Seit dem vergangenen Dienstag ist die Katze aus dem Sack: Der amtierende E.on-CFO Klaus Schäfer wird zum Chef des E.on-„Altgeschäfts“ befördert, das der Energieriese in einem radikalen strategischen Wendemanöver im nächsten Jahr abspalten und an die Börse bringen will. Schäfer ist für diese Aufgabe prädestiniert, und die Größe der Herausforderung könnte ihn im Erfolgsfall in die Erste Liga der deutschen Manager katapultieren.
Als Vorbilder dienen Axel Heitmann und Matthias Zachert: Die Beiden waren relative No-Names, als sie im Zuge des Spin-offs 2004 die Leitung der Bayer-Tochter Lanxess übernahmen, die damals als chancenlose „Resterampe“ margenschwacher Commodity-Geschäfte höhnisch an der Börse begrüßt wurde. Nachdem sie aber Lanxess binnen weniger Jahre restrukturiert und bis in den Dax geführt hatten, zählten Heitmann und Zachert anschließend zur Managerelite Deutschlands.
Die Chance seines Lebens
Für Klaus Schäfer könnte der Aufstieg zum Chef der Firma, die Uniper heißen und in der konventionellen Stromerzeugung, dem Energiehandel sowie der Öl- und Gasexploration tätig sein wird, die Chance seines Lebens sein. Freilich steht er vielleicht sogar vor einer noch schwereren Aufgabe als damals Heitmann und Zachert. Denn aus eigener Kraft werden er und sein Managementteam nur einen kleinen Teil der nötigen Aufräumarbeit bei Uniper leisten können, schließlich pflastern Brocken ihren Weg, deren Gewicht jeder Beschreibung spottet.
Der dickste Brocken: Der bedeutendste Gewinntreiber Unipers – der Strompreis in Deutschland – fällt und fällt. Das komplette Strom- und Energiemarktdesign ist derart verkorkst, dass kein Mensch weiß, wie die Stromerzeuger ohne massive unterstützende Markteingriffe der Politik ihre Ertragsschwäche jemals wieder überwinden sollen. Und seit der Halbierung der Öl- und Gaspreise sprudeln auch die Gewinne des Explorationsgeschäfts nicht mehr, das E.on unglücklicherweise gerade erst mit Milliardeninvestitionen ausgebaut hat. Doch just als die neuen Gasfelder in Produktion gingen, kollabierten die Preise.
Die Auslandsbeteiligungen taugen derweil nicht zur Stabilisierung der Lage: Viele wurden in den vergangenen Jahren für den Schuldenabbau verkauft, und die Russland-Krise inklusive Rubel-Verfall lässt den Gewinnbeitrag des wichtigen Russlandsgeschäfts purzeln. Als wäre das alles nicht genug, erweist sich nun auch noch der mit großen Hoffungen verbundene Markteintritt in Brasilien als drohendes Milliardengrab.
Man kann davon ausgehen: Als die Zerschlagung von E.on – auch von Schäfer – im vergangenen Sommer durchgerechnet wurde, konnten die Strategen maximal den Strompreisverfall absehen, aber nicht den Ölpreiskollaps oder die Verwerfungen im Russland- und Brasiliengeschäft.
Das teure Vermächtnis der Atommeiler
Und noch etwas macht Schäfers Mission pikant: Wie kaum einen anderen deutschen CEO werden sich die Politiker an ihm abarbeiten, denn E.on will Uniper zwar netto ohne Finanzschulden abspalten, dort aber die gesamten Rückstellungen zum Rückbau von Kraftwerken in Höhe von 19 Milliarden Euro abladen. Ein Großteil davon sind Atomrückstellungen, und die politische Debatte, ob die Atomkonzerne für die Atommüllentsorgung und den Rückbau ihrer Meiler tatsächlich genug Geld zurückgelegt haben, gewinnt gerade erst an Vehemenz.
Hinzu kommt: Die nächsten planmäßigen AKW-Stilllegungen treffen viele E.on-Anlagen. Wenn an den AKW-Standorten ab etwa Ende des Jahrzehnts der Rückbau der Meiler losgeht, wird das bei Uniper zu reellen Cash-Abflüssen in Milliardenhöhe führen. Wie Schäfer es da schaffen will, Uniper wie geplant im Investmentgrade-Bereich zu halten, ist schleierhaft.
Die To-Dos müssten E.on-CFO Klaus Schäfer liegen
Immerhin bringt Schäfer auf dem Papier alles mit, was es für diese Herkulesaufgabe braucht: In seiner 20-jährigen Karriere bei E.on hat er diverse Kraftwerks- und Vertriebsgesellschaften geleitet, und als Ex-Chef von E.on Ruhrgas und E.on Global Commodities kennt er sich auch bestens mit den komplizierten Usancen der Explorations- und Handelsgeschäfte aus. Vor allem aber hat er schon bewiesen, dass er komplexe Firmengeflechte, die bis dato wenig miteinander zu tun hatten, zusammenführen kann – er managte die Verschmelzung von E.on Ruhrgas mit dem Energiehandel.
Und auch für den übernächsten Schritt scheint Schäfer gewappnet zu sein: das aktive Portfoliomanagement. Denn dass das Sammelsurium an bedrängten Energie-Assets aus der alten Versorgerwelt in dieser Form lange unter dem Dach von Uniper zusammenbleiben wird, darf als ausgeschlossen gelten. M&A ist vielleicht sogar Schäfers größter Hebel, um den Turnaround zu schaffen. Auch bei Lanxess waren es die konsequenten Verkäufe von Low-Performern in Verbindung mit glücklichen Zukäufen, die Heitmann und Zachert zu Management-Heroes machten.
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