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Trends im Working Capital: Factoring und Finetrading

Aluminium auf Lager: Die Bestände sind ein Stellhebel, wo Unternehmen bei einem aktiven Working Capital Management ansetzen können.
Thinkstock / Getty Images

Kapital in ungeahnten Dimensionen schlummert anscheinend noch ungenutzt im Working Capital von Unternehmen rund um den Globus. Einer aktuellen Umfrage von PwC unter rund 7.350 Unternehmen weltweit zufolge könnten die teilnehmenden Firmen insgesamt zwischen 896 Milliarden Euro und 1,4 Billionen Euro freisetzen, wenn sie ihre Working-Capital-Quote stufenweise verbessern würden. Doch das gelang in den vergangenen drei Jahren nur 9 Prozent aller untersuchten Unternehmen weltweit.

CFOs haben also noch deutliches Potential, Liquidität in ihren Unternehmen zu heben. Klassisches Handwerkszeug in dem Bereich ist beispielsweise ein detailliertes Berichtwesen, das über die Altersstruktur der Bestände, Forderungen und Verbindlichkeiten informiert. Darüber hinaus können Unternehmen aber auch auf Finanzierungsinstrumente wie beispielsweise Factoring oder Finetrading zurückgreifen, um ihr Working Capital Management zu verbessern.

Neuer Umsatzrekord 2013: Factoring wird immer beliebter

Über Factoring, den Verkauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an eine Factoringgesellschaft, erhält ein Unternehmen Teilbeträge eines Rechnungsbetrags deutlich früher und muss nicht warten, bis der Kunde die Rechnung begleicht. Nach Angaben des Deutschen Factoring-Verbands hat sich die Zahl der Factoringkunden in Deutschland seit 2005 von 3.200 auf rund 17.770 im Jahr 2013 mehr als verfünffacht. Inzwischen werden Forderungen in einem Volumen von mehr als 170 Milliarden Euro über Factoring abgewickelt.

Das Unternehmen als Factoringnehmer muss für die Abwicklung über eine Factoringgesellschaft eine Gebühr bezahlen, die von der Zahl der offenen Posten, den Zahlungszielen, der eigenen Bonität und der Bonität der Kunden abhängt. Früher stand das Instrument im Ruf, recht teuer zu sein. Doch das hat sich in den vergangenen Jahren geändert.

„Die Preise für Factoring sind infolge des sehr starken Wettbewerbs deutlich gesunken“, sagt Hendrik Harms, Sprecher der Geschäftsführung der Deutschen Factoring Bank. Gerade für kleine Unternehmen könne Factoring sogar günstiger als ein Kontokorrentkredit sein, wenn der Factor noch das Mahnwesen und die Bonitätsprüfung der Kunden übernimmt.

Für stark wachsende Unternehmen kann Factoring eine neue Liquiditätsquelle eröffnen. Das alternative Finanzierungsinstrument ist der Deutschen Factoring Bank zufolge schon ab einem Außenumsatz von 500.000 Euro möglich.

Finetrading: Im Prinzip ein langer Lieferantenkredit

Ein ähnliches Instrument gibt es auch auf der Einkaufsseite, das sogenannte Finetrading: Hierbei handelt es sich um eine Warenvorfinanzierung. Der Finetrader agiert als Zwischenhändler zwischen Lieferant und Käufer und finanziert die verhandelte Bestellung vor. Das bedeutet konkret: Die Rechnung des Lieferanten bezahlt der Finetrader direkt nach Warenlieferung, der Käufer erhält aber gleichzeitig vom Finetrader ein verlängertes Zahlungsziel von 120 Tagen. Bis dahin muss er die vorgeschossene Zahlung des Finetraders begleichen. „Der Finetrader gibt im Prinzip einen langen Lieferantenkredit“, sagt Petri Pennanen, Geschäftsführer von WCF Finetrading, „nimmt aber gleichzeitig auch eine Bonitätsprüfung vor.“

Für die Dienste muss das Unternehmen ebenfalls eine Gebühr an den Finetrader bezahlen, die von der Kundenbonität, vom Skonto des Lieferanten, dem Standort und dem Umfang des Geschäfts abhängt. Finetrading kann insbesondere für mittelständische Unternehmen interessant sein, die Waren in größeren Mengen oder in saisonalen Spitzen einkaufen wollen. „Finetrading wird meistens punktuell eingesetzt“, sagt Pennanen. „Wenn das Geschäft stabil brummt und die Hausbanklinie ausreicht, kommen wir typischerweise nicht ins Spiel.“

Der Finanzierer übernimmt eigenen Angaben zufolge Aufträge ab einer Warenvorfinanzierung von 250.000 Euro und geht bis in die Millionenbeträge hoch. Mehr als 2.000 Unternehmen in Deutschland haben dem Anbieter zufolge bis Dezember 2013 Finetrading genutzt.

Nicht für jedes Unternehmen geeignet

Doch beide Instrumente sind nicht für jedes Unternehmen die erste Wahl. Das Familienunternehmen Schreiner Group, das Selbstklebeetiketten produziert und damit im vergangenen Jahr einen Umsatz von 130 Millionen Euro erzielt hat, konzentriert sich auf andere Aspekte, um die Kapitalflüsse zu verbessern.

„Prinzipiell sind Factoring und Finetrading interessante Instrumente zur schnellen Working-Capital-Optimierung, bei unserer Kapitalstruktur aber nicht die Mittel erster Wahl, da wir sehr solide finanziert sind“, sagt Roland Schreiner, geschäftsführender Gesellschafter der Schreiner Group. Zudem verbesserten Factoring und Finetrading nicht die internen Prozesse und Strukturen. „Es ist aus unserer Sicht nachhaltiger und lohnender, an diesen Punkten anzusetzen“, sagt Schreiner.

sabine.paulus[at]finance-magazin.de

Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.