Mit der Übernahme von E-Plus hat Telefónica Deutschland den deutschen Telekommunikationsmarkt durcheinandergewirbelt. Nach dem Zusammenschluss der früheren Nummer drei und Nummer vier: Wie stehen Sie jetzt zusammen da?
Telefónica und E-Plus waren beide Herausforderer – und beide standen vor dem gleichen Problem: Trotz eines Umsatzmarktanteils von rund 15 Prozent mussten beide Unternehmen eine ähnliche Infrastruktur unterhalten wie die beiden Marktführer Telekom und Vodafone, die jeweils über 30 Prozent Marktanteil haben. Deshalb war dieser Zusammenschluss auch für den Markt nicht überraschend. Wir haben damit den Telekommunikationsmarkt in Deutschland für immer verändert. Und wir waren der Merger, der sozusagen als Katalysator für eine Reihe weiterer Zusammenschlüsse im europäischen Telekommunikationsmarkt diente und dienen wird.
Die Transaktion ist ein klarer Synergie-Case. Der erwartete Barwert der Synergien von 5 Milliarden Euro erreicht fast die Höhe des Kaufpreises von etwas mehr als 6 Milliarden Euro.
Synergien sind natürlich ein erheblicher Teil der Deallogik. Aber es geht um weit mehr, insbesondere um eine grundlegende Neudefinition des Geschäftsmodells. Wegen der starken Überlappungen der Netzwerk- und Vertriebsstruktur sind die Synergien bei dem Dealvolumen durchaus groß. In der Telekommunikation geht es um Skaleneffekte, und je stärker man seine Kostenbasis optimieren und die eigene Infrastruktur auslasten kann, umso stärker wächst der Cashflow. Daher erzeugt der Deal ohne Zweifel Shareholder Value, aber auch Nutzen für unsere Kunden: Gemeinsam haben wir jetzt 40.000 Netzwerkstandorte in Deutschland – deutlich mehr als unsere Wettbewerber – und das mit Abstand dichteste 3G-Breitbandnetz.
Rachel Empey hat „gewisse Sympathie für Komplexität“
Aus Ihrer Finanzierungsstrategie lässt sich ablesen, dass Sie auