„Wie sag‘ ich’s meinem Bankberater?“, dürften sich in dieser Zeit zahlreiche CFOs fragen, wenn das Geschäft bedingt durch das Coronavirus nicht mehr wie geplant läuft. Die Kommunikation zwischen dem CFO und seiner Hausbank ist zwar auch jenseits von Krisensituationen wichtig, gewinnt in diesen Zeiten aber nochmal an zusätzlicher Relevanz: Denn in der Regel haben Unternehmen in der Krise einen erhöhten Liquiditätsbedarf, den nicht selten die Hausbank decken muss.
Doch was genau sollten CFOs ihren Banken überhaupt mitteilen? „Zunächst einmal sollten CFOs ihre Banken über die aktuelle Finanzlage informieren, um davon ausgehend gemeinsam eine Finanzierungsstrategie zu entwickeln“, leitet Tino Franzen, Firmenkundenchef der Hypovereinsbank für die Region Südwest, ein. Hierfür muss der CFO naturgemäß über alle Kreditlinien, Umlaufvermögen und liquiditätsrelevanten Vorgänge informiert sein.
CFOs sollten viele Coronakrisen-Szenarios durchrechnen
Aber nicht nur die aktuelle Situation ist für die Banken wichtig. „Der CFO sollte zudem eine Prognose- und Planungsrechnung vorbereiten, die darlegt, wie sich die aktuelle Situation unter verschiedenen Annahmen für die Zukunft entwickeln wird“, sagt Wolfgang Kehm, Head of Corporate Banking bei der BayernLB. „Die Annahmen dafür sollten ruhig konservativ sein“, rät er – nach oben korrigieren könne man schließlich immer, und dafür hätten die Banken anders als im umgekehrten Fall auch immer Verständnis.
Bereithalten sollten CFOs zudem einem Bankenspiegel, also eine Auflistung sämtlicher Kreditgeber und Verbindlichkeiten eines Unternehmens, wünscht sich Wolfgang Kehm. „Unternehmen sind ungern ein offenes Buch, aber ein Bankenspiegel hilft den Banken gerade in unsicheren Zeiten, die Situation im Unternehmen besser einzuschätzen“, so Kehm. Damit schaffe man sich das in solchen Situationen dringend benötigte, zusätzliche Vertrauen bei seinen Kreditgebern.
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Auch sollte der Finanzchef einen genauen Plan haben, wie er seine Schulden tilgen will, sobald die Krise vorbei ist, sagt Hans-Werner Grunow, Geschäftsführer der Finanzierungsberatung Capmarcon. Diese Rechnung sollte idealerweise für die kommenden ein bis zwei Jahre gemacht werden und auf für die Banken gut nachvollziehbaren Annahmen beruhen, ergänzt der Berater.
Gemeinsame Lösungen statt Perfektionismus
Von einem zu hohen Perfektionismus rät Tino Franzen von der HVB aber ab: „CFOs sollten ihre Planungen in der aktuellen Lage nicht bis ins allerletzte Detail präzisieren – lieber kommen sie mit gut durchdachten Szenarien zur Bank und wir machen gemeinsam den Feinschliff, als dass durch eine zu gründliche Planung wertvolle Zeit verloren geht“, so der Berater. Die Finanzierungspläne müssten aufgrund neuer Entwicklungen derzeit häufig nachjustiert werden. Natürlich habe man auch Verständnis dafür, dass in der Coronakrise eine sehr konkrete Planung gar nicht möglich ist.
Damit Banken genügend Reaktionszeit haben, ist es von Vorteil, frühzeitig Kontakt aufzunehmen – insbesondere wenn das Unternehmen noch keine Erfahrungen am Kapitalmarkt gesammelt hat. „Unternehmen, die jetzt schon absehen können, dass sie in vier bis fünf Monaten frisches Kapital brauchen, sollten schon jetzt auf ihre Bank zugehen“, findet Hans-Werner Grunow von Capmarcon. Etwas mehr Zeit lassen können sich hingegen CFOs, die keinen akuten Liquiditätsbedarf haben.
„CFOs sollten ihre Planungen in der aktuellen Lage nicht bis ins allerletzte Detail präzisieren.“
Die Hausbanken mit Wasserstandsmeldungen versorgen
Unternehmen, die bereits eine oder mehrere Hausbanken haben, können in der aktuellen Krisensituation davon profitieren. „CFOs sollten die partnerschaftliche Beziehung zu ihrer Hausbank jetzt nutzen“, schlägt Tino Franzen vor. „Ein Vertrauensverhältnis kann dabei helfen, dass Liquidität schneller zur Verfügung gestellt werden kann.“ Das heißt Franzen zufolge zwar nicht, dass Anträge einfach durchgewunken werden. Doch wenn der Bank bereits aktuelle Zahlen vorliegen, reiche es oftmals, wenn Unternehmen lediglich ein Update geben, was sich seit dem Ausbruch der Coronakrise verändert hat.
Wie regelmäßig ein CFO Kontakt mit seiner Bank halten sollte, dafür gebe es keine Daumenregel. „Gerade in der Krise sind aber häufigere und kürzere Kontakte wichtig“, bemerkt Franzen. Diese „Wasserstandsmeldungen“ hätten seit dem Ausbruch des Coronavirus massiv zugenommen, beobachtet er.
CFOs sollten Dialog mit Bankvorständen suchen
Bleibt zuletzt die Frage, ob die Coronakrise die Informationspolitik zwischen dem CFO und der Bank nachhaltig verändern wird. „Derzeit wird viel ausprobiert, und digitale Kommunikationswege finden immer mehr Einzug in die Alltagskommunikation – was technisch auch fast alles schon gut funktioniert“, beobachtet Wolfgang Kehm von der BayernLB. Das persönliche Gespräch werden ein Telefonat oder eine Videokonferenz aber niemals ersetzen können, findet der Banker.
In Sachen CFO und Bankenkommunikation ist auch aktuell noch Luft nach oben, so Kehm. In der Regel stehen die Leiter der Finanzabteilungen in Kontakt mit den Banken, das kann gerade bei dringenden Entscheidungen zusätzliche Abstimmungsschleifen bedeuten. „Der direkte Kontakt auf Vorstandsebene zwischen Kunde und Bank gibt beiden Seiten ein besseres Gefühl über die Situation im Unternehmen und die Kapitalmarktlandschaft.“ So haben CFOs und Banken mehr Power, Prozesse anzustoßen.
„Das persönliche Gespräch werden ein Telefonat oder eine Videokonferenz niemals ersetzen können.“
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.