Nach einem desaströsen ersten Halbjahr geht es für Air Berlin im dritten Quartal wieder etwas bergauf: Die schwer angeschlagene Fluggesellschaft erwirtschaftete in den Sommermonaten ein operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 81,4 Millionen Euro. Unter dem Strich steht ein Gewinn von 56,2 Millionen Euro.
Damit konnte Air Berlin seine Zahlen gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal um 8,7 beziehungsweise 12,6 Prozent verbessern: Mit dem traditionell starken Sommergeschäft hatte die zweitgrößte Airline 2014 ein Ebit von 74,9 Millionen und einen Gewinn von 49,9 Millionen Euro eingeflogen. „Wir haben unsere Kapazitäten reduziert, den Yield gesteigert und die Profitabilität verbessert“, zeigt sich Air-Berlin-CEO Stefan Pichler erfreut. Die Aktionäre sahen das etwas anders: Heute morgen verlor die Air-Berlin-Aktie zwischenzeitlich 1,6 Prozent und notiert derzeit bei 0,92 Euro.
Tatsächlich verschafft sich Air Berlin mit dem Ergebnis lediglich etwas Luft. Einen Grund zur Entwarnung gibt es nicht: Auf das Gesamtjahr hochgerechnet steht unter dem Strich immer noch ein dickes Minus. Das Umfeld für CFO Arnd Schwierholz bleibt herausfordernd: Nach neun Monaten liegt das Ebit bei minus 94 Millionen Euro und der Konzernverlust bei 191,4 Millionen Euro. Der Umsatz ging leicht zurück von 3,22 auf 3,16 Milliarden Euro. Air Berlin schreibt seit dem Börsengang 2006 nahezu durchgängig rote Zahlen.
CFO Arnd Schwierholz darf dank Etihad-Sammelanleihe durchatmen
Auch die Lage an der Finanzierungsfront bleibt angespannt: Das Eigenkapital ist mit minus 544 Millionen Euro weiterhin deutlich negativ, die langfristigen Finanzschulden kletterten gegenüber Juni um ein Viertel auf 813 Millionen Euro und die Liquiditätslage bereitet Sorgen: Air Berlin hat auch im dritten Quartal 61 Millionen Euro Cash im operativen Geschäft verbrannt. Der operative Cashflow ist damit in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres auf minus 133,5 Millionen Euro abgesackt.
Dass die liquiden Mittel (Nettozahlungsmittel) im dritten Quartal dennoch deutlich von 219 auf 317 Millionen Euro zugelegt haben, verdankt CFO Arnd Schwierholz vor allem dem Verkauf von nicht näher definierten langfristigen Vermögensgegenständen. Auch die Unterstützung durch Großaktionär Etihad bleibt wichtig: Die arabische Fluggesellschaft, die unter anderem auch an Alitalia und Air Serbia beteiligt ist, hatte Mitte September in zwei Platzierungsphasen eine Sammelanleihe über insgesamt 700 Millionen US-Dollar emittiert. Ein Fünftel der Erlöse floss als Kredit an Air Berlin. CFO Schwierholz konnte so Nettozuflüsse von 118 Millionen Euro verbuchen.
Air Berlin muss Anleihe aus 2010 zurückzahlen
Das Geld dürfte allerdings inzwischen schon wieder abgeflossen sein: Die Fluggesellschaft musste gestern eine Anleihe aus dem Jahr 2010 zurückzahlen. 195,9 Millionen Euro waren bis zuletzt ausstehend, hinzu kam die letzte Kuponzahlung von 8,5 Prozent.
Beobachter gehen deshalb davon aus, dass es ohne die frischen Mittel aus der Sammelanleihe im Winter eng geworden wäre für Air Berlin: „Airlines benötigen immer 10 Prozent des Quartalsumsatzes in Form von Cash“, schätzt ein Kenner der Branche. Im traditionell umsatzschwächeren vierten Quartal wären das wohl rund 80 Millionen Euro. Air Berlin verfügt allerdings auch noch über ein 255 Millionen Dollar schweres Gesellschafterdarlehen – ebenfalls von Etihad – von dem 205 Millionen Dollar noch ungezogen sind.
Air Berlin und Etihad müssen Alternative zum Code Sharing finden
Eine weitere Baustelle bleibt derweil offen: Das Bundesverkehrsministerium hat in dieser Woche noch einmal bekräftigt, dass es diverse Gemeinschaftsflüge zwischen Air Berlin und Eithad – das sogenannt Code Sharing – nur noch bis Mitte Januar 2016 genehmigen will. Air Berlin und Etihad, die 29 Prozent der Anteile an der deutschen Fluggesellschaften halten, müssen nun eine andere Art der Kooperation finden. Andernfalls drohen der ohnehin schwer angeschlagenen Airline hohe Umsatz- und Gewinneinbußen.
Heute hat CEO Pichler auch sein lange erwartetes neues Sanierungsprogramm für Air Berlin vorgestellt: Pichler will durch Stellenabbau und Preisnachverhandlungen mit Flughäfen und Dienstleistern Kosten sparen, die Fluggesellschaft soll aber auch wachsen: Insbesondere das Langstreckennetz soll mit neuen Verbindungen aufgestockt werden.
Info
Welche Bedeutung die Code-Sharing-Flüge für die Partnerschaft von Etihad und Air Berlin haben – und wie es ohne Etihad um die Finanzen der Berliner bestellt wäre, das lesen Sie in der aktuellen Printausgabe von FINANCE, die Sie hier bestellen oder als E-Paper beziehen können. Nachrichten zur Entwicklung bei Air Berlin finden Sie auf unserer Themenseite Air Berlin.