Der Schuldscheinmarkt liegt auch nach dem dritten Quartal weiter auf Rekordkurs. Das Emissionsvolumen der ersten neun Monate des Jahres liegt bei etwa 19,1 Milliarden Euro und nähert sich damit bereits dem Rekordwert des gesamten Jahres 2015 von rund 20 Milliarden Euro. Das zeigt das aktuelle Schuldschein-Update von Thomson Reuters LPC, das der Datendienstleister vierteljährlich exklusiv für FINANCE aufbereitet. Die gesamte Übersicht kann hier heruntergeladen werden.
Allerdings haben sich die Aktivitäten am Schuldscheinmarkt – wie schon im zweiten Quartal – weiter abgeschwächt, wenn auch auf hohem Niveau. Im dritten Quartal des Jahres platzierten Unternehmen Schuldscheine mit einem Gesamtvolumen von 4,8 Milliarden Euro. Im ersten Quartal wurden dagegen 7,9 Milliarden Euro eingesammelt, im zweiten 6,3 Milliarden Euro.
Bosch platziert Jumbo-Schuldschein über 1,5 Milliarden Euro
Auch die Anzahl der Deals ist rückläufig, der Trend zu großvolumigen Transaktionen hält dagegen an. Laut einer Studie der DZ Bank hat sich das durchschnittliche Volumen einer einzelnen Transaktion in den ersten acht Monaten noch einmal erhöht und liegt jetzt bei rund 262 Millionen Euro. Im Vorjahr – also dem Jahr des Rekordschuldscheins über 2,2 Milliarden Euro von ZF Friedrichshafen – lag das Volumen im Schnitt noch bei 190 Millionen Euro.
Im Juli dieses Jahres ging die Supermarktkette Lidl an den Markt und sammelte rund 800 Millionen Euro ein, Medienberichten zufolge bestehend aus unterschiedlichen Währungen. Im August platzierte dann der Technologiekonzern Bosch einen echten Jumbo-Schuldschein und sammelte 1,5 Milliarden Euro ein. Die Stuttgarter reihen sich damit hinter der Lebensmittelhandelskette Hofer ein, die im März mit 1,6 Milliarden Euro den größten Schuldschein des Jahres und zweitgrößten aller Zeiten platziert hat. Eine im Vergleich dazu kleinere Transaktion kam vom Autovermieter Sixt, der im Juli einen Schuldschein über 375 Millionen Euro an den Markt brachte.
Emittenten mit implizitem Investmentgrade dominieren
Lange galt der Schuldschein als Instrument, das Unternehmen mit bester Bonität vorbehalten war. Der aktuelle Boom nagt aber an dieser Faustregel. Zwar dominieren laut der DZ Bank bis Ende August nach wie vor Emittenten, die kein externes Rating besitzen, aber eine Bonität im Investmentgrade-Bereich haben. Sie machen rund 59 Prozent der Emittenten aus. Auf Non-Investmentgrade-Emittenten entfallen aber schon rund 17 Prozent, auf den Cross-Over-Bereich etwa 11 Prozent.
Nicht alle Marktexperten sehen diesen Trend positiv. Christoph Dorsch, Leiter Credit Rating bei Feri EuroRating warnt, einige der Debütemittenten seien nicht kapitalmarktfähig. Die Ausfallraten im Schuldscheinmarkt könnten deshalb anziehen. Dies würde am Fundament zehren, denn der Markt lebt von seinen schlanken Dokumentationen und vom OTC-Charakter der Deals. Mit nennenswerten Ausfallraten könnte die Bereitschaft der Investoren nachlassen, sich auf diese Strukturen einzulassen.
Emissionsbanken als Schlüssel zum Qualitätserhalt
Den Emissionsbanken wird also eine Schlüsselrolle zukommen, wenn Unternehmen mit weniger guten Bonitäten an den Markt strömen. Die genaue Prüfung der Emittenten muss verhindern, dass es zu ähnlichen Entwicklungen wie im Segment der Mittelstandsanleihen kommt, fordern Marktexperten.
Die bedeutendsten Banken im Schulscheinmarkt sind nach wie vor die Landesbanken, unter denen die LBBW mit einem Marktanteil von knapp 26 Prozent ihren Spitzenplatz verteidigt. Ihr folgen Helaba, BayernLB und UniCredit. Verschiebungen gab es im dritten Quartal im Mittelfeld der Emissionsbanken. Commerzbank, Deutsche Bank und HSBC sortierten sich neu. Die HSBC übernimmt mit einem Marktanteil von 7,8 Prozent den fünften Platz der Rangliste – gemessen am begleiteten Volumen. Deutsche Bank und Commerzbank nehmen mit einer höheren Anzahl an Deals mit kleinerem Volumen die Plätze sechs und sieben ein.
Jahresendspurt am Schuldscheinmarkt
Die Banken, die in diesem Markt stark sind, dürften bei ihrer Schlussabrechnung auch in diesem Jahr Vergnügen haben, denn dass der Rekordwert des vergangenen Jahres in den nächsten Wochen geknackt wird, ist so gut wie sicher. Die Experten der DZ Bank rechnen sogar mit einem Gesamtvolumen von bis zu 25 Milliarden Euro.
Gemessen an der Zahl der Deals wird das vergangene Jahr aber wohl kaum zu überholen sein. 2015 wurden laut Thomson Reuters LPC 133 Schuldscheine platziert. In diesem Jahr waren es dagegen bis Anfang Oktober erst 89.
Info
Wie sich das Emissionsvolumen entwickelt, und wer die Top-Transaktionen am Schuldscheinmarkt emittiert und begleitet hat, erfahren Sie vierteljährlich im FINANCE-Schuldschein-Update, das Sie im Bereich FINANCE-Research nach kurzer Registrierung kostenlos herunterladen können.
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Mehr Infos zu einzelnen Deals finden Sie auf unserer FINANCE-Themenseite Schuldschein.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.