Kurze Verschnaufpause für Air Berlin: Die angeschlagenen Fluggesellschaft darf die umstrittenen Codesharing-Flüge mit seinem Hauptinvestor Etihad Airways fortsetzen. Das hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg heute entschieden. Für die Dauer des Winterflugplans, also bis März 2016, dürfen die beiden Gesellschaften gemeinsame Flüge unter jeweils eigener Flugnummer anbieten. Etihad gibt sich zuversichtlich, dass es für die Gesellschaften deshalb auch nach dem Ende des Winterflugplans möglich sein wird, diese Flüge anzubieten. Das ist allerdings im Rahmen der heutigen Erlaubnis noch nicht entschieden.
Im Oktober hatte das Luftfahrt-Bundesamt 31 der rund 80 von Etihad beantragten Codesharing-Flüge nur eingeschränkt bis zum 15. Januar 2016 erlaubt. Dagegen war die arabische Fluggesellschaft vorgegangen und hat nun für den Großteil der streitigen Flüge die Genehmigung erhalten. Lediglich bei fünf innerdeutschen Flügen wurde der Antrag abgelehnt. Grundlage für die Entscheidung ist eine bilaterale Vereinbarung über den Luftverkehr zwischen Deutschland und den arabischen Emiraten – die regelt die Frage allerdings nicht eindeutig.
Gespräche zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten über eine Neuverhandlung des Abkommens, durch die solche Streitfälle in Zukunft vermieden werden könnten, sollen zuletzt wieder in Gang gekommen sein. Für Air Berlin wäre eine eindeutige Regelung – zu ihren Gunsten – bitter nötig. Das Codesharing ist eine wichtige Ertragssäule der verschuldeten Airline.
Codesharing-Routen machen Air Berlin für Etihad attraktiv
Was für die Finanzlage von Air Berlin aber kurzfristig noch wichtiger ist: Die Möglichkeit, Codesharing-Flüge anzubieten, war ein zentraler Grund für Etihad, sich mit 29,1 Prozent an Air Berlin zu beteiligen. Die Araber können dadurch ihr Streckennetz ausweiten und auch Flüge anbieten, die ihnen selbst aufgrund von Luftfahrtsregelungen nicht zur Verfügung stehen.
Air Berlin hat ein dringendes Interesse, den arabischen Großinvestor unbedingt bei der Stange halten. Zuletzt hatte Etihad Teile der Erlöse einer Sammelanleihe als Kredit an Air Berlin weitergegeben. Wie wichtig für die deutsche Gesellschaft der arabische Partner als finanzielle Stütze ist, zeigt der stolze Zins, auf den sich Air Berlin dabei eingelassen hat.
Bond-Investoren von Air Berlin erleichtert
Die Kurse der 2018 und 2019 fällig werdenden Anleihen der Berliner reagieren positiv auf die neue Entscheidung und legen um einige Prozentpunkte zu. Die Anleihen liegen derzeit unter par, dafür hatte in den vergangenen Monaten unter anderem das vorläufige Verbot der Codesharing-Flüge im Oktober gesorgt. Auch eine sehr deutliche Aussage von Air-Berlin-Chef Stefan Pichler über die angespannte Lage der Fluggesellschaft im vergangenen Jahr führte zu heftigen Reaktionen am Bondmarkt.
Die Bonds dürften grundsätzlich noch länger volatil bleiben. Eine Entscheidungsgrundlage haben die Investoren und Air Berlin erst, wenn Deutschland und die Arabischen Emirate einen Kompromiss zu den Gemeinschaftsflügen finden, der eine weitreichende Kooperation zwischen den Fluglinien aus Berlin und Abu Dhabi erlaubt. Passiert das nicht, könnte Etihad geneigt sein, bei der kriselnden Airline auszusteigen – mit gravierenden Folgen für die Finanzierung der Berliner.
antonia.koegler[at]finance-magazin.de
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Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.