Der Wirecard-Skandal hat selbst zwei Monate nach der Insolvenz nichts an Brisanz eingebüßt. Täglich kommen neue Erkenntnisse über den Finanzkrimi ans Tageslicht, die juristische und politische Aufarbeitung des Falls wird sicher Jahre dauern. Besonders im Fokus: Warum haben alle Aufsichtsinstanzen und Prüfer jahrelang nichts bemerkt, trotz zahlreicher Hinweise?
Am Ende soll es eine nicht erfolgte einfache Testbuchung gewesen sein, die die Bilanzmanipulationen offen zutage treten ließ. Dem Vernehmen nach soll der Wirtschaftsprüfer EY eine philippinische Bank darum gebeten haben, ein Viertel der angeblich verwahrten Wirecard-Gelder nach Deutschland zu überweisen. So ist aufgeflogen, dass das Geld gar nicht existiert. Ein Insider erklärt gegenüber FINANCE sogar, dass kurz vor der Insolvenz herauskam, dass Wirecard bei einigen vermeintlichen Hausbanken nicht einmal Kunde war. Warum das nicht früher auffiel, ist jetzt die große Frage. Speziell der Wirecard-Prüfer EY steht am Pranger und sieht sich mit Sammelklagen konfrontiert.
Die angesichts der gezahlten Honorare fast schon unerklärlich enge Beziehung von „wEYrecard“ haben wir uns in der Titelgeschichte der neuen Ausgabe vorgenommen. Der Artikel zeichnet detailliert die langjährige Zusammenarbeit nach: Zunächst agierte EY als Sonderprüfer, dann als Co-Hauptprüfer und schließlich als alleiniger Auditor. Einfach waren die Recherchen von Julia Schmitt nicht, schließlich sind die Wirtschaftsprüfer zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dennoch leistet der Artikel, den Sie heute schon im E-Paper oder als FINANCE+-Abonnent lesen können, Aufklärungsarbeit zu einem zentralen Aspekt des Falls Wirecard.
Green Finance gegen den Trend
Deutlich erbaulicher als das Wirecard-Debakel ist Green Finance. Diesem Thema haben wir eine eigene Beilage gewidmet, die dem neuen Magazin beiliegt. Nicht wenige haben anfangs geglaubt, dass grüne Finanzierungen und ESG die ersten Opfer der Coronakrise sein würden. Das Gegenteil ist der Fall: Green Finance trotzt der Viruskrise. Nachhaltige Kapitalanlagen haben sich beim Börsenbeben im Frühjahr teilweise besser geschlagen als andere, auch die Emissionskanäle waren dort nicht so verschlossen wir bei „normalen“ Bonds. Warum? Das zeigen Analysen, Interviews und Fachbeiträge in der Sonderbeilage.
Ohnehin ist vielen Finanzchefs klar, dass es nicht mehr ohne Nachhaltigkeit geht: Sechs Finanzchefs, darunter Nicolas Peter (BMW), Michael Pontzen (Lanxess) und Alan Hippe (Roche) erklären, wie das Thema ESG ihre Arbeit beeinflusst. Im Interview findet sich auch Aurubis-CFO Rainer Verhoeven wider, der sich vor kurzem mit einem sogenannten ESG-linked Schuldschein an den Markt getraut hat.
Was die MDax-CFOs verdienen
Weniger der gute Zweck als der schnöde Mammon stehen im Mittelpunkt unserer Analyse der MDax-CFO-Gehälter. Das Ranking ist aus zweierlei Gründen spannend: Erstens stellt ein CFO aus der zweiten Börsenreihe sogar den Spitzenreiter aus dem Dax, Siemens-CFO Ralph Thomas, deutlich in den Schatten. Zweitens rangieren ganz vorne zwei Tech-Konzerne. Das sind zwar nicht Apple oder Google. Dennoch zeigt sich, dass sich auch für Finanzvorstände die Arbeit in zukunftsträchtigen Branchen bei der Bezahlung auszahlt.
Übrigens: Während die bestbezahlte Finanzchefin unter den Dax-CFOs erst auf Platz 19 rangiert, schaffte es die Topverdienerin im MDax immerhin auf Platz 6.
CFOs bleiben im Corona-Modus
Überhaupt sind viele CFOs nach wie vor im Corona-Modus, wie die Interviews der neuen Ausgabe zeigen. Ein erstaunliches Beispiel liefert Helen Giza: Die noch relativ neue Finanzchefin von Fresenius Medical Care führt das Unternehmen aus dem Home Office in den USA heraus – der Umzug nach Hessen scheiterte bisher an der Pandemie. Dabei hat sie durchaus Großes vor mit dem Finanzressort des Bad Homburger Dialysespezialisten, wie sie uns berichtet hat.
Eine nicht sehr oft gesehene Beschäftigung in der Coronakrise hatte Jenoptik-CFO Hans-Dieter Schumacher – ausgerechnet einen M&A-Deal, die Übernahme des Optikspezialisten Trioptics. Wie der Zukauf trotz der riesigen Verwerfungen gelingen konnte und warum Trioptics – immerhin der größte Zukauf seit vielen Jahren – nur der Auftakt zu einer längeren Einkaufstour ist, erklärt Schumacher im FINANCE-Interview.
Info
Wie die Zwischenbilanz der Unternehmensbank der Deutschen Bank nach einem Jahr aussieht, ob sich an den Kapitalmärkten gerade eine gigantische Blase bildet, und was Controller derzeit bewegt – diese und viele weitere Themen finden Sie ebenfalls in der neuen FINANCE-Ausgabe, die Sie hier bestellen oder heute schon als E-Paper beziehen können.
Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.