Newsletter

Abonnements

Bilfinger will sich von 1 Milliarde Euro Leistungsvolumen trennen

Der Bereich Industries soll bei Bilfinger umgebaut werden.
Bilfinger

Lange war die neue Strategie von Bilfinger erwartet worden, jetzt ist der erste Wurf da. Der Vorstandsvorsitzende Per H. Utnegaard hat verkündet, dass Bilfinger von drei auf zwei Segmente schrumpfen wird und Randgeschäfte abstoßen will. Die Geschäftsführung um Vorstand Utnegaard und Neu-CFO Axel Salzmann hatte im Vorfeld deutlich gemacht, dass sie jeden Stein bei Bilfinger umdrehen wolle, um den Konzern wieder zurück zur Profitabilität zu führen.

Der Dienstleistungskonzern will sich demnach in Zukunft nur noch auf die Bereiche Industrial und Building and Facility konzentrieren. Diese sollen künftig als eigenständige Segmente geführt werden, weil laut Vorstand „keine Synergien vorhanden sind“.

Bilfinger: Industrial wird neu aufgestellt

Die Sparte Building and Facilty will der Konzern stärken und sich dabei auf Immobiliendienstleistungen konzentrieren. Die Sparte war im Geschäftsjahr 2014 um 13 Prozent auf 2,67 Milliarden Euro gewachsen und stellt damit das zweitstärkste Segment des Konzerns dar, der für das Geschäftsjahr 2014 insgesamt ein Leistungsvolumen von 7,7 Milliarden ausweist. Neben zukünftigem organischem Wachstum ist auch die Rede von Zukäufen – allerdings sollen diese erst ab 2017 akut werden.

Die bisher stärkste Sparte Industrial will Bilfinger umbauen. Sie hatte zuletzt geschwächelt und weist laut Konzern einige margenschwache Bereiche auf. Diese will man bei Bilfinger „konsequent neu aufstellen“ wie es heißt. Wie genau das aussehen soll, lässt der Konzern bislang offen. Der Umsatz der Sparte war im Geschäftsjahr 2014 leicht auf 3,71 Milliarden Euro zurückgegangen. Die Sparte Industrie umfasst sehr unterschiedliche Tätigkeiten, neben Gerüstbau und Korrosionsschutz finden sich auch Consulting und Projektmanagement. Der Konzern will sich vor allem auf die profitablen Märkte in Zentral- und Nordeuropa konzentrieren. Die weiteren Märkte Amerika, Afrika und Asien  trugen zum Umsatz zuletzt wenig bei. Am stärksten war noch Amerika mit 701 Millionen Euro, Asien lieferte nur 91 Millionen Euro und  Afrika sogar nur 10 Millionen Euro.

Leistungen von 1 Milliarden Euro stehen bei Bilfinger zur Disposition

Die dritte Sparte Power wird künftig keine Rolle mehr spielen. Zu dem Segment gehören Kraftwerke und Windenergie. Mit einem Umsatzanteil von 1,44 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2014 (2013: 1,56 Milliarden Euro) ist es die schwächste Sparte und war auch der Grund für die zahlreichen Gewinnwarnungen des vergangenen Jahres. Im August hatte der Konzern wegen Abschreibungen im Kraftwerksgeschäft und Umbaukosten deutliche Verluste für 2015 angekündigt. Ein Verkauf der Sparte war seitens Bilfinger daher schon angekündigt worden.

Insgesamt werden künftig Bereiche mit einem Leistungsvolumen von rund 1 Milliarde Euro nicht mehr zum Kerngeschäft von Bilfinger zählen. „Für diese Aktivitäten wird Bilfinger alle strategischen Optionen ergebnisoffen prüfen“, heißt es lediglich. Ein Verkauf der Bereiche, der zusätzliche Mittel in die Bilfinger-Kassen spült, wäre sicherlich willkommen. Bilfinger möchte künftig die Kostenstruktur des Konzerns sowie die Cash Conversion verbessern und dadurch profitabler werden. Durch die inzwischen rund 600 Einheiten, die Bilfinger nach dem M&A-Marathon der vergangenen Jahre besitzt, ist eine komplexe Struktur entstanden.

Großaktionär Cevian ist ungeduldig

Noch klingt der neue Strategieplan recht schwammig, genaueres soll erst im Frühjahr verkündet werden. Die Commerzbank hat Bilfinger nach der Ankündigung der neuen Strategie auf „Buy“ mit einem Kursziel von 60 Euro belassen. Die Konzentration auf Kerneuropa sei positiv. Dies dürfte die Auslastung steigern und die Margen stützen, schreibt Analyst Norbert Kretlow. Das sehen die Anleger wohl ähnlich, die Bilfinger-Aktie hat einen Sprung gemacht und notierte am Mittag bei Werten um 37 Euro. Auch der schwedische Investor Cevian, der 26 Prozent an Bilfinger hält, dürfte Druck ausgeübt haben, um das Unternehmen schnell wieder profitabler zu machen.

Eine positive Nachricht gibt es bereits: Nach zuletzt fünf Gewinnwarnungen in Folge hat der Vorstand jetzt die Prognosen für 2015 bestätigt. Bilfinger erwartet eine Leistung auf Vorjahresniveau von 6,25 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes Ebita von 150 bis 170 Millionen Euro. Das deutet zumindest darauf hin, dass das Geschäft sich vorerst konstant entwickelt. „Ab 2017 werden wir wieder nachhaltig wachsen und aktiv an der Konsolidierung unserer Märkte teilnehmen“, prognostiziert Utnegaard.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Bleiben Sie über M&A-Deals, Personalien und alle anderen News auf dem Laufenden – mit unserer neuen Xing-Nachrichtenseite.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.