Die Daimler-Hauptversammlung war die letzte Amtshandlung des scheidenden Daimler-CFOs Bodo Uebber: An diesem Tag Ende Mai verabschiedete Daimler-Aufsichtsratschef Manfred Bischoff den Finanzchef als „das verlässliche ökonomische Gewissen des Unternehmens“, das „viele Initiativen in seinem Ressort sowie konzernweit umgesetzt hat“. Es war das Ende einer ungewöhnlichen Managerkarriere.
Uebber war nicht nur ein Daimler-Urgestein, seine Vita sucht auch im landesweiten Vergleich ihresgleichen: Er war 15 Jahre lang CFO von Daimler. In der gesamten Dax-Geschichte gibt es nur wenige Finanzchefs, die eine ähnlich lange Amtszeit erreicht haben.
Uebber trieb Daimler-Umbau voran
Uebbers Vermächtnis ist der aufwändige Konzernumbau, den sich Daimler vergangenen Sommer auf die Fahnen geschrieben hat. Uebber trieb dieses Holding-Modell entscheiden voran. Künftig sollen bei Daimler drei eigenständige Geschäftsfelder – PKW, Trucks und Finanzdienstleistungen inklusive Mobilitätsservices – unter dem Dach einer gemeinsamen Holding operieren. Bislang laufen im Daimler-Konzern noch sechs einzelne Sparten nebeneinander.
Die dahinter stehende Hoffnung: Die einzelnen Bereiche sollen agiler werden und einfacher Partnerschaften eingehen können, auch unter Zuhilfenahme von Beteiligungsmanövern. Anfangs aber kostet die Neuaufstellung die gewaltige Summe von rund 1 Milliarde Euro. Ob die strategischen Vorteile dieses Investment langfristig rechtfertigen werden, vermag heute noch niemand zu sagen.
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Ähnliches gilt für die Fusion der Daimler-Mobilitätsdienste mit jenen von BMW, die Uebber ebenfalls vorangetrieben hat. Tatsächlich locken dadurch Skaleneffekte, und es steigen die Chancen, im Wettbewerb mit Diensten wie Uber bestehen zu können. Aber zunächst wird auch hier die Integration viel Geld und Zeit kosten, in der die Wettbewerber neue Claims abstecken können. Ähnlich wie beim Holding-Modell gilt auch bei den Mobilitätsdiensten: Erst in vielen Jahren wird man wissen, ob die zwei letzten großen Entscheidungen Uebbers den Daimler-Konzern vorangebracht oder ihm geschadet haben.
An anderer Stelle kann man hingegen sehr wohl schon eine Bilanz von Uebbers Wirken als Daimler-CFO ziehen: Der 59-Jährige hatte in seiner CFO-Zeit nicht nur die Unternehmensfinanzen im Blick, sondern zeichnete sich auch durch ein ausgewogenes Stakeholder-Management aus: Nicht nur freuten sich die Aktionäre über üppige Dividenden und die Angestellten über hohe Erfolgszahlungen – auch die Pensionäre konnten sich auf Uebber verlassen.
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Gleich mehrfach setzte er milliardenschwere Sonderdotierungen der Daimler-Pensionsfonds durch. Das Pensionsvermögen von Daimler liegt aktuellen Zahlen zufolge bei 25,5 Milliarden Euro, demgegenüber stehen jedoch wesentlich höhere Pensionsverpflichtungen von 32,7 Milliarden Euro. Das Aufpolstern des riesigen Pensionsvermögens des Autokonzerns war also dringend nötig – auch mit Blick auf die Folgen der Zinsrückgänge.
2018 wirft Schatten auf Uebbers Karriere
Wäre Bodo Uebber ein, zwei Jahre früher zurückgetreten, hätte er so eine ausgezeichnete Bilanz hinterlassen. Doch das Jahr 2018 hat gleich mehrere Schatten auf Uebbers Nachlass geworfen: Erst unterlag er im Rennen um die Nachfolge von Daimler-CEO Dieter Zetsche dem jüngeren Entwicklungschef Ola Källenius. Dann erntete er negative Schlagzeilen, weil sein Einstieg in den Aufsichtsrat von ThyssenKrupp misslang – angeblich wegen zu hoher Geldforderungen des Daimler-CFOs.
Vor allem aber wecken die herben Gewinnrückgänge des vergangenen Jahres Zweifel daran, ob Daimler die hohen Investitionen in E-Mobilität und Mobilitätsdienste tatsächlich schultern kann. Obwohl der Konzernumsatz 2018 im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht zulegen konnte, sackte das Konzernergebnis von 10,6 auf 7,6 Milliarden Euro ab. Der operative Gewinn (Ebit) brach um 22 Prozent ein. Das hatte auch für Uebber Folgen: Sein Gehalt ging um 2 Millionen Euro zurück – und der Aktienkurs in Uebbers letzten zwölf Monaten als CFO sogar um 25 Prozent.
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Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.