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Gläubigergruppe um Ex-CFO plant Alno-Übernahme

Der Machtkampf beim insolventen Küchenbauer Alno geht in die nächste Runde. Eine Gläubigergruppe um die frühere Finanzchefin Ipek Demirtas will die Kontrolle zurück.
Alno

Der bosnischen Investorenfamilie Hastor droht die Kontrolle über den insolventen Küchenbauer Alno zu entgleiten. Die Wirtschaftskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek hat beim Amtsgericht beantragt, die Insolvenz in Eigenverwaltung aufzuheben und einen starken Insolvenzverwalter zu bestellen. Laut des FINANCE vorliegenden Antrags handelt die Kanzlei im Namen der Liechtensteiner Fondsgesellschaft First Epa, hinter der die im Dezember geschasste Ex-Alno-Finanzchefin Ipek Demirtas steht.

Die Pläne des Lagers um Demirtas waren teilweise am Montag durchgesickert. Zu dem Zeitpunkt wurde bekannt, dass wichtige Lieferanten und Fremdkapitalgeber von Alno unter der Regie der Hastors eine Sanierung des Küchenbauers auf den Schultern der Gläubiger fürchten. Diesen Umstand führt die Gläubigergruppe als ausschlaggebenden Grund für den Plan an, einen Insolvenzverwalter zu bestellen und damit die Fremdkapitalgeber zu stärken.

Weiterhin argumentiert First Epa, dass Kunden keine Rechnungen mehr bezahlen würden, da aufgrund von „inkompetenter Führung“ nur noch „unvollständige Küchen“ geliefert würden. Zahlreiche Küchen seien ohne Elektrogeräte geliefert, aber dennoch in Rechnung gestellt worden. Der Wert der fehlenden Geräte belaufe sich auf 850.000 Euro.

Geheimtreffen von Alno-Gläubigern in München

Die Eigenverwaltung aufzuheben ist nur der erste Schritt eines viel größeren Unterfangens. Nach FINANCE-Informationen gab es am 9. August in München ein Treffen mehrerer Alno-Gläubiger, bei dem erörtert wurde, wie die Hastors entmachtet und Alno anschließend saniert werden könnte.

Eine mit der Sache vertraute Person berichtet, dass neben Ipek Demirtas auch der frühere Alno-Chef Max Müller sowie Vertreter des Stuttgarter Haushaltsgeräteherstellers Bauknecht (der zum Whirlpool-Konzern gehört) anwesend waren. Bauknecht ist ein langjähriger Aktionär, Gläubiger und Lieferant von Alno und hat dem Unternehmen in der Vergangenheit mehrfach unter die Arme gegriffen.

Ebenfalls anwesend waren Vertreter von East West Finance, Riverrock und Shun Hing – allesamt Alno-Aktionäre und/oder Fremdkapitalgeber. Auch Mini-Bond-Sanierer Frank Günther von der Corporate-Finance-Beratung One Square Advisors hat dem Treffen beigewohnt. Ihm werden aussichtsreiche Chancen zugerechnet, zum gemeinsamen Vertreter der 45 Millionen Euro schweren Mittelstandsanleihe und der 14 Millionen Euro schweren Wandelschuldverschreibung gewählt zu werden.

Hastor-Entmachtung bei Alno über Debt-to-Equity-Swap geplant

Das der Feder von Ipek Demirtas entsprungene Konzept sieht vor, die Nettoverschuldung um 157 Millionen auf 19 Millionen Euro zu senken und das Eigenkapital auf rund 292 Millionen Euro zu steigern. Ermöglicht werden soll dies über einen sogenannten Debt-to-Equity-Swap, bei dem Fremdkapitalgeber ihre Forderungen in Aktien und damit Eigenkapital tauschen. Alno müsste dann jährlich 10 Millionen Euro weniger Zinsen bezahlen und die Eigenkapitalquote würde auf rund 80 Prozent steigen, so Demirtas‘ Kalkulation. 

FINANCE liegt ein Dokument vor, demzufolge das Kapital in einem ersten Schritt auf Null herabgesetzt werden soll. Anschließend sollen die Fremdkapitalgeber über eine rund 165 Millionen Euro schwere Sachkapitalerhöhung ihr Fremdkapital einbringen. Dem Dokument zufolge sind die Hastors mit nominell 68,5 Millionen Euro der größte Darlehensgeber von Alno. Es folgen First Epa (17,3 Millionen), East West Finance (8,1 Millionen), Riverrock (7 Millionen) und Shun Hing mit 5,6 Millionen Euro. Hinzu kommen die beiden Anleihen im Volumen von 59 Millionen Euro. Ex-CEO Max Müller bringt wohl außerdem Gesellschafterdarlehen an Alno in den Debt-to-Equity-Swap ein.

