Für den Anleihemarkt im deutschsprachigen Raum 2014 ein Jahr des Wachstums. „Wir haben einen Anstieg des Volumens um 14 Prozent auf 94 Milliarden Euro gesehen“, sagt Matthias Minor, Bond-Experte der RBS. Im Vorjahr lag das Volumen bei Emissionen im Investmentgrade-Bereich nur bei 82 Milliarden Euro. Wichtiger als die reinen Zahlen ist seiner Ansicht nach aber das Nettovolumen: „Etwa 29 Milliarden sind Überschüsse aus den Emissionstätigkeiten, das heißt nicht aufgrund auslaufender Anleihen getätigte Neuauflagen.“
Einen Grund für das Wachstum sieht Marc Müller, Co-Head CMTS für Deutschland bei der Deutschen Bank, in den historisch niedrigen Risikoaufschlägen im vergangenen Jahr, die eine Emission für Unternehmen sehr attraktiv gemacht hätten. „Außerdem gibt es aufgrund des niedrigen Zinsumfelds ein großes Interesse von Investoren, die in längere Laufzeiten investieren.“ Derzeit wäre daher das gesamte Laufzeitenband inklusive extrem langen Laufzeiten bis zu 15 oder gar 20 Jahren möglich, zum Teil sogar darüber hinaus. Dass sich die Laufzeiten weiter nach hinten verschieben, liege laut Müller auch an Pensionskassen und Versicherungen, die auf der Suche Renditen längere Laufzeiten bevorzugten.
Der Euro war im deutschsprachigen Raum nach wie vor die Hauptwährung der Emissionen. Allerdings sieht Bondexperte Matthias Minor einen Trend zu mehr Dollar-Emission. „Wir sehen die Bemühungen der Emittenten, sich im Dollarmarkt ein zweites Standbein aufzubauen.“ Zu prominenten Emittenten der sogenannten Yankee-Anleihen gehören zum Beispiel VW und Daimler.
Akquisitionswelle treibt Hybridanleihen
Auch Hybridanleihen waren 2014 stark gefragt. Längst haben sich Hybride als wichtige Anlageklasse etabliert. Während nach Daten von Dealogic im Euro-Markt 2012 Hybridanleihen mit einem Volumen von etwa 1 Milliarde Euro emittiert wurden, waren es im vergangenen Jahr rund 25 Milliarden Euro. Die Société Générale geht davon aus, dass der Markt in Europa in diesem Jahr dieses Niveau in etwa halten wird.
Im deutschsprachigen Raum wuchs der Hybridanleihemarkt im vergangenen Jahr sehr deutlich. Laut Matthias Minor betrug das Emissionsvolumen im vergangenen Jahr etwa 8,1 Milliarden Euro. Im Jahr davor waren es nur 3,3 Milliarden Euro. „Es gab im Bereich der Hybridanleihen einen Zuwachs um 145 Prozent“, sagt Minor. Er erwartet, dass der Aufwärtstrend auch in diesem Jahr anhalten wird.
„Der wichtigste Treiber ist derzeit der Bereich der Akquisitionsfinanzierungen, bei denen Hybrid-Anleihen, bedingt durch die Eigenkapitalanrechnung seitens der Ratingagenturen, weiterhin ein sehr attraktives Finanzierungsinstrument darstellen“, erklärt Müller von der Deutschen Bank. Einer der bekannten deutschen Emittenten, der auf diese Weise im vergangenen Jahr einen Zukauf finanziert hat, war Bayer. Der Pharmakonzern hat im Juni zwei Hybridanleihen über 3,25 Millionen Euro begeben, um die Übernahme des Consumer-Care-Geschäfts von Merck & Co zu finanzieren. Erst vor wenigen Wochen hat außerdem Merck eine Hybridanleihe mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Euro zur Finanzierung der bevorstehenden Sigma-Aldrich-Übernahme emittiert.
Dämpfer für High Yields in der zweiten Jahreshälfte
Auch das Emissionsvolumen für High-Yield-Bonds ist nach Daten von Dealogic im Euro-Markt von 55 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf schätzungsweise 65 Milliarden Euro im vergangenen Jahr angewachsen. Aber: „In der zweiten Jahreshälfte haben wir wieder einige Abflüsse aus diesem Markt gesehen“, sagt Martin Wagenknecht, Head of Debt Capital Markets in der DACH-Region bei Société Générale. Grund dafür seien Krisen wie zum Beispiel die Lage in der Ukraine gewesen. Von einem starken Einbruch in diesem Jahr geht die Bank jedoch nicht aus. Die Erwartung der französischen Bank liegt bei einem Volumen von 63 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Trotz des Dämpfers in der zweiten Hälfte von 2014 hält Minor den High-Yield-Markt im derzeitigen Niedrigzinsumfeld aus Investorensicht weiterhin für attraktiv. „Für Emittenten aus dem Rating-Bereich BB bis C ist die Entwicklung in diesem Marktsegment ein Durchbruch“, meint er. Laut Minor lag das Emissionsvolumen im deutschsprachigen Raum im vergangenen Jahr bei etwa 12,8 Milliarden Euro und damit etwa auf Vorjahresniveau. Das Volumen könnte seiner Ansicht nach in diesem Jahr steigen, vorausgesetzt die Sorgen über das makroökonomische Umfeld – zum Beispiel die Entwicklungen in Griechenland oder der fallenden Ölpreis – werden nicht zu stark.
Treibt das M&A-Geschäft den Bondmarkt auch 2015?
Alle Unterkategorien zusammengerechnet, geht die Société Générale davon aus, dass sich nach dem starken Wachstum 2014 das Volumen des europäischen Bondmarkts wieder auf dem Niveau von 2013 einpendeln wird. Die Analysten schätzen das Emissionsvolumen im Euro-Markt 2015 auf etwa 273 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 7 Prozent gegenüber 2014 entsprechen würde.
Einig sind sich die meisten Banken in der grundlegenden Analyse des Marktes: Die weiterhin niedrigen Zinsen werden auch 2015 dafür sorgen, dass der Kapitalmarkt für Unternehmen eine attraktive Finanzierungsmöglichkeit bleiben wird. Wie genau sich das Marktvolumen im deutschsprachigen Raum entwickeln wird, hängt auch vom M&A-Markt ab: Boomt er weiter, sind 2015 sogar neue Höchststände drin. Für CFOs ist das eine verführerische Ausgangslage: „Das Interesse der Investoren ist weiterhin signifikant höher als das Angebot“, berichtet Marc Müller.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.