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Euler Hermes Rating-Chef Garrn: „Einige haben Pre-Money geratet“

Euler Hermes Rating-Chef Ralf Garrn fordert Emittenten von Mittelstandsanleihen auf, Emissionsratings zu beauftragen.
FINANCE TV

Vor dem Ausfall der Rena-Anleihen haben Sie rechtzeitig gewarnt. Auch bei Scholz hat Euler Hermes am Ende richtig gelegen. Was machen Sie anders als Ihre Wettbewerber?
Ralf Garrn: Euler Hermes Rating hat den Anspruch, sich intensiv mit dem Geschäftsmodell eines Emittenten auseinanderzusetzen und die finanzielle Situation vor dem Hintergrund des Geschäftsrisikoprofils zu beurteilen. Unsere Analysten, die in der Regel mehr als zehn Jahre Erfahrung im Rating unterschiedlicher Geschäftsmodelle haben, schauen sich mehr als nur ein paar Finanzkennzahlen an, um daraus ein Rating abzuleiten. Wir stellen uns immer die Frage, ob die Emittentin auch zyklusübergreifend die Fähigkeiten besitzt, zeitnah Maßnahmen umzusetzen, um einen Ertragseinbruch zu kompensieren oder eine mögliche Insolvenz zu vermeiden.

Mit Rena ist ein Unternehmen dreieinhalb Jahre nach Erstemission insolvent geworden. Das Risiko hat sich bei Rena jedoch erst nach der Akquisition der Stulz Gruppe erhöht, weshalb Euler Hermes unmittelbar nach der Übernahme und auch im Verlauf der nächsten Monate Downgrades vorgenommen hat. Scholz hingegen ist durch Probleme in einer Auslandsgesellschaft in erhebliche Schwierigkeiten geraten, hat aber ein gesundes und profitables Kerngeschäft, sodass wir hier der Meinung waren, dass eine Insolvenz nicht eintreten würde.

Das Corporate-Finance-Haus Capmarcon hat die anfangs für Mittelstandsanleihen vergebenen Ratings als „in der Tendenz zufällig“ charakterisiert. , Woran liegt es, dass die ersten Bewertungen anscheinend meist zu positiv ausgefallen sind?
In den meisten Fällen wurden nicht die Anleihen selbst geratet, sondern die Emittenten dieser Anleihen. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob ein Rating die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Unternehmens beurteilt oder die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Anleihe.

Viele Emittentenratings in den letzten Jahren sind insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien sehr positiv ausgefallen, weil die Emittenten in den zwei Jahren vor der Emission gute Ertragskennzahlen ausgewiesen haben. Das „zukünftige“ Risiko hat jedoch kaum eine Ratingagentur gewürdigt. Darüber hinaus haben einige Agenturen „Pre-Money“ geratet – sie haben die Verschuldung nach der Anleiheemission und die zusätzlichen Zinslasten gar nicht berücksichtigt. Erst als diese zusätzliche Verschuldung durch die Emission in den Jahresabschlüssen ausgewiesen wurde, haben sie die schlechtere Kapitalstruktur im Rating berücksichtigt und Downgrades vorgenommen.

Euler Hermes Rating-Chef Garrn: „Keine Notwendigkeit zur Anpassung“

Haben Sie Ihre Bewertungskriterien nach den Erfahrungen der vergangenen Monate angepasst?
Euler Hermes Rating hat bereits seit Jahren strenge Bewertungskriterien. Insofern bestand für uns keine Notwendigkeit zu einer Anpassung. Wir haben uns lediglich vorgenommen, unsere Methode für Investoren noch transparenter zu machen. Daran arbeiten wir derzeit. In Kürze werden  wir ein neues Methodenpapier dazu veröffentlichen.

Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, um für mehr Qualität am Mittelstandssegment zu sorgen?
Ich denke, dass der Markt das über kurz oder lang regeln wird. Institutionelle Investoren  –  die attraktivste Zielgruppe –  wollen Transparenz und liquide Märkte. Es müssen somit die Anleihen selbst geratet und die Gläubigerschutzrechte verbessert werden. Da die meisten Anleihen aufgrund der schwachen Gläubigerschutzrechte effektiv im Nachrang zu den übrigen Finanzverbindlichkeiten der Emittenten sind, würden deren Ratings aufgrund der im Insolvenzfall geringen Rückführungsquoten zwei bis drei Notches schlechter ausfallen als das Emittentenrating selbst. Die aktuellen Insolvenzen zeigen ja, dass die Anleihegläubiger in der Regel leer ausgehen.

Beziehen Sie die allgemeine Kritik an den mittelständischen Ratings auch auf sich?
Meines Erachtens hat Euler Hermes Rating sowohl bei den bisherigen Ratings im Mittelstandsmarkt als auch bei den Ratings im Private-Placement-Markt gute Arbeit geleistet: Die meisten Ratings haben sich stabil entwickelt, und wir haben nur wenige Up- und Downgrades vorgenommen. Dennoch würde ich mir wünschen, dass künftig die Anleihen selbst geratet werden und die Anforderungen an Investmentgrade-Ratings strenger sind, als man es in der Vergangenheit im Mittelstandsmarkt beobachten konnte.

marc-christian.ollrog[at]finance-magazin.de

Info

Die Ratingagentur Euler Hermes bewertet neun Unternehmen im Markt für Mittelstandsanleihen, darunter PNE Wind, Uniwheels und Hörmann Finance. Die beiden Anleihen von Rena sind 2014 ausgefallen.

Info

Lesen Sie Interviews mit allen Ratingagenturen für Mittelstandsanleihen auf unserer Themenseite Mittelstands-Ratings.