Nach längerer Abstinenz vom M&A-Markt hat Adler Ende 2014 das Bekleidungshaus Kressner übernommen. Warum haben Sie zugeschlagen?
Die Kressner-Modemärkte liegen an attraktiven Standorten, die man immer schwieriger findet. Auch die gut gepflegten Kundendaten sind für uns interessant. Wir haben Kressner schon seit etwa drei Jahren beobachtet. Im November haben wir uns schließlich mit den vorherigen Eigentümern, der Rewe-Gruppe und der Familie Sanktjohanser, geeinigt. Die Akquisition haben wir sehr zügig innerhalb von acht Wochen umgesetzt. Acht von ursprünglich neun Kressner-Filialen werden wir unter dem Adler-Auftritt weiterführen, unser Filialnetz wächst damit auf 178 Standorte.
Der letzte größere Filialzukauf fand im September 2011 statt. Damals übernahm Adler 18 Filialen der insolventen Wehmeyer Lifestyle. Der Kaufpreis für die Vermögenswerte lag zwar bei nur 2,2 Millionen Euro. Dennoch mussten Sie, als Sie drei Monate später zu Adler kamen, direkt eine Gewinnwarnung abgeben. Was war passiert?
Man hatte damals dem Kapitalmarkt weismachen wollen, die Übernahme könne ohne Kostenbelastung funktionieren. Das ist schiefgegangen. Zwei Wochen nach meinem Eintritt als CFO mussten wir eine Gewinnwarnung herausgeben. Der Aktienkurs ging auf Talfahrt, wir mussten erst einmal das Vertrauen der Kapitalmärkte wiedergewinnen. Adler schrieb zwar keine Verluste, hatte aber die Gewinnerwartungen nicht erfüllt. Hinzu kamen Probleme mit den Mietverträgen der Wehmeyer-Filialen. Die konnten und wollten wir teilweise nicht übernehmen. Von den Wehmeyer-Filialen sind am Ende nur zehn übriggeblieben.
Das ist ein ganz schöner Schwund.
Man übernimmt schon einiges an Ballast mit, wenn man einen so großen Strauß an Märkten kauft. Aber es gibt keine Alternative dazu, wenn man stärker wachsen will als der Markt – und unser damaliger Investor BluO wollte jährlich 15 bis 20 Märkte eröffnen.
Ab wann soll sich denn die Kressner-Übernahme rechnen?
Wir haben im Vorfeld der Übernahme errechnet, wie viel Umsatz wir mit unserem Konzept mit überwiegend Eigenmarken und zentraler Logistik erwarten können und unsere Kostenstruktur daruntergelegt. So können wir sehr schnell sehen, welcher Markt bei uns erfolgreich wird und welcher nicht. Dazu bedarf es nun natürlich entsprechender Anpassungen im Personalbereich und auch im Sortiment. 2016 erwarten wir schon einen positiven Ebitda-Beitrag. Den Breakeven der Gesamtinvestition wollen wir 2018 erreichen.
Adler-CFO Karsten Odemann: „E-Commerce-Deals exorbitant teuer“
Sind Zukäufe auch im Bereich Versandhandel und E-Commerce für Sie interessant?
Die Preise sind in diesem Bereich zumeist exorbitant hoch, weil jeder gleich die große Zalando-Nummer darin vermutet. Das lohnt sich für uns nicht. Wir wachsen lieber sukzessive, ohne zwei- oder dreistellige Millionenbeträge für Versandhändler oder E-Commerce-Firmen auf den Tisch zu legen. Viele von denen sind überbewertet.
Die zurückhaltende M&A-Strategie hat nicht nur für das Unternehmen selbst Auswirkungen. Seit 2013 sind die Steilmann Holding und Equinox bei Adler als Ankeraktionäre an Bord. Sind die Investoren mit Ihrer vorsichtigen Wachstumsstrategie zufrieden?
Hätten wir die Gelegenheit, würden wir auch mehr Geld für Zukäufe in die Hand nehmen und sogar Leverage auf die Firma legen. Aber es gibt schlichtweg nicht genug gute Gelegenheiten. Mit diesem Problem gehen die Investoren sehr vernünftig um. Adler ist kein Rennpferd. Mit uns fährt man die langsamere Runde, die aber dafür beständig.
Info
Was CFO Karsten Odemann bei Adler bereits erreicht hat, wo er vorher gearbeitet hat und noch mehr zu seiner Karriere lesen Sie in Karsten Odemanns CFO-Profil bei FINANCE-Köpfe.
Eine ausführliche Version dieses Interviews ist in der aktuellen Ausgabe des FINANCE-Magazins erschienen.