Bis die Coronakrise Mitte März nach Deutschland schwappte, hatte sich die Konjunktur gut entwickelt. Doch seither ist nichts wie zuvor: Einige Branchen wie Telekommunikation und Pharma profitierten zwar von der Krise, für ganz viele andere sahen die Geschäftsaussichten aber plötzlich düster aus. Und Corona durchkreuzte auch die Finanzplanungen der meisten Unternehmen. CFOs und ihre Finanzabteilungen agierten zeitweise im Ausnahmezustand.
Und wie funktionierte in dieser Stresssituation die Zusammenarbeit mit den Banken? Waren sie überhaupt erreichen, als ganze Finanzabteilungen und die Banker selbst auf einmal ins Home Office wechselten? Das haben wir rund 1.000 Finanzchefs – CFOs und Treasurer – gefragt. Immerhin rund 120 haben geantwortet. Wie deren Corona-Zeugnis für die Banken aussieht, erfahren Sie im neuen FINANCE-Magazin, das Sie heute schon als E-Paper lesen können. Darin haben die Leser auch wieder ihre Top-Banken gewählt, Corona spielte bei der Bewertung sicher mit rein.
Der Wirecard-Skandal und seine Folgen
Das einzige Thema, dem es in den vergangenen Wochen gelungen ist, Corona an den deutschen Finanzmärkten zu überschatten, ist Wirecard. Die Lage bei dem Zahlungsdienstleister aus dem Münchener Vorort Aschheim spitzte sich im Juni zu: Als 1,9 Milliarden Euro in der Kasse nicht auffindbar waren, war eine Insolvenz alternativlos. Geneigte FINANCE-Leser werden spätestens im vergangenen halben Jahr gemerkt haben, dass etwas faul ist im Staate Wirecard, denn Journalisten unseres Hauses sollen ausgespäht worden sein.
In unserer Story im neuen Magazin blicken wir nicht nur auf die Rolle der Aufsicht, sondern auch auf die der Deutschen Bank. Das Geldhaus war bei Wirecard stark involviert – als Kreditgeber, als Investmentbank und als Vermögensverwalter. Selbst auf der Kundenseite, im Finanzteam von Wirecard, waren ehemalige Deutsch-Banker aktiv. Wir wollen damit keine Verschwörungstheorie schüren, schlecht ist aber schon, dass die Bank mal wieder in einen Skandal verwickelt ist, auch wenn Christian Sewing das Engagement vor kurzem herunterspielte: Die Deutsche Bank habe eine „sehr begrenztes Net Exposure“ bei Wirecard – das klingt verdächtig nach Peanuts.
So schlagen sich Fintechs in der Coronakrise
Viele jüngere Leser werden sich an den Ausspruch des ehemaligen Deutsche-Bank-Vorstands Hilmar Kopper im Jahr 1994 nicht mehr erinnern. Präsenter sind da schon Fintechs, die in den vergangenen Jahren viel Fantasien in der Finanzszene erzeugten. In den vergangenen Wochen erlebten viele dieser neuartigen Anbieter einen heftigen Corona-Schock. Speziell bei den Kreditplattformen wie Funding Circle oder Creditshelf wechselten die Investoren zeitweise an die Seitenauslinie. Auf einmal war die Kreditnachfrage höher als -angebot. Die Plattformen konnten ihrem eigentlichen Zweck nicht mehr vollumfänglich nachkommen.
„Corona hat uns getroffen, aber wir haben reagiert.“
„Corona hat uns getroffen“, räumt Daniel Bartsch im Interview mit FINANCE ein, der Creditshelf 2014 mitgegründet hat, und fügt hinzu: „Aber wir haben reagiert.“ Creditshelf musste seinen Ansatz in der Krise anpassen und hat einen Debt Fonds zur Refinanzierung aufgelegt. Aber Fintech, die wie Compeon, Finmatch und Kapilendico Kredite von Banken vermitteln, haben sich neu positioniert und sich etwa an den KfW-Darlehen versucht. Auch das brachte Probleme mit sich, wie die große FINANCE-Analyse zeigt.
Diverse CFOs berichten über Corona-Folgen
Nicht nur Fintechs, auch viele Finanzchefs sammeln in der Coronakrise ganz neue Erfahrungen. Zum Beispiel Karin Sonnenmoser: Die CFO von Ceconomy erlebte den Lockdown als Finanztornado. Saturn und Media-Markt mussten über Wochen schließen – es war völlig unklar, wann die Unterhaltungselektronikmärkte wieder öffnen würden. „Wir haben deshalb bereits am 20. März einen Antrag auf Staatshilfe bei der KfW eingereicht“, erzählt die Finanzmanagerin. „Intern haben wir diverse Szenarien durchkalkuliert, um ein Gefühl für den möglichen Liquiditätsbedarf zu bekommen. Das reichte von einem Shutdown über vier Wochen bis hin zu einem halben Jahr.“
„Intern haben wir diverse Szenarien durchkalkuliert. Das reichte von einem Shutdown über vier Wochen bis hin zu einem halben Jahr.“
„Es fühlt sich merkwürdig an, vier Stunden lang, durch Plexiglas von den anderen Rednern getrennt, in eine Kamera zu sprechen.“
Ein ganz anderes Bild zeigt sich bei Telefónica Deutschland. „Wir haben zunächst in der Tat eine deutlich höhere Nachfrage nach Sprach- und Datendiensten gesehen, sowohl im Mobilfunk als auch im Festnetzbereich“, sagt CFO Markus Rolle im FINANCE-Interview. „Nichtsdestotrotz war und ist die Coronakrise auch für uns eine Herausforderung.“ Neben Home Office & Co. meisterte CFO Rolle seine erste virtuelle Hauptversammlung. „Es fühlt sich merkwürdig an, vier Stunden lang, durch Plexiglas von den anderen Rednern getrennt, in eine Kamera zu sprechen, ohne irgendeine Form von Reaktion zu erhalten“, berichtet er über diese Erfahrung.
Schwerpunkt Wirtschaftsprüfung
Selbst im Schwerpunkt unserer neuen FINANCE-Ausgabe steht das Thema Corona im Mittelpunkt – obwohl das Thema eigentlich auf den ersten Blick nicht so Corona-nah ist: Es geht darum, welche neue Wege die Wirtschaftsprüfer nun gehen müssen. Auch dabei waren die Herausforderungen durch die Pandemie mannigfaltig: Zum einen konnten die Prüfer oft nicht zu ihren Kunden kommen und mussten „remote“ arbeiten. Zum anderen infiziert Corona auch die Bilanzen, mit teils massiven Auswirkungen auf Goodwill, IFRS 16 (Mietverhältnisse und Leasing) sowie IFRS 9 (Expected Credit Loss).
Auch die Prüferrotation beleuchten wir in Deutschlands Top-Segment Dax. Bei der Rotation, die eine bessere Prüfung sicherstellen soll, war EY bislang der größte Profiteur. Aber wird das auch nach dem Wirecard-Skandal so bleiben, bei dem EY als Abschlussprüfer keine gute Figur abgibt? EY wehrt sich, aber Zweifel sind angebracht.
Info
Wie Stephen Kimmich mitten in der Coronakrise als neuer CFO bei Koenig & Bauer antrat, wie sich Finanzierungs- und M&A-Märkte entwickeln und was Dax-Finanzchefs 2019 verdienten – diese und viele weitere Themen finden Sie ebenfalls in der neuen FINANCE-Ausgabe, die Sie hier bestellen oder heute schon als E-Paper beziehen können.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.