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Bavaria Industries will an großen Portfoliofirmen festhalten

Bavaria-Neuerwerbung Sides in Frankreich: Der Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen ist einer der vielen M&A-Deals, die Bavaria-Chef Reimar Scholz zuletzt in Frankreich abgeschlossen hat.
Bavaria

Sind Sie auch schon mal von Ihren französischen Angestellten eingesperrt worden?
Nein, zum Glück noch nicht. Aber unser erstes Investment in Frankreich haben wir an die Belegschaft verloren. Wir haben schlecht kommuniziert, gerieten dann unter Druck und mussten am Ende das Unternehmen für kleines Geld an die Mitarbeiter verkaufen. Das hat uns mehrere Millionen gekostet. Aber wir haben unsere Lektion gelernt. Heute nehmen wir unsere Belegschaften viel näher an die Hand, und das klappt gut.

Ehrlich gesagt überrascht uns das. Einen Industriebetrieb in Frankreich zu sanieren, stellen wir uns schwierig vor.
Sanierungen und Kostensenkungen werden leichter, je kleiner die Unternehmen beziehungsweise die Fabrikstandorte sind. Wenn Sie in einer Fabrik die Kosten senken wollen, wo mehr als 500 Menschen arbeiten, haben Sie schnell die Politiker im Betrieb. Deshalb meiden wir auch Assets wie Papier- und Folienwerke oder große Autozulieferer.

Es gibt ja auch andere Wertsteigerungsstrategien als Cost Cutting.
Ja, sicherlich – aber nicht in Europa, wo seit 2008 die Industrieproduktion ständig schrumpft. Wenn Sie neue Kunden gewinnen, gleicht das oft gerade mal die Umsatzrückgänge mit den bestehenden Kunden aus – wenn es gut läuft. Deshalb sind die Kosten immer ein Thema, vor allem in Ländern wie Frankreich und Spanien.

Haben Sie Hoffnung, dass sich in Frankreich irgendwann mal wieder etwas in die richtige Richtung bewegt?
Ehrliche Antwort?

Gerne.
Auf kurze Sicht habe ich wenig Hoffnung. In Frankreich gibt es zum Beispiel keine Arbeitszeitkonten. Da haben Sie ein Riesenproblem, wenn die Nachfrage unterjährig schwankt. Das über den Lageraufbau abzufedern, ist verdammt teuer. Das muss man sich bei einem defizitären Unternehmen erstmal leisten können. Die französischen Politiker haben das Problem der fehlenden Flexibilität und der schwachen Wettbewerbsfähigkeit aber leider immer noch nicht verstanden. In Spanien und Portugal gibt es auch Probleme, aber dort setzt jetzt zum Teil langsam ein Umdenken ein.

Außenseitertipp: Strategische Käufer in Frankreich

Ist die Politik dafür verantwortlich, dass im M&A-Segment der Turnaround-Deals seit einigen Jahren nicht viel los ist?    
Die Politik spielt eine sehr große Rolle. Schauen Sie nur mal nach Ungarn. Ein guter Standort, aber mit ihren wiederholten Interventionen und Sonderabgaben haben die Politiker die Investoren aus dem Land vertrieben.

Diese Gemengelage müsste Ihnen doch entgegen kommen, jetzt, wo Sie eher Geld anlegen als Beteiligungen verkaufen müssen.
Das stimmt schon. Dass wir wenig Konkurrenz durch strategische Käufer haben, schadet uns nicht. Deshalb haben wir gerade auch ein gutes Kaufangebot für ein großes Portfoliounternehmen abgelehnt. Dass wir im Frühjahr Kienle + Spiess an die japanische Sumitomo-Gruppe verkauft haben, war aber dennoch richtig. Trotz der rund 8 bis 10 Millionen Euro, die wir jedes Jahr investiert hatten, sind wir leider im Umsatz überhaupt nicht gewachsen. Es gelang uns lediglich, die Nettomarge auf zuletzt rund 7 Prozent zu steigern. Das Unternehmen hatten wir 2006 als Verlustbringer für einen symbolischen Kaufpreis erworben. Ausgezahlt hat sich das Engagement für uns dennoch, im Saldo haben wir inklusive Dividenden rund 150 Millionen Euro verdient.

Rechnen Sie damit, dass die Strategen bald wieder risikofreudiger werden?
Schwer zu sagen. Konjunkturell bedingt sicher nicht. Die Anzeichen einer Stabilisierung in den Makro-Daten spüren wir auf der Unternehmensebene noch nicht, im Gegenteil. Unsere Unternehmen haben wir so ausgerichtet, dass sie eine auch im zweiten Halbjahr anhaltende schwache Nachfrage gut verkraften können. Allerdings würde es mich nicht überraschen, wenn sich in der nächsten Zeit der ein oder andere Stratege wieder intensiver mit dem französischen M&A-Markt beschäftigen wird – aller Schwierigkeiten zum Trotz.

Lesen Sie in Teil 1 des FINANCE-Interviews mit Reimar Scholz, weshalb er seine prall gefüllte Kriegskasse nicht primär am deutschen M&A-Markt investieren will – und was ihn an der Art und Weise stört, wie hierzulande M&A-Prozesse aufgezogen werden.