichkeiten schweben dem Verband für die Umsetzung in Deutschland vor: Der Supervorrang, der Vorrang vor den sonstigen Masseverbindlichkeiten hat; die sogenannte vorrangige Besicherung, wobei den bestehenden Sicherungsgebern ein Ausgleich gewährt wird – und zu guter Letzt der erwähnte „Roll-up“. Insgesamt glauben die meisten TMA-Vertreter, dass Banken bei der Finanzierung von Krisenfällen gegenüber Finanzinvestoren – Debt Fonds, Private Equity und Hedgefonds – an Boden verlieren werden.

markus.dentz[at]finance-magazin.de

Info

Mehr zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite Restrukturierung.

Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.