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Börse feiert nahenden Thyssen-Deal

Das Tauziehen um die geplante Stahlallianz zwischen ThyssenKrupp und Tata steht offenbar kurz vor einem Ende. Die Börse feiert das, doch offenbar formiert sich Widerstand seitens des Finanzinvestors Cevian.
ThyssenKrupp

Die Verhandlungen zwischen ThyssenKrupp und dem indischen Konkurrenten Tata Steel zur Zusammenlegung der europäischen Stahlgeschäfte befinden sich laut einem Sprecher des Essener Dax-Konzerns „auf der Zielgeraden“. Es wird davon ausgegangen, dass es noch in diesem Monat zu einer Grundsatzeinigung der beiden Unternehmen über eine europäische Stahlallianz kommen wird. Weiteres Indiz dafür, dass ein Deal vor der Tür steht: Die für heute geplante Aufsichtsratssitzung von ThyssenKrupp ist kurzfristig abgesagt worden. Grund dafür seien aktuelle Beratungen über „strategische Optionen“. Es wird spekuliert, dass die Aufsichtsräte schon am übernächsten Wochenende den Zusammenschluss absegnen können.

Das nahende Ende der monatelangen Verhandlungen zwischen Tata und ThyssenKrupp treibt den Aktienkurs des Ruhrkonzerns: Seit Ende August hat das Papier fast 10 Prozent zugelegt, auch heute geht es weiter aufwärts auf Kurse von fast 27 Euro. Damit notiert die Aktie auf Fünfjahreshoch.

Cevian angeblich gegen geplante Allianz Tata-Thyssen

Doch trotz der positiven Marktreaktion regt sich laut Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg Widerstand bei Thyssen-Großaktionär Cevian. Der Finanzinvestor soll sich demnach entschieden gegen die geplante Allianz ausgesprochen haben, weil den Schweden die in Aussicht gestellten Synergieeffekte zu gering seien, um das Risiko eines Schulterschlusses einzugehen, der auf den heftigen Widerstand der Arbeitnehmerseite trifft.

Cevian ist mit 15 Prozent zweitgrößter Anteilseigner hinter den Stiftungsaktionären. Cevian war für eine Stellungnahme zu den Berichten kurzfristig nicht zu erreichen, ThyssenKrupp wollte keinen weiteren Kommentar dazu abgeben. 

Verhandlungen zwischen ThyssenKrupp und Tata stockten mehrfach

Dass der Deal doch noch scheitert, ist nicht ausgeschlossen. Schon in der Vergangenheit waren die komplexen Verhandlungen mehrfach ins Stocken geraten. Führungswechsel bei Tata erschwerten die Gespräche, und auch der unerwartete Brexit spielte eine Rolle, weil Tata große Stahlwerke in Großbritannien betreibt.

Erst kürzlich nahm Tata dort aber eine entscheidende Hürde im Verhandlungsprozess. Die britische Regulierungsbehörde für Pensionsfragen hat sich damit einverstanden erklärt, die Pensionsfonds für Stahlarbeiter aus dem Unternehmen herauszulösen. Tata soll im Gegensatz dafür 550 Millionen Pfund sowie einen Anteil von 33 Prozent an Tata Steel UK in den Fonds einzahlen. Dafür bliebe dem sich formierenden Gemeinschaftsunternehmen mit ThyssenKrupp die Übernahme der milliardenschweren Pensionslasten für die britischen Stahlarbeiter erspart, was die Thyssen-Führung zur Bedingung für einen Zusammenschluss gemacht hatte.

Gelänge der Deal, wäre die Restrukturierung des angeschlagenen Industriekonzerns praktisch abgeschlossen. Vor wenigen Monaten hatte ThyssenKrupp schon den Ausstieg aus dem defizitären Stahlgeschäft in Brasilien geschafft. Die Überführung der europäischen Stahlaktivitäten in ein Joint Venture mit Tata würde die Bilanz des Dax-Konzerns um mehrere Milliarden Euro entlasten.

Zudem böte der Schritt Finanzchef Guido Kerkhoff mittelfristig die Option, ThyssenKrupp über die Börse oder mit der Hereinnahme anderer Gesellschafter komplett aus dem Stahlgeschäft herauszuführen. Anders als die Industriesparten erwirtschaftet dieser Bereich seit Jahren schon nicht mehr seine Kapitalkosten.

andreas.mehring[at]finance-magazin.de