Zufälle gibt es. Anfang September standen wir gerade wartend auf ein Interview in der Lufthansa-Zentrale vor dem Tagungszimmer des Aufsichtsrats, als über das Smartphone eine Eilmeldung aus einer anderen Zentrale der Macht kam: Hans Dieter Pötsch soll neuer Aufsichtsratschef von Volkswagen werden. Für den langjährigen CFO bedeutete das die Krönung seiner Laufbahn. Damals deutete alles darauf hin, dass er seinen langjährigen Vorstandskollegen Martin Winterkorn beaufsichtigen würde. Das wäre unter Corporate-Governance-Gesichtspunkten zwar fragwürdig gewesen, doch dann kam der 18. September – und Dieselgate. Winterkorn ist inzwischen Geschichte und Pötschs Aufgabe eine völlig andere.
Der Ex-Finanzchef muss die Rettungsarbeiten von Volkswagen beaufsichtigen. Als CFO rückt hingegen ein anderer Akteur in den Mittelpunkt, nämlich Pötschs Nachfolger Frank Witter. Der neue Mann kommt von VW Financial Services und kennt daher den Konzern sehr gut. Er muss nun dafür sorgen, dass der Autobauer finanziell stabil bleibt. War für die aktuelle FINANCE-Ausgabe bei der Redaktionskonferenz Anfang September zunächst lediglich ein Pötsch-Portrait eingeplant, entschieden wir uns kurzerhand, Dieselgate und Frank Witter auf den Titel zu heben.
Die Lage bei VW ist alles andere als einfach, da das Ausmaß des Betrugs und die Folgekosten unbekannt sind. Experten sind sich einig, dass die Rückstellung über 6,7 Milliarden Euro nicht das Ende der Fahnenstange ist. Täglich (auch nach dem FINANCE-Redaktionsschluss am 2. November) dringen neue Details nach außen. Jetzt hat der Skandal auch Audi und Porsche in den Vereinigten Staaten erfasst. Der neue Vorstandschef Matthias Müller ist als ehemaliger Porsche-Chef auch angezählt. Wir haben besonders die Fälle General Motors und BP analysiert, um abzuschätzen, was auf den VW-CFO Witter zukommen könnte – und ob es eine Sisyphusarbeit (wie das Titelbild vermuten lässt) oder eine lösbare Aufgabe wird.
BNP Paribas und Oddo Seydler: Die Franzosen kommen
Im vergangenen Jahr wurde die Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler nach Frankreich verkauft. Jetzt haben wir mit Philippe Oddo und René Parmantier – Letzterer übrigens trotz des französische klingenden Namens gebürtiger Hesse – über die Pläne der deutsch-französischen Bank gesprochen. Vor allem Oddo stellt immer wieder auf den binationalen Charakter seiner Expansionsbestrebungen ab: „Wir sind dabei, eine deutsch-französische Plattform zu bauen, in allen Bereichen, in allen Sektoren.“ Besonders in der M&A-Beratung und bei der Anleiheplatzierung wie im Fall der Immobiliengesellschaft Adler wollen die beiden jetzt den deutschen Midmarket aufmischen.
Oddo ist nach dem Kauf von Seydler und dem Asset Manager Meriten im April dieses Jahres in einen weiteren spannenden Deal verwickelt: der Übernahmekampf um die BHF Bank, in dem auch die chinesische Fosun eine große Rolle spielt. Die F.A.Z. will nun herausgefunden haben, dass Oddo sich mit BNP Paribas verbündet hat, um die Übernahme der ausstehenden Anteile zu finanzieren. Weitergedacht, könnte sich aus der Konstellation ein Zerschlagungsszenario entspinnen. BNP Paribas wollte dies FINANCE gegenüber nicht bestätigen oder kommentieren.
Allerdings haben wir ebenfalls in der neuen Ausgabe mit einem Top-Banker von BNP Paribas gesprochen: mit Torsten Murke, Firmenkundenchef der Bank in Deutschland. Die französische Großbank hat bereits 2012 einen Wachstumskurs in Deutschland angekündigt. „Unser Ehrgeiz ist sehr groß, wir wollen die Marktposition weiter ausbauen“, sagt Murke im Gespräch mit unserer Publikation. Das Ziel sei es, bis 2018 rund 600 Firmenkunden zu betreuen, derzeit sind es rund 450. „Wenn wir unser derzeitiges Wachstumstempo beibehalten, bin ich sehr optimistisch, dass wir das sogar früher erreichen werden“, ergänzt Murke. Wie sich die Bank dabei personell aufstellt, welche Rolle der Rückzug der Royal Bank of Scotland spielt und wo noch Schwächen liegen, erfahren Sie in der neuen Ausgabe.
Cyber-Risiken steigen, doch IT bleibt des CFOs Stiefkind
Sehr viele Finanzchefs sind auch für die IT-Infrastruktur ihres Unternehmens zuständig. Doch wie das neue CFO-Panel erbracht hat, hadern viele mit dieser Verantwortung. Eine Mehrheit von 54 Prozent der Befragten möchte die Verantwortung für das Thema aufteilen und findet, dass die Aufgabe zum Teil beim Finanzvorstand, zum Teil aber auch bei einem IT-Vorstand liegen sollte. Die Realität in vielen Unternehmen sieht allerdings anders aus: Mehr als die Hälfte der befragten Finanzchefs ist für das Thema IT zuständig, und zwar allein. Damit verantworten auch eine ganze Reihe an CFOs den Bereich, die das Thema eigentlich nicht allein in der Finanzabteilung angesiedelt sehen.
Gleichzeitig wächst die Bedrohung durch Hacker-Angriffe und Cyber-Crime. Welche Risiken drohen und wie der CFO des Konfitüreherstellers Zentis, Stephan Jansen, damit umgeht, erfahren Sie im Schwerpunkt IT der neuen FINANCE. Darin finden Sie ebenfalls eine kritische Würdigung der SAP-Neuerung S/4 Hana sowie mehr über die bahnbrechenden Umwälzungen, die die Blockchain-Technologie für Unternehmen und Banken mit sich bringen könnte.
Diese und viele weitere Themen erwarten Sie in der neuen Ausgabe, die Sie hier bestellen oder als E-Paper beziehen können.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.