Der Anteil der Schuldscheinemittenten, die über ein externes Rating verfügen, ist im ersten Halbjahr 2019 deutlich gestiegen. Das geht aus einer Studie der Ratingagentur Scope hervor. Demnach verfügten 38 Prozent der Unternehmen, die in den ersten sechs Monaten den Schuldscheinmarkt anzapften, über ein externes Rating. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2018 waren es nur 23 Prozent aller Emittenten.
„Wir beobachten eine vermehrte Investorennachfrage nach externen Ratings“, sagt Sebastian Zank, leitender Analyst bei Scope Ratings. Seiner Meinung nach habe der Markt aus den Zahlungsausfällen der letzten Zeit gelernt. Dies war etwa bei Gerry Weber und Steinhoff der Fall. Hinzu kamen finanzielle Schwierigkeiten einiger Emittenten schon kurz nach der Platzierung.
Als Reaktion darauf würden die arrangierenden Banken ihrer Rolle als „Gatekeeper“ im Markt inzwischen wieder stärker nachkommen, beobachtet Zank. Sollten noch mehr ausländische Investoren am Markt erscheinen, dürfte auch die Nachfrage nach externen Ratings seiner Meinung nach weiter leicht ansteigen.
Mehr Emittenten verfügen über externe Ratings
Auch die LBBW beobachtet, dass der Anteil der gerateten Emittenten am Schuldscheinmarkt zunimmt. Die Landesbank führt dies vor allem auf die Herkunft sowie die Branchenzugehörigkeit der Unternehmen zurück: „Wir sehen, dass die Anzahl der Emittenten aus dem Ausland sowie von Immobilienunternehmen aus Deutschland steigt,“ erklärt LBBW-Experte Karl-Heinz Bühner. In diesen Gruppen sind externe Ratings weiter verbreitet als bei kleineren und mittelständischen deutschen Unternehmen, die traditionell eine wichtige Gruppe der Schuldscheinemittenten ausmachen.
Hinzu komme, dass sich zuletzt viele geratete Großkonzerne ergänzend zu einer Anleihe für den Schuldschein entschieden haben, so Bühner. Dazu gehören etwa der Automobilzulieferer ZF oder die Lufthansa.
Eine steigende Nachfrage von Investoren nach externen Ratings sieht der LBBW-Banker hingegen nicht: „Die Investoren im Schuldscheinmarkt sind überwiegend internationale und nationale Geschäftsbanken, Sparkassen und genossenschaftliche Institute. Diese müssen eigene Bonitätsprüfungen durchführen.“ Dafür sei ein externes Rating zwar interessant, es „entbindet aber nicht von einer eigenständigen Kreditprüfung“. Für institutioneller Investoren wie Versicherungen oder berufsständische Versorgungswerke sei ein externes Rating zwar ein wichtiger Bestandteil der Anlageentscheidung. Diese Investorengruppe macht jedoch nur einen relativ geringen Anteil am Markt aus.
Auch Hans-Werner Grunow, Geschäftsführer der auf Unternehmensfinanzierung spezialisierten Finanzberatung Capmarcon, mag aus der Entwicklung des ersten Halbjahres keinen größeren Trend herauslesen: „Die Nachfrage steigt höchstens nach attraktiven Risiko-Rendite-Verhältnissen, gerade im gegenwärtigen Zinsumfeld. Aber die Risikobewertung erstellen die Schuldscheinzeichner weiterhin selbst.“
Ist die Bonität gesunken?
Ein zweiter Punkt ist die Bonitätsentwicklung der Schuldscheinemittenten. Hier hat Capmarcon ermittelt, dass die Bonität der Unternehmen von durchschnittlich BBB im Jahr 2018 auf leicht unter BBB im ersten Halbjahr 2019 gesunken sei. Laut Capmarcon-Chef Grunow liegt das an der steigenden Zahl kleinerer Emittenten, die nur selten über Investment-Grade-Ratings verfügen.
Diese Beobachtung teilt man bei Scope nicht: „Bei Betrachtung der Stichprobe von mehr als 40 gerateten Schuldscheinemittenten in diesem Jahr bleibt das Rating im Median bei BBB“, widerspricht Sebastian Zank. Bei der Betrachtung einiger Strukturdaten der verbleibenden mehr als 80 Emittenten in diesem Jahr gehe er sogar von einer leichten Verbesserung bei der Kreditqualität der ungerateten Unternehmen aus.
Auch bei der LBBW konnte man im Vergleich zum Vorjahr eher eine relative Bonitätsverbesserung beobachten. „Allerdings gab es auch Darlehensnehmer im BB-Bereich, die wir als Finanzinstitut nicht begleitet haben“, so Karl-Heinz Bühner.
Wie steht es um die Ausfallquote am Schuldscheinmarkt?
Wie wird sich die Ratingqualität nun in den nächsten Quartal entwickeln? Scope-Analyst Zank geht davon aus, dass es im Rahmen der Konjunkturabschwächung zu „frühen Einschlägen im Bereich der Frühzyklikern, speziell im Bereich Automobilzulieferer und Einzelhandel“ kommen wird.
Capmarcon-Chef Grunow geht davon aus, dass sich angesichts des geopolitischen und makroökonomischen Umfelds „die Wahrscheinlichkeit zu erwartender Ausfälle erhöht“ habe. Mit einem starken Anstieg der Kreditausfälle rechnet aber auch er nicht.
Info
Die größten Deals, die aktivsten Banken: Alle wichtigen Infos auf einen Blick im FINANCE-Schuldschein-Update, das hier kostenlos verfügbar ist. Die Daten werden von Refinitiv, früher Thomson Reuters LPC, exklusiv für FINANCE zusammengestellt.