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Eurobonds und Rente mit 70 werden kommen

Schieflage unter dunklen Wolken: Der Bund hat inzwischen über 1 Billion Euro Schulden - und die Finanzagentur fragt sich, wie lange das noch gut gehen kann.
Thinkstock / Getty Images

Die Zahlen sind gewaltig. Jahr für Jahr emittiert die Deutsche Finanzagentur im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland rund 300 Milliarden Euro an Schuldtiteln. Im Schnitt sind das jede Woche gut 6 Milliarden Euro. Carsten Lehr, Geschäftsführer und seit Gründung der Agentur vor 12 Jahren dabei, beschreibt das Geschäft auf der Neujahrsveranstaltung des eff in Frankfurt am Main wie folgt: „Wir emittieren relativ selten, aber dafür relativ große Volumina.“ Die Hauptaufgabe der Agentur ist es, dafür zu sorgen, dass der Bund zuverlässig, effizient und günstig Zugang zu Liquidität hat. Das ist bislang, auch dank der Niedrigzinsumfeldes, durchaus gelungen. Musste der Bund 2002 für 780 Milliarden Euro Schulden gut 37 Milliarden Euro Zinsen zahlen, so zahlt er 2013 für voraussichtlich 1,078 Milliarden Euro Schulden nur 32 Milliarden Euro an Zinsen.

CFOs sollten sich auf Verdrängungswettbewerb einstellen

Doch Lehr warnt vor den Herausforderungen der Zukunft – und die sollten auch jeden Finanzvorstand aufhorchen lassen. Denn der Verdrängungswettbewerb auf den Kapitalmärkten wird mit steigenden öffentlichen Schuldenlasten weiter zunehmen. Als wichtigste Einflussfaktoren für die Arbeit der Finanzagentur nennt Lehr Themen wie die weltwirtschaftliche Entwicklung, regulatorische Fragen und die Schuldenbremse, aber auch einen zunehmenden Emittentenwettbewerb, eine Nachfrageverschiebung auf Investorenseite, Eurobonds, Deutschlandbonds und den demographischen Wandel. „Eurobonds werden irgendwann kommen“, so Lehr. Er hoffe, diese stünden am Ende eines politischen Einigungsprozesses in Europa, aber vermutlich müsse deutlich früher mit ihnen gerechnet werden. Zudem sei er aus Sorge um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Sozialsysteme für eine sofortige Einführung der Rente mit 70. Die stufenweise Einführung der Rente mit 67 sei politisch verständlich und besser als gar nicht zu handeln. Aber ausreichend sei sie nicht.

Im Emittentenwettbewerb sehe Deutschland sich zunehmend Emittenten aus Schwellenländern gegenüber – für Finanzvorstände gilt dies sicherlich noch stärker als für den Bund. Und auf Nachfrageseite müsse der Bund, der bislang vor allem am europäischen Markt aktiv sei, sich neue Investorengruppen ebenfalls in den Schwellenländern erschließen – auch dies gilt analog für viele Unternehmen. Mit der Verschiebung der deutschen Unternehmensfinanzierung weg vom Bankkredit und hin zu Kapitalmarktinstrumenten wird die Bundesfinanzagentur damit zunehmend Weggefährte und Wettbewerber deutscher CFOs.

armin.haeberle[at]finance-magazin.de