Alfmeier, Ferratum und sogar Sanders: Die jüngst an den Markt gekommenen Mittelstandsanleihen verkaufen sich wieder deutlich besser als noch vor der Sommerpause. In den Wochen vor und während der Sommerpause drückten Spekulationen um die Beteiligung der Scholz-Gläubiger an der Restrukturierung der Passivseite des Schrottverarbeiters auf das Marktsentiment, denn davon hätte auch die Mittelstandsanleihe betroffen sein können. Wenig später – Anfang September – versetzte die Pleite von Windreich dem Markt den nächsten Schlag.
Nun stehen die Zeichen wieder überraschend klar auf grün: „Die Investoren sind wieder zuversichtlicher“, berichtet Tilo Kraus, Head of Financial Markets bei der Düsseldorfer IKB. Ein wichtiger Grund dafür sei eine tendenziell bessere Auswahl der Emissionen: „Die Spreu hat sich auch aufgrund selektiverer Investoren etwas vom Weizen getrennt“, sagt Kraus.
Unter den jüngst vermarkteten Mittelstandsanleihen waren in der Tat auch kein Modelabel, kein Immobilienkonzern und kein Projektierer mehr zu finden, sondern echte Mittelständler wie derAutozulieferer Alfmeier, bei dem der PE-Investor Afinum mit im Boot sitzt. Alfmeier zahlt für die 30 Millionen Euro-Anleihe, die über Pfandrechte an dem ertragsstarken Tochterunternehmen RKT Kunststoff besichert ist, über 5 Jahre 7,5 Prozent. Der Finanzdienstleister Ferratum Capital, der mobile Mikrokredite vergibt, platzierte eine mit BBB- geratete Anleihe über 25 Millionen Euro zu einem Coupon von 8 Prozent.
Kraus: Niedrige Ausfälle bei Mittelstandsanleihen
Selbst der Bettdeckenhersteller Gebrüder Sanders, ein von schwachen operativen Ergebnissen und noch schwächerer Finanzausstattung belasteter Bettdeckenhersteller (Creditreform-Rating: B+) schaffte es an den Markt: 18 von den avisierten 22 Millionen Euro wurden platziert. Mit 8 Millionen aus dem Erlös wird eine erst im Mai begebene Privatplatzierung refinanziert. Weitere 10 Millionen Euro wurden neu gezeichnet. „Wir sind zwar etwas unter dem maximal angepeilten Volumen geblieben, haben aber genug frisches Kapital erlösen können, um alle geplanten Wachstumsschritte zu finanzieren“, ließ sich Hans-Christian Sanders, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, zitieren.
Obwohl auch die drei aktuellen Emissionen bestimmte Fragezeichen aufwerfen – sei es in punkto Branche, Geschäftsmodell oder Bilanzstärke – hält IKB-Banker Kraus das Risiko-Rendite-Profil für vernünftig. Zwar habe es Ausfälle bei Mittelstandsanleihen gegeben. Allerdings seien die Ausfallraten ähnlich hoch wie bei den von S&P mit Single-B gerateten Anleihen, die Kraus für die passende Benchmark hält. Gegenüber den von
Beobachter, die die Ratingergebnisse von den großen Ratingagenturen S&P, Moody’s und Fitch gerateten Bonds und Mittelstandsanleihen vergleichen wollen, ziehen gedanklich immer 3 bis 5 Notches ab. Im Durchschnitt fallen nach zwei, drei Jahren knapp 10 Prozent der von S&P mit B gerateten Emittenten aus – ein Wert, der, wie Kraus glaubt, bei den deutschen Mittelstandsanleihen etwas tiefer liegen könnte.
Herbstoffensive bei Mittelstandsanleihen eingeläutet
In den nächsten Wochen dürfte noch eine Reihe von Emissionen an den Markt kommen: Rund zehn Börsenfenster sind bereits reserviert, wie FINANCE erfuhr. Einen davon dürfte der Fitnessstudiobetreiber Jopp nutzen, der zuletzt ein Fitnessstudio der Kette von Popsängerin Madonna in Berlin eröffnete.
Damit zeichnet sich ab, dass 2013 das avisierte Emissionsvolumen von 2012 deutlich übertroffen werden könnte. Daten der Ratingagentur Scope zufolge wurden bis Ende September bereits 1,33 Milliarden Euro in 30 Mini-Bonds platziert. 2012 lag das für 34 Mittelstandsanleihen ermittelte Emissionsvolumen bei 1,37 Milliarden Euro. Interessant ist das Platzierungsvolumen: 2012 wurden rund 90 Prozent des avisierten Volumens auch tatsächlich platziert, 2013 fällt dieser Wert auf knapp über 50 Prozent. Abgesagte Transaktionen des Projektierers Wallenborn oder deutlich kleiner ausgefallene wie MBB Clean Energy schlagen hier ins Kontor.
Den bisherigen Rekordwert von 1,2 Milliarden Euro platzierten Volumens aus den Jahren 2011 und 2012 wird das Mittelstandssegment daher in diesem Jahr womöglich verfehlen – schließlich werden die Emissionen tendenziell kleiner. Potential zur weiteren Marktentwicklung ist aber vorhanden, glaubt Kraus: „Relativ zum deutschen Mittelstand ist der Mittelstandsmarkt noch eher ein Pflänzchen als ein Baum.“
TKS Union zieht Mittelstandsanleihe zurück
Hauptstolperstein für das Segment: An vielen Stellen fehlt es noch an der nötigen Professionalität, bei den Emittenten wie auch bei den Investoren. Die Marktteilnehmer sollten sich am „erwachsenen“ High-Yield-Markt orientieren, findet IKB-Mann Kraus. Er schlägt eine professionellere Dokumentation bei den Wertpapierprospekten und das Einholen einer zweiten Anwaltsmeinung vor. „Sowohl auf Bank- als auf Emittentenseite sollten Anwälte dabei sein“, findet Kraus.
Ein Lackmustest für das Marktsentiment und den Risikoappetit war die geplante Platzierung von TKS Union sein, mit der die integrierte Schweinefleischproduktion in Russland finanziert werden sollte. Der Kupon für den 50 Millionen-Bond lag bei 8,625 Prozent.
Dass TKS Union noch während der laufenden Roadshow mehrere Änderungen am Wertpapierprospekt ankündigte, war auf skeptische Investorenfragen zurückzuführen. Angesichts der deutlichen Nachrangigkeit der Anleihe, die vom Minderheitsgesellschafter der russischen Betriebe begeben wird, der keine Durchgriffsrechte auf das operative Geschäft hat, schätzten manche Beobachter die Marktchancen der Emission von vornherein als kritisch an.
Die Protagonisten des TKS-Bonds reagierten darauf – nicht nur durch Änderungen am Prospekt und am Mittelverwendungszeck. Kurzfristig zieht sich der Mäster RKS als Gesellschafter aus TKS Union zurück – die börsennotierte deutsche KTG Agrar, die selbst zwei Mittelstandsanleihen ausstehen hat, wird alleiniger Gesellschafter. Zudem wollte das von Siegfried Hofreiter geführte Unternehmen mit einem Darlehensrahmen von bis zu 20 Millionen Euro die Bedienung der Anleihezinsen garantieren. Doch auch dies reichte den Investoren nicht. TKS hat die Emission zurückgezogen und will die Expansion nun doch fern des Kapitalmarkts aus eigenen Mitteln bestreiten. Für den Mittelstandsmarkt ist dies kein schlechtes Zeichen.
Info
Weitere Artikel finden Sie in unserem ausführlichen Dossier zum Thema Mittelstandsanleihen.