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Ekosem & Ekotechnika CFO Wolfgang Bläsi: „Kein Rubel-Hedging“

Ekotechnika und Ekosem CFO Wolfgang Bläsi: Milcheinnahmen steigen trotz Rubelabwertung.
Ekotechnika

Herr Bläsi, die Kapitalmärkte haben nervös auf die Krim-Krise reagiert. Auch die drei Bonds von Ekosem Agrar und Ekotechnika  haben nervös reagiert und an Wert verloren. Rechnen Sie mit einer weiteren Eskalation?
Nein. Die Spannung dürfte sich bald wieder legen, weil beide Seiten wissen, dass sie viel zu verlieren haben. Beide Parteien, Russland und der „Westen“, haben essenzielle Interessen, was die Sicherheit des wirtschaftlichen Austauschs angeht. Die inhaltliche Einschätzung der Situation fällt bei uns natürlich etwas anders aus als in vielen westlichen Medien, die die ganze Ukraine als prowestlich eingestellt sehen. Aus unserer Sicht trifft dies auf die Ostukraine, die sich stark an Russland orientiert, so nicht zu. Zudem ist die Annahme, dass Russland seinen einzigen eisfreien Hafen am Schwarzen Meer aufgeben würde, vielleicht auch nicht ganz realistisch gewesen, gerade wenn man dies vor dem geschichtlichen Hintergrund sieht. Wir sind sicher, dass es eine vernünftige Lösung geben wird.

Der Rubel hat in einem Jahr rund 20 Prozent an Wert verloren. Währungsergebnisse haben das Nettoergebnis des Landmaschinenhändlers Ekotechnika im vergangenen Geschäftsjahr in die roten Zahlen gestürzt. Wie gehen Sie damit um?
Richtig. Das Währungsthema wirkt sich aus, auch wenn die Risiken vertraglich eigentlich auf den Kunden umgewälzt sind. Wir bezahlen den Traktorenpreis in Dollar und der Kunde bezahlt den in Dollar vereinbarten Preis zum Stichtag in Rubel. Jedoch mussten wir die Abwertung, die zwischen Rechnung und  Bezahlung liegt, als Verlust ausweisen – die Zahlungsziele sind oft ein halbes Jahr und länger. Wir haben bei der Ekotechnika ein paar operative Themen…

…die Ihnen Ende 2013 ein Downgrade der Anleihe auf B+ eingebracht haben… (Anmerkung der Redaktion: Creditreform hat das Rating 2014 wieder auf B angepasst.)
Richtig. Wir wollen jetzt erstens die Bilanz kürzen, indem wir das Vorratsvermögen deutlich reduzieren, zweitens unser Forderungsmanagement straffen und drittens wie angesprochen, das Währungsthema besser lösen. Wir arbeiten an der Frage, ob es nicht bilanziell bessere Darstellungsmöglichkeiten für die Vorgänge gibt. Insgesamt sind wir sehr zuversichtlich, hier gut voranzukommen.

Bläsi: „Kommen bei Ekotechnika gut voran“

Wie könnte das aussehen?
Wenn man Kauf und Verkauf eines Traktors auf einem Zeitstrahl darstellt, bestellen wir z. B. im September bei unserem Lieferanten, bekommen den Traktor im Januar geliefert und die Rechnung dazu, die nach 90 – 180 Tagen fällig ist; das alles passiert in US-Dollar oder in Euro. Auf der Kundenseite kommt ein Kunde im Februar, kauft und bekommt den Traktor Ende März ausgeliefert. Den im Februar vereinbarten und in Dollar fixierten Preis bezahlt der Kunde im April in Rubel zum Wechselkurs am Zahltag. Wenn wir den Traktor also für 100 Dollar kaufen und mit 10 Prozent Marge für 110 Dollar verkaufen, dann hat der Kunde nahezu das gesamte Währungsrisiko übernommen. Und bei einer solch klaren 1:1 Beziehung könnte man die Transaktion prinzipiell zum im September gesicherten Wechselkurs buchen. Die Herausforderung besteht darin, dass wir regelmäßig Traktoren bestellen, ohne einen Käufer dafür zu haben. Dadurch werden die ganzen Vorgänge eher zu separaten Transaktionen, die nur noch schwer als Bewertungseinheit darzustellen sind – eine spannende Herausforderung.

