Das Verschwinden des chinesischen Unternehmen Firstextile vom deutschen Kapitalmarkt, über das FINANCE vor einigen Wochen berichtet hatte, ist nun offiziell. Bis zum 2. Mai hätte das seit 2012 in Deutschland börsennotierte Unternehmen den Geschäftsbericht für das vergangene Jahr einreichen müssen. Diesen hat die Deutsche Börse bisher aber nicht erhalten, wie sie auf Nachfrage von FINANCE mitteilte. Mit dem Ausbleiben des Jahresfinanzberichts hat Firstextile nach Monaten des Schweigens jetzt offiziell gegen die Publizitätspflichten der Deutschen Börse verstoßen.
Die erste Konsequenz hat das bereits nach sich gezogen: Die Aktie ist seit vergangener Woche vom Handel ausgesetzt. Schon seit vergangenem November war das Papier nicht mehr auf Xetra handelbar, sondern nur noch in einer fortlaufenden Auktion mit einem Spezialisten. Da die Aktie bereits seit Monaten fast nichts mehr wert ist, ist der Schritt für die noch übrig gebliebenen Aktionäre wenig relevant. Wichtiger ist für die Anleger eher, was jetzt passiert. Die Deutsche Börse prüfe „derzeit die Erreichbarkeit des Unternehmens“.
Firstextile hat millionenschweren Anlegerschaden verursacht
Ob die Deutsche Börse es schaffen wird, das Unternehmen zu kontaktieren, ist fraglich. Das Unternehmen scheint sich schon vor Monaten vollständig aus Deutschland verabschiedet zu haben. Eine FINANCE-Recherche hatte zudem ergeben, dass zwei der drei Aufsichtsratsmitglieder bereits im vergangenen Jahr zurückgetreten sind – vermeldet wurde dies nicht.
Es dürfte schwer werden, mögliche Sanktionen oder Strafen über die deutschen Grenzen hinaus in China durchzusetzen. Für Anleger scheint es daher kaum Hoffnung zu geben, ihr investiertes Geld jemals wiederzusehen. Was bleibt, ist eine noch stärkere Zerrüttung des Rufs chinesischer Unternehmen am deutschen Kapitalmarkt.
Vorfälle wie bei Firstextile dürften chinesischen Firmen den Weg an den deutschen Kapitalmarkt für sehr lange Zeit verbaut haben. Der Schaden, den deutsche Anleger mit ihrem Investment in Firstextile erlitten haben, dürfte mindestens 18 Millionen Euro betragen – so viel Geld hatten die Chinesen bei ihrem Börsengang im Jahr 2012 eingesammelt.
Info
Mehr über die problematischsten Fälle chinesischer Unternehmen am deutschen Kapitalmarkt lesen Sie auf unserer Themenseite zu den China-Aktien.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.