Viele Fintechs beklagen sich darüber, vom Regulator nie wirklich grünes Licht, sondern immer nur eine gefühlte Duldung signalisiert zu bekommen. Kann man daran etwas ändern?
Nein. Aber damit müssen die Banken schon seit Jahrzehnten leben. Wichtig ist, stets mit der Behörde in Kontakt zu bleiben, damit man keine unliebsamen Überraschungen erlebt.
Was heißt das in der Praxis?
Fintechs tun sehr gut daran, einen engen Draht zur Aufsicht zu pflegen. Und zwar vor allem in zwei Fällen: Wenn sich die Regulatorik ändert oder wenn sich das Geschäftsmodell ändert. Auf keinen Fall darf das Fintech sich dem Vorwurf aussetzen, etwas zu verschleppen. Da hilft es sehr, aktiv auf die Aufsicht zuzugehen und das eigene Verständnis der neuen Regulatorik oder eines neuen, oft erweiterten Geschäftsmodells darzulegen. Das kann im Rahmen einer Beratung erfolgen oder im Rahmen einer Antragstellung (wie beispielsweise auf ein Negativtestat). Verwaltungsbehörden sind angehalten, innerhalb von drei Monaten auf eine Eingabe zu reagieren. Ist diese Frist verstrichen, hat man zwar juristisch keine freie Hand, es fällt der Behörde aber doch deutlich schwerer, ein Versäumnis festzustellen, wenn sie selbst nicht in angemessener Zeit reagiert hat.
Wie beratungsaffin erleben Sie Fintechs in Bezug auf regulatorische Themen?
Vor allen Dingen erleben wir sie in der Regel als ausgesprochen gut informiert, es gibt mitunter eine erstaunliche Detailkenntnis. Es kam in einem Fall sogar vor, dass wir dem Geschäftsleiter des Mandanten den Vortrag bei der Aufsichtsbehörde überlassen haben, und das ist wirklich ungewöhnlich. Dies ergab sich jedoch aus dem Umstand, dass das Thema direkt an der Schnittstelle von technischer Ausstattung und rechtlicher Anforderung lag.
Die international tätigen Fintechs beklagen sich auch, dass sie in jedem Land andere Vorschriften befolgen müssen. Ist das unabänderlich?
Auch das ist leider nicht zu ändern. Viele Fintechs glaubten anfangs, mit dem Passporting nur einer einzigen Regulierung zu unterliegen. Das ist aber nur bedingt richtig. Je nachdem, in welcher Weise ich tätig werden möchte, kann es auch erforderlich sein, zusätzlich nationale Regeln befolgen zu müssen. Dazu kommt, dass EU-Richtlinien national umgesetzt werden müssen. Durch diese Umsetzung wird dem jeweiligen Gesetzgeber ein eigener Spielraum eingeräumt: So bleibt zwar das Ziel der Richtlinie erhalten, aber den Weg dieses Ziel zu erreichen kann unterschiedlich aussehen, insbesondere wenn es in die praktische Umsetzung von Detailfragen geht. Ein gutes Beispiel hierfür ist die in den Mitgliedsstaaten unterschiedliche Umsetzung der Geldwäscherichtlinie. Von einem europaweit einheitlichen KYC-Standard sind wir trotz angeblicher Maximalharmonisierung weit entfernt. Das bedeutet für kleine Fintechs einen hohen initialen Beratungsaufwand und auch höhere laufende Kosten, die sich oft in keinem Businessplan finden.