Hedgen Sie den Rubel gar nicht?
Bislang nicht. Der Rubelmarkt ist nicht so liquide. Es gibt nicht so viele Gegenpositionen für größere Positionen mit längeren Verträgen und das macht selbst ein einfaches Hedging recht teuer. Dies ist die Antwort, die man standardmäßig erhält, mit der ich mich allerdings nicht mehr zufrieden gebe. Erschwerend kommt hinzu, dass russische Banken noch einen gewissen Nachholbedarf im Hinblick auf Service-Orientierung haben. Einfache Kredite – hoch besichert – mit teuren Margen, das ist aus deren Sicht schöneres Geschäft. Aber wir sind mittlerweile mit verschiedenen Instituten dabei, hier Lösungen zu erarbeiten.

Wie sieht es bei der Ekosem aus? Auch hier beziehen Sie die Einnahmen aus der Milch- und landwirtschaftlichen Produktion ausschließlich in Rubel, sind aber in Fremdwährung verschuldet.
Bislang konnten wir das abfedern, da der Milchpreis an den Hartwährungen Euro und Dollar hängt. 40 Prozent der in Russland verbrauchten Milch- und Milchprodukte wird importiert. Der Rubel hat um rund 20 Prozent abgewertet und der Milchpreis in Rubel ist noch stärker gestiegen. Wir geben die Preissteigerungen bislang voll an die Molkereien weiter, die diese ein Stück weit aufnehmen und bislang nicht voll an die Kunden weitergeben. In einer Bandbreite des Wechselkurses Rubel/Euro von 45 zu 55 fühle ich mich wohl.

Das heißt: Unsere Einnahmenseite atmet derzeit mit der Rubelabwertung mit, die Ausgabenseite steigt aber in Rubel derzeit nicht gleich stark. Unterm Strich profitieren wir also von der derzeitigen Rubelabwertung, was den negativen Effekt der schwerer wiegenden Verschuldung in Euro mehr als aufwiegt. Zumal wir ja auch einen großen Teil unserer lokalen Bankverbindlichkeiten in Rubel haben, die wir mit der beschriebenen operativen Verbesserung ebenfalls schneller tilgen können.

Refinanzierung oder Tilgung der Mittelstandsanleihen?

Aber das kann nicht ewig so weiter gehen. Wenn der Milchpreis jetzt nochmals stark weiter steigt, könnte es soziale Spannungen geben und die Regierung müsste eingreifen.
Bislang landet der größere Teil des Problems in der Ergebnisrechnung der Molkereien. In den aktuell diskutierten Szenarien der Rubelkurs-Entwicklung wird meines Erachtens der Verbraucherpreis im akzeptierten Rahmen bleiben.

Ende 2013 sind Sie bei Ekosem mit zwei Finanzierungsschritten aufgefallen –  einer Kapitalerhöhung um 5 Prozent und einer Aufstockung der bis 2018 laufenden Anleihe um 18 Millionen Euro. Das Thema IPO  dürfte jetzt  mit der Russland-Krise im Hintergrund schwierig werden… Brauchen Sie nicht mehr Geld für Ihre rapide Expansion?
Wir hätten die Mittelstandsanleihe gerne etwas stärker aufgestockt, aber das Finanzierungsumfeld im 4. Quartal war bekanntermaßen schwierig. Auf der Eigenkapitalseite haben wir noch Optionen bei Investorenmodellen.  Schon jetzt haben wir aber die Bilanzrelationen weiter verbessert, wie unsere nächsten Zahlen zeigen werden.

Seit 2013 expandieren wir langsamer. Wir haben im letzten Jahr festgestellt, dass die russische Regierung die Subventionen für neue Milchanlagen langsam zurückfährt und in 2013 keine Genehmigungen für neue Anlagen ausgesprochen hat. Dementsprechend wachsen wir in der Zukunft langsamer und bauen weniger Milchvieh auf, auch Fläche kaufen wir jetzt nur noch selektiv zu. Wir zeigen künftig weniger Topline-Growth, dafür eine umso stärkere Verbesserung der Bottom-Line und der Bilanzstruktur.

Ist damit schon eine Entscheidung über den Modus der Refinanzierung gefallen? 2017 müssen Sie die erste Mittelstandsanleihe über 50 Millionen Euro zurückzahlen? Für 2015 haben Sie eine Calloption.
Wir haben immer gesagt, dass wir Zeiten weniger starken Wachstums nutzen wollen, um effizienter zu werden. Das Mikromanagement ist in der Landwirtschaft entscheidend. Eine Entscheidung über Refinanzierung oder Rückzahlung der bis 2017 laufenden Anleihe über 50 Millionen Euro wollen wir Anfang 2015 treffen.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de

Info

Finden Sie alles zum CFO von Ekosem Agrar und Ekotechnika Wolfgang Bläsi im CFO-Almanach FINANCE-Köpfe.