Normalerweise würde eine Anleiheemission kaum ausreichen, um den Titel „CFO des Monats“ verliehen zu bekommen. Erst recht nicht, wenn das Unternehmen ein Frequent Issuer am Euro-Bondmarkt ist. Doch für die jüngste Transaktion verdient Daimler-CFO Bodo Uebber Anerkennung: Schließlich ist es dem Dax-Konzern im Januar als einzigem deutschen Unternehmen gelungen, unter widrigen Bedingungen eine Anleihe zu platzieren.
Die Emission nötigt auch erfahrenen Kollegen Respekt ab: „Es war eine hochprofessionelle Transaktion, bei der Daimler exakt das richtige Zeitfenster abgepasst hat“, lobt der Treasury-Chef eines anderen deutschen Großkonzerns.
Daimler-CFO Bodo Uebber lässt die Unruhe an den Märkten kalt
Die Zahlen sprechen für sich: Von den mickrigen 7 Milliarden Euro, die im vergangenen Monat von Emittenten weltweit am Euro-Unternehmensanleihemarkt eingesammelt werden konnten, entfällt knapp die Hälfte auf den Daimler-Bond, der ein Volumen von 3,25 Milliarden Euro auf die Waage brachte. Es war der schwächste Jahresauftakt am Anleihemarkt seit dem Krisenjahr 2008.
DCM-Banker sehen den Grund für die Flaute vor allem in einer Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage: Investoren fordern höhere Preise, um für die Volatilität entschädigt zu werden. Die Unternehmen sind dazu momentan aber nicht bereit und schieben geplante Emissionen auf.
Umso bemerkenswerter, dass Daimler-CFO Uebber dennoch sehr attraktive Konditionen in allen drei Tranchen erzielen konnte. So wird etwa die fünfjährige Tranche, die ein Volumen von 1 Milliarde Euro umfasst, mit 0,875 Prozent verzinst. Damit liegt der Kupon zwar leicht über jenem der im November emittierten Rekord-Anleihe. Diese wurde aber mit 0,625 Prozent so niedrig verzinst wie bis dato noch keine in Euro begebene festverzinsliche Anleihe des Autobauers zuvor.
Daimler liefert 2015 Rekorde am Fließband
Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet Daimler dem widrigen Kapitalmarktumfeld trotzt. Die Stuttgarter liefern derzeit ein Rekordergebnis nach dem nächsten ab: Der Autobauer verkaufte 2015 so viele Fahrzeuge wie noch nie, der Umsatz kletterte um 15 Prozent auf 150 Milliarden Euro, das Ebit aus dem laufenden Geschäft erreichte den Rekordwert von 13,8 Milliarden Euro. „Gegenüber 2010 hat sich das Ergebnis fast verdoppelt“, sagte CFO Uebber bei der Jahrespressekonferenz am vergangenen Donnerstag.
Diese rasante Entwicklung ist auch der Verdienst des 56-jährigen Finanzchefs. In seinen nunmehr rund zwölf Jahren als CFO hat Uebber den Autobauer durch diverse schwierige Situationen navigiert: die Folgen der misslungenen Fusion mit Chrysler, die Finanzkrise, die das Geschäft einbrechen ließ und den Zugang zum Kapitalmarkt erschwerte, und schließlich die zähen Jahre, in denen Daimler zeitweise den Anschluss an die Konkurrenten BMW und Audi verlor.
Das ist passé. Inzwischen präsentiert sich nicht nur das operative Geschäft in Topform, CFO Uebber hat auch Finanzprofil seit 2012 kontinuierlich verbessert: Das Verhältnis von Verschuldung zum Ebitda sank laut Moody’s von 1,6x in 2012 auf sehr gute 0,7x in 2015 (Stand September). Die Ratingagentur bewertet den Autobauer mit einem A3-Rating, der Ausblick ist positiv. S&P und Fitch raten Daimler jeweils mit A- und stabilem Ausblick.
Die Liquiditätsausstattung von Daimler ist sogar so gut, dass Uebber es sich leisten konnte, die Pensionskasse zwei mal außerplanmäßig aufzustocken: Ende 2015 schoss der CFO 1 Milliarde nach, ein Jahr zuvor waren es bereits 2,5 Milliarden Euro gewesen. Dennoch belief sich die Nettoliquidität des Industriegeschäfts Ende 2015 auf 18,6 Milliarden Euro.
CFO Uebber überzeugt die Investoren
Zudem gilt Uebber im Umgang mit Investoren als guter Kommunikator. Im vergangenen Jahr wurde die Investor-Relations-Arbeit des Autokonzerns von der Handelshochschule Leipzig und dem Manager Magazin als die beste der 160 Dax-, MDax-, SDax- und TecDax-Unternehmen ausgezeichnet. Und am Montag früh wurde auch noch bekannt, dass Uebber sich 2015 an die Spitze der bei Wirtschaftsjournalisten am höchsten angesehenen CFOs gesetzt hat. Im Vorjahr lag der Diplom-Wirtschaftsingenieur noch auf Platz 3 der Liste der beliebtesten deutschen DAX-CFOs.
Für gute Kommunikation war Daimler nicht immer bekannt: Rund um den Ausstieg von Ex-Chefs Jürgen Schrempp im Jahr 2005 machte die Investor-Relations-Abteilung keine gute Figur, CFO Uebber war damals bereits an Bord. Der Europäische Gerichtshof urteilte 2012, der Abgang sei zu spät vermeldet worden. Diese Klage hängt Daimler immer noch an, mögliche finanzielle Spätfolgen nicht ausgeschlossen.
Inzwischen bescheinigen Analysten und Fondsgesellschaften Uebber aber eine Top-Roadshow-Performance und gut aufbereitete Informationen. In schwierigen Zeiten zahlt sich das aus, auch auf der Fremdkapitalseite.
Hat auch Daimler bei Abgaswerten getrickst?
Einen Unsicherheitsfaktor gibt es allerdings: Nach dem Abgasskandal bei VW hat die Deutsche Umwelthilfe inzwischen auch Konkurrent Daimler ins Visier genommen. Immer wieder machen Berichte von Messergebnissen die Runde, die suggerieren, dass auch Daimler die selbst kommunizierten Abgaswerte nicht einhält. Die Stuttgarter wehren sich vehement gegen die Vorwürfe.
Doch Uebber muss vorsichtig sein, im schlimmsten Fall droht ihm die härteste Bewährungsprobe seiner Amtszeit. Auch die Daimler-Aktionäre sind auf der Hut: Trotz Rekordergebnis büßte die Aktie seit Ende November ein Viertel ihres Wertes ein und notiert derzeit bei rund 62 Euro. Ein Vertrauensbeweis ist das nicht.
Info
Für herausragende Leistungen, besonderen Spürsinn oder mutige Entscheidungen zeichnet FINANCE jeden Monat einen Finanzvorstand aus. Welche Finanzchefs die Auszeichnung bislang erhalten haben, lesen Sie auf unserer Themenseite CFO des Monats.
Wo Bodo Uebber seine Karriere begann und was er bei Daimler noch erreicht hat, erfahren Sie auf seinem Profil bei FINANCE-Köpfe.