FINANCE: Warum sind Sie CFO geworden?
Hans-Gerd Wienands: Bis 2004 war ich als Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer im Steuer- und Gesellschaftsrecht tätig. In dieser Funktion habe ich die Familie Messer seit 1998 sehr intensiv bei diversen Restrukturierungen ihrer unternehmerischen Aktivitäten beraten. Im Vordergrund stand (i) die Herauslösung der Industriegaseaktivitäten der heutigen Messer Group sowie der Schweiß- und Schneidaktivitäten der jetzigen MEC-Gruppe, an denen die Familie Messer mit je 1/3 beteiligt war, aus dem damaligen Hoechst bzw. Aventis Konzern, (ii) die Begründung einer vorübergehenden Partnerschaft mit den Private Equity Investoren Allianz Capital Partners und Goldman Sachs bei Messer Group bzw. Carlyle bei MEC-Gruppe auf Zeit sowie (iii) die spätere Übernahme der von den Private Equity Investoren gehaltenen Beteiligungen an der Messer Group sowie der MEC-Gruppe durch die Familie Messer. Bei der Messer Group war dieser Schritt in die Unabhängigkeit mit dem Verkauf der wertvollsten Aktivitäten der Messer Group in Deutschland, USA und Großbritannien an den Wettbewerber Air Liquide verbunden. Nach dem Vollzug dieser tiefgreifenden Maßnahmen hat mich die Familie Messer gebeten, die Seiten zu wechseln und die vakante CFO-Position in der Messer Group zu übernehmen. Dieses Angebot habe ich sehr gerne angenommen, weil es mir die Möglichkeit gab und gibt, den weiteren Weg des Unternehmens nicht nur als externer Berater aus der Ferne, sondern in meiner jetzigen Position als CFO aus dem Unternehmen heraus aktiv mit zu gestalten.
FINANCE: Welche war die herausforderndste Finanzierung, die Sie durchgeführt haben? Worin bestand die Herausforderung?
Hans-Gerd Wienands: Die herausforderndste Finanzierung meiner CFO-Laufbahn war das Senior Facilities Agreement, das die Messer Group in 2004 bei Übernahme der von den Private Equity Investoren Allianz Capital Partners und Goldman Sachs gehaltenen Beteiligungen abgeschlossen hat. Die Banken hatten erhebliche Zweifel, ob das Unternehmen nach dem Verkauf der wertvollsten Aktivitäten in Deutschland, USA und Großbritannien noch erfolgreich am Markt tätig sein könnte. Aufgrund unseres sehr länderspezifischen und diversifizierten Geschäftsmodells, durch welches wir auch in schwierigen Zeiten stabile Cash Flows generieren, konnten wir jedoch unsere Finanzpartner von dem nachhaltigen Erfolg dieser weit reichenden Restrukturierung überzeugen. Daher ist es uns bereits in 2005 gelungen, das Senior Facilities Agreement durch ein deutlich günstigeres Senior Facilities Agreement sowie ein langfristiges US Private Placement abzulösen. Dadurch konnten wir zugleich unsere Finanzierungsstruktur diversifizieren und unsere Abhängigkeit von den Banken deutlich zu reduzieren.
FINANCE: Was ärgert Sie im CFO-Alltag?
Hans-Gerd Wienands: Wenn nicht alle an einem Strang ziehen, obwohl sie es dringend im Interesse des unternehmerischen Erfolgs tun sollten. Dies ist jedoch kein spezifische „CFO-Ärgernis“, sondern gilt wahrscheinlich für jede Führungskraft.
FINANCE: Was überrascht Sie im CFO-Alltag immer wieder?
Hans-Gerd Wienands: Die generelle Skepsis der USPP-Investoren gegenüber China. Es erfordert immer wieder Zeit und Energie um den USPP-Investoren China im Allgemeinen und unser dortiges Geschäft im Besonderen näher zu bringen. Und das obwohl wir trotz der Kapitalintensität unseres Geschäftsmodells unseren dortigen Umsatz von 490 Millionen Renminbi im Jahr 2004 auf 2.560 Millionen Renminbi im Jahr 2011 steigern konnten bei gleichbleibend hohen Margen und einem Verhältnis Nettoschulden/EBITDA von unter 1.
FINANCE: Wie lautet Ihr "CFO-Erfolgsmotto"?
Hans-Gerd Wienands: Es wird in der heutigen Geschäftswelt viel über Komplexität gesprochen. Dennoch denke ich, man sollte die Finger von Dingen lassen, die man einem Fachunkundigen nicht in wenigen Sätzen in einer normal verständlichen Sprache begreifbar machen kann.
Info
Der CFO
Dr. Hans-Gerd Wienands ist seit 1. November 2004 CFO bei dem Industriegasespezialisten Messer Group in Bad Soden. Verantwortungsbereiche: Finanzen, Steuern, Recht, Controlling, Accounting und Internal Audit, IT, Logistik, Sourcing und Filling, Produktion, SHEQ, Regional-Management China
Seit 2001: Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Köln
Seit 1996 Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in Köln
Geburtstag: 10. Juni 1967
Geburtsort: Heinsberg
Nationalität: Deutsch
Familienstatus: verheiratet, 1 Tochter
Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.