Die Fremdkapitalanteile lassen sich nicht eins zu eins auf die spätere Aktionärsstruktur übertragen, weil der Anteil der Gesellschafterdarlehen in Müllers Hand in dem Dokument, das FINANCE vorliegt, nicht auftaucht. Doch laut den Berechnungen der Gläubigergruppe ergäbe sich nach den beiden Kapitalmaßnahmen folgendes Bild: Die Hastors wären mit rund 41 Prozent weiterhin der größte Alno-Einzelaktionär. Das Gläubigerbündnis um Demirtas käme jedoch zusammen auf rund 47,5 Prozent. Würde Frank Günther zum gemeinsamen Anleihevertreter gewählt, könnten zudem noch die 11,5 Prozent der Aktien zugeschlagen werden, die aus den Anleihen entstehen. Die Hastors wären damit nicht mehr die dominierende Kraft im Hause Alno.

Alno-Gläubiger wollen Vorstand und Aufsichtsrat neu besetzen

Entscheidend für dieses Vorhaben ist, wie der Insolvenzrichter bezüglich der Eigenverwaltung entscheidet, denn bisher haben die Hastors bei Alno nahezu freie Hand, da sie mit Christian Brenner CEO und CFO in Personalunion stellen und die Mehrheit im Aufsichtsrat kontrollieren. Die entscheidende Frage für den Richter lautet, unter wessen Führung die Fortführungsprognose für Alno am besten ist. Demirtas und ihre Mitstreiter planen neben der bilanziellen auch eine operative Sanierung des Konzerns. Die Hastors haben bisher noch keine Sanierungspläne kommuniziert. 

Zunächst sollen Vorstand und Aufsichtsrat neu besetzt werden. Der neue CEO solle über „langjährige Branchenerfahrung“ verfügen, in der Branche „Vertrauen und Wertschätzung“ genießen und das Konzept mittragen, heißt es in dem Dokument. Das Konzept sieht vor, ausgehend von 2017 die Umsätze bis zum Jahr 2019 im Inland von 185 auf 270 Millionen Euro zu erhöhen und im Ausland im Gegenzug von 154  auf 70 Millionen Euro zu senken. In Summe würden die Erlöse damit in etwa gleich bleiben.

Eine optimistischere Prognose wagt die Gläubigergruppe wahrscheinlich deshalb nicht, weil durch den laut Dokument geplanten Verkauf von Forster Küchen jährlich 30 Millionen Euro an Umsatz wegbrechen würden. Dieser Rückgang soll neben dem Volumenwachstum auch durch Preiserhöhungen kompensiert werden.

Um nach Jahren der roten Zahlen wieder Gewinne zu schreiben, will Demirtas auch bei der Effizienz ansetzen. Nächstes Jahr sollen 18 Millionen Euro investiert werden, überwiegend in moderne Maschinen, Anlagen, Gebäude und die Geschäftsausstattung. Konkrete Finanzierungsgespräche gibt es nach FINANCE-Informationen dazu noch nicht. Zunächst gilt es ohnehin, den insolventen Küchenbauer operativ zu stabilisieren und das Vertrauen der Kunden und Lieferanten zurückzugewinnen. Gelingt der Debt-to-Equity-Swap, könnte anschließend eine neue Konzernfinanzierung aufgesetzt werden.

Info

Noch mehr Hintergründe zur Pleite des Küchenbauers erhalten Sie auf der FINANCE-Themenseite zu Alno

 

Nachtrag/ Information der Redaktion

In einer vorherigen Version dieses Beitrags hatten wir berichtet, dass am 9. August ein Treffen von mehreren Alno-Gläubigern in München stattgefunden habe, bei dem sich nach FINANCE-Informationen die Teilnehmer mündlich auf eine gemeinsame Marschroute verständigt haben sollen. Diesen Satz haben einige der bei diesem Treffen Anwesenden so verstanden, als sei eine endgültige Beschlusslage zu dem vorgestellten Übernahmekonzept herbeigeführt worden. Ihnen zufolge diente das Treffen lediglich dem Informationsaustausch, eine Verständigung über ein gemeinsames Konzept der Gläubigergruppe habe nicht stattgefunden. Um weitere, von uns nicht beabsichtigte Interpretationen zu vermeiden, haben wir die entsprechende Passage geändert.

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