Der Euro-Markt für Unternehmensanleihen hat einen vielversprechenden Jahresauftakt hingelegt. Insgesamt wurden Investmentgrade-Bonds im Wert von 84,5 Milliarden Euro platziert. Damit lag das Volumen deutlich über dem Vorjahr, von den damaligen Sorgen rund um China und den Ölpreis keine Spur. „Es zeigt sich im Gegensatz zum vergangenen Jahr eine zeitlich ausgewogenere Verteilung der Emissionen“, sagt Paula Weißhuber, DCM-Chefin für die deutschsprachige Region bei der Bank of America Merrill Lynch über den starken Jahresanfang. „Lediglich der Februar war aufgrund der Blackout-Periode bei vielen Unternehmen wie immer etwas ruhiger.“
Rund 21,2 Milliarden Euro flossen im ersten Quartal an deutsche Unternehmen im Investmentgrade-Segment (1. Quartal 2016: 16,2 Milliarden Euro). Sie waren die aktivste Gruppe am Corporate-Bond-Markt und setzten die Rally, die durch das Bondkaufprogramm der EZB ausgelöst wurde, auch in diesem Jahr unvermindert fort. Einen besonderen Schub gab Volkswagen dem Markt. Der Autobauer platzierte bei der lange erwarteten Rückkehr an den Bondmarkt gleich 8 Milliarden Euro. Seit Beginn des Dieselskandals hatte sich der Konzern von Unternehmensanleihen ferngehalten.
Anfang April folgte auch die Finanzsparte des Konzerns, Volkswagen Financial Services, mit der ersten Pfund-Transaktion seit langem. Neben VW gingen auch die Branchenkollegen Daimler und BMW an dem Markt. Zu den weiteren Emittenten zählten Heidelberg Cement, Linde, LEG Immobilien, Vonovia und die Deutsche Telekom.
High-Yield-Bonds profitieren von stabilem Umfeld
Auch für High-Yield-Emittenten verlief der Jahresauftakt deutlich besser als 2016. Rund 2,6 Milliarden Euro wurden platziert, im Vorjahr waren es nur 1,85 Milliarden Euro. Den Anfang machte im Januar die Reederei Hapag-Lloyd, die den Markt wenige Wochen später sogar noch ein zweites Mal anzapfte. Zu den weiteren Emittenten zählten unter anderem der Stahlkonzern Thyssen Krupp und der Salzkonzern K+S.
Der Crossover-Emittent Fresenius platzierte als erstes Unternehmen außerhalb des Investmentgrade-Universums am 17. Januar 2,6 Milliarden Euro – so viel wie alle High-Yield-Emittenten zusammen. Mit den Mitteln finanzierte der Gesundheitskonzern den größten Zukauf seiner Unternehmensgeschichte. Im ersten Quartal blieb Fresenius das einzige Unternehmen in dieser Kategorie.
Ganz neu ins Spiel brachte sich Sixt Leasing. Das Spin-off des gleichnamigen Autovermieters ist seit Mai 2015 an der Börse notiert und sammelte nun zum ersten Mal Geld am Bondmarkt ein. Die vierjährige Anleihe hatte ein Volumen über 250 Millionen Euro und wird mit 1,125 Prozent verzinst. Sixt Leasing war in den ersten drei Monaten des Jahres das einzige deutsche Unternehmen ohne Rating, das den Euro-Markt anzapfte.
Volatile Zinsentwicklung am Corporate-Bond-Markt
Insgesamt spricht der Jahresauftakt dafür, dass die Bond-Rally auch in diesem Jahr weitergeht. Doch bei genauerem Hinsehen zeigen sich einige Entwicklungen, die das Umfeld in diesem Jahr herausfordernder machen als im vergangenen Jahr. „Die Volatilität des Marktes spiegelt sich aktuell hauptsächlich in der Zinsentwicklung wider“, erläutert Bondexpertin Weißhuber. „Viele Marktteilnehmer rechnen im Verlauf des Jahres mit steigenden Zinsen, auch wenn sich das bisher nur begrenzt materialisiert hat“, so Weißhuber.
Neben der Zinsentwicklung sind für die Konditionen am Bondmarkt als zweite Komponente die Risikoaufschläge relevant, die Unternehmen je nach Bonität zahlen müssen. Zu der in der Tendenz steigenden Zinsentwicklung zeigt sich laut Paula Weißhuber im ersten Quartal eine gegenläufige Entwicklung bei diesen Risikoaufschlägen. Die Credit Spreads setzten in diesem Jahr zunächst ihren Abwärtstrend weiter fort und verengten sich. „Auch in diesem Jahr waren deshalb bisher – zum richtigen Zeitpunkt – sehr attraktive Finanzierungskonditionen erzielbar“, so Weißhuber.
Gut genutzt hat beispielsweise Daimler diese Chance. Der Autokonzern platzierte Anfang März einen zweijährigen Bond über 500 Millionen Euro mit einem Nullkupon. Das Besondere: Daimler konnte den Bond sogar über par platzieren und erreicht damit eine negative Rendite. Mit solchen Minus-Bonds hatten im vergangenen Jahr als erste Corporate-Emittenten Henkel und Sanofi für Schlagzeilen gesorgt.
Wie geht es am Corporate-Bond-Markt weiter?
Paula Weißhuber sieht wenig Chancen für ein weiteres deutliches Herabsinken der Risikoaufschläge am Corporate-Bondmarkt. Zum einen, weil sich die Spreads bereits auf einem extrem niedrigen Niveau bewegen. „Zum anderen dürften die Befürchtung des Rückgangs der Zentralbankunterstützung im Corporate-Bondmarkt sowie anhaltende politische Unsicherheit tendenziell eher Druck auf die Spreads ausüben“, argumentiert sie. Hinzu kommt, dass sich Investoren bei Emissionen mit längeren Laufzeiten bereits verstärkt Gedanken über die zukünftige Zinsentwicklung machen. „Wir bemerken bereits jetzt eine sehr starke Nachfrage nach kurzen Laufzeiten.“
Dass die diffusen Sorgen der Investoren um globale Risiken und das Zinsumfeld schon bald dazu führen, dass die Rally am Markt für Unternehmensanleihen endet, ist allerdings bislang nicht abzusehen. Noch spürt der Markt den Rückenwind der EZB deutlich. Die Zentralbank hat ihr Kaufvolumen allerdings etwas zurückfahren. Darauf muss sich der Markt in den kommenden Wochen einstellen.
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Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.