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Fünf Antworten zur – Aktienrechtsnovelle

Erklärtes Ziel der Aktienrechtsnovelle: Mehr Transparenz beim Aktienhandel schaffen.
iStock/Thinkstock/Getty Images

Wer profitiert am stärksten?

Banken: Sie profitieren davon, dass stimmrechtlose Vorzugsaktien nun als regulatorisches Kernkapital eingestuft werden – vorausgesetzt, sie verzichten auf den „echten“ Vorzug, der mit einem zwingenden Nachzahlungsanspruch für den Aktionär verbunden ist, und gestalten den Vorzug als Zusatzdividende.

Der Unterschied: Fällt die Dividende in einem Jahr aus, haben die Vorzugsaktionäre keinen Anspruch auf Nachzahlung im Folgejahr. Das Vorzugskapital ist also nicht mehr mit möglichen Nachzahlungsansprüchen belastet und damit kernkapitaltauglich.

Unternehmen in der Krise: Eine entscheidende Änderung betrifft Wandelschuldverschreibungen. Unternehmen können nun „umgekehrte“ Wandelschuldverschreibungen ausgeben, bei denen sie als Schuldner selbst ein Wandlungsrecht haben. Das kommt angeschlagenen Firmen zugute, erklärt Martin Neuhaus, Co-Chef des deutschen Corporate Departments der Kanzlei Latham & Watkins: „Das Wandlungsrecht ist ein geeignetes Instrument für das Krisenmanagement. Es gibt dem Vorstand die Möglichkeit, die Eigenkapitalquote in einer Notsituation schnell zu verbessern.“

Der Vorstand müsste dazu auch nicht die nächste Hauptversammlung abwarten, sondern könnte – soweit verfügbar – das Instrument kurzfristig durch die Ausnutzung bedingten Kapitals einsetzen. Ein weiterer Vorteil: „Grundsätzlich ist Schaffung bedingten Kapitals nur bis zur Hälfte des Grundkapitals möglich. Dieses Limit gilt aber nicht, wenn beim Umtausch die Zahlungsunfähigkeit droht oder die Überschuldung abgewendet werden soll und das bedingte Kapital zu diesem Zweck beschlossen wurde“, sagt Neuhaus.

Unternehmen mit Berufsklägern unter den Aktionären: Der dritte Gewinner sind alle Unternehmen, die sich in der Vergangenheit mit den sogenannten räuberischen Kleinaktionären herumschlagen mussten – Schätzungen zufolge auch ein Großteil der DAX-Konzerne. Die Novelle schränkt die Möglichkeiten der berüchtigten Berufskläger ein: Bislang konnten sie Beschlüsse zeitlich praktisch unbegrenzt mit Nichtigkeitsklagen torpedieren.

Ab sofort gilt aber eine „relative Befristung“: Sobald der erste Aktionär Klage einreicht, können die anderen Aktionäre nur noch innerhalb eines Monats ebenfalls mit einer Klage nachziehen – so können die Verfahren nicht mehr unbegrenzt in die Länge gezogen werden.

Und wer verliert durch die Aktienrechtsnovelle?

Die größten Einschnitte bringt die Novelle für nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften, die in der Vergangenheit Inhaberaktien ausgegeben haben. Diese Aktionäre wurden bisher normalerweise nicht im Aktienregister erfasst, solange sie mit weniger als 25 Prozent am Unternehmen beteiligt waren.

Die Novelle schreibt nun vor, dass nichtbörsennotierte Unternehmen ihre Inhaberaktien in einer Globalurkunde bei einer Verwahrstelle wie Clearstream hinterlegen müssen. Dabei muss der Anspruch der Aktionäre auf Einzelverbriefung ausgeschlossen werden.

Solange das Unternehmen diese Urkunde nicht hinterlegt, werden die Inhaberaktien wie Namensaktien behandelt. „Für die betroffenen Unternehmen heißt das, dass sie von jedem Aktionär die zentralen Informationen wie Name, Geburtsdatum und Adresse einsammeln und verwalten müssen“, sagt Neuhaus. „Das führt unter Umständen zu einem sehr großen Aufwand, deshalb werden alle möglichst bald die Sammelurkunde hinterlegen.“

Was ändert sich für börsennotierte Unternehmen?

Börsennotierte Unternehmen sind von der Aktienrechtsnovelle praktisch nicht betroffen. Sie dürfen auch in Zukunft wie gewohnt Inhaberaktien ausgeben. Denn für gelistete Aktiengesellschaften gilt zum einen ohnehin eine viel niedrigere Meldeschwelle von 3 Prozent, zum anderen werden ohnehin fast alle Aktien bei Clearstream verwahrt.

War die Anpassung bei Inhaberaktien wirklich notwendig?

Die Bundesregierung will mit der zwingenden Hinterlegung von Inhaberaktien an nichtbörsennotierten Unternehmen für mehr Transparenz beim Aktienhandel sorgen. Das soll vor allem Geldwäsche verhindern. So ehrbar dieses Ziel auch ist, so wenig lässt es sich mit den Änderungen erreichen, meinen Experten.

„Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Handel von Aktien nichtbörsennotierter Unternehmen in der Vergangenheit missbraucht worden ist, um Gelder zu waschen“, kritisiert Neuhaus. „Die Regierung wollte damit den Vorgaben internationaler Gremien wie der Financial Action Task Force gerecht werden. Tatsächlich schafft sie so aber nur eine Scheintransparenz.“

Wieso hat die Umsetzung der Novelle so lange gedauert?

Als die Reform Ende 2010 angestoßen wurde, lief sie zunächst unter dem Titel „Aktienrechtsnovelle 2010“. Jetzt, nach mehr als vier Jahren, sind die Änderungen als „Aktienrechtsnovelle 2014“ endlich umgesetzt worden. Schuld an dieser Verzögerung ist in erster Linie der Streit um die geplante Deckelung von Vorstandsgehältern durch die Hauptversammlung. Das „Say on Pay“-Modell war ursprünglich als Teil der Novelle geplant, wurde aber unmittelbar vor der Bundestagswahl 2013 gekippt – und mit ihm vorläufig die Umsetzung der restlichen Änderungen.

Um die Novelle endlich voranzubringen, hat die Regierung in dieser Legislaturperiode das Thema „Say on Pay“ erst einmal von der Agenda gestrichen – und die Novelle nun eben ohne Neuregelungen für Vorstandsgehälter umgesetzt.

sarah.nitsche[at]finance-magazin.de