Newsletter

Abonnements

CFOs können Kapitalerhöhungen schneller durchziehen

Mittelständler sollen sich einfacher Geld am Kapitalmarkt besorgen können. Die EU entschärft deshalb die Prospektpflicht.
George Doyle/Thinkstock/Getty Images

Leicht verständlich, schlank, auf das Wesentliche fokussiert – diese drei Eigenschaften erfüllen Wertpapierprospekte bislang in den meisten Fällen nicht. Die Folge: Unternehmen, die einen IPO planen oder eine Anleihe begeben wollen, investieren viel Zeit und Geld in die Erstellung eines Prospekts, der Investoren nur begrenzt informiert.

Das hat die EU-Kommission mit ihrer neuen Prospektverordnung nun geändert. „Es gibt künftig mehr Ausnahmen von der Prospektpflicht, Inhalte werden gestrafft, und mit dem EU-Wachstumsprospekt entsteht ein neues, standardisiertes Format für kleine und mittelständische Unternehmen“, fasst Dorothee Fischer-Appelt, Partnerin und Expertin für internationales Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Greenberg Traurig, die wichtigsten Änderungen des Regelwerks zusammen. 

Kapitalerhöhungen ohne Prospekt platzieren

Die Prospektverordnung ist ein wichtiger Bestandteil der geplanten europäischen Kapitalmarktunion. Ihr Ziel: Mittelständlern den Zugang zu den Kapitalmärkten erleichtern, damit diese weniger stark von Bankkrediten abhängig sind. So adressieren die meisten Entlastungen der neuen Prospektverordnung auch KMUs.

CFOs von größeren Unternehmen dürfen sich aber ebenfalls freuen, vor allem über eine Erleichterung bei Kapitalerhöhungen: „Aktien können jetzt bis zu einem Wert von 20 Prozent der bereits gehandelten gattungsgleichen Papiere ohne neuen Prospekt platziert werden, berechnet für jeden 12-Monatszeitraum“, sagt Fischer-Appelt. In der Praxis bedeutet das beispielsweise: Ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 5 Milliarden Euro kann eine Kapitalerhöhung über 1 Milliarde Euro durchführen, ohne einen neuen Prospekt erstellen zu müssen. Bislang lag diese Schwelle bei 10 Prozent.

Das sei eine nicht zu unterschätzende Entlastung für den Finanzvorstand und die Treasury-Abteilung in größeren Unternehmen, sagt die Rechtsanwältin. Der Prospekt für größere Kapitalerhöhungen erforderte bislang viel Arbeit zu Themen, die zwar bekannt waren, aber noch einmal anders aufbereitet werden mussten: „Die Unternehmen können die Finanzkennzahlen und die Beschreibung der Risikofaktoren sowie der aktuellen Geschäftstätigkeit nicht einfach aus dem Jahresabschluss übernehmen, weil dort andere rechtliche Standards gelten als in einem Wertpapierprospekt.“

Die Folge: Viele Arbeiten fallen doppelt an. Für Kapitalerhöhungen bis zu 20 Prozent der bereits gehandelten Papiere können sich Unternehmen diesen Doppelaufwand nun sparen. 

Schneller agieren bei Finanzierung von M&A-Deals

Ein weiterer Vorteil: Das Unternehmen kann den Kapitalmarkt schneller anzapfen, weil es nicht erst auf die Zulassung des Prospekts durch die Finanzmarktaufsicht Bafin warten muss. Gerade bei zeitkritischen Events – etwa der Finanzierung von M&A-Deals – oder in Zeiten volatiler Märkte ist das für CFOs eine gute Nachricht.

Die Befreiung von der Prospektpflicht gilt ab sofort. Weitere Ausnahmen, die es vor allem kleineren Unternehmen ermöglichen, ohne Wertpapierprospekt den Kapitalmarkt anzuzapfen, gelten ab dem 21. Juli 2018. 

EU-Prospektverordnung könnte neue Probleme schaffen

Die meisten Neuerungen der gerade in Kraft getretenen Verordnung greifen dagegen erst 2019. Der Grund: „Bisher steht nur der Rahmen, jetzt müssen die EU-Behörden die detaillierten Ausführungsbestimmungen formulieren“, sagt Fischer-Appelt.

Das gilt insbesondere für den neuen EU-Wachstumsprospekt. Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 500 Millionen Euro soll ein standardisiertes, abgespecktes Format helfen, Prospekte schneller und preiswerter zu erstellen. Diese Standards muss die EU allerdings erst noch definieren – und das europaweit einheitlich.

Dass dies keine einfache Übung ist, zeigen die aktuellen Diskussionen: So überlegen die Behörden etwa, im neuen Prospektformat nationale Rechnungsstandards durch IFRS zu ersetzen. Für Mittelständler wäre dies mit einem erheblichen Umstellungsaufwand verbunden – und brächte damit nicht die erhoffte Entlastung.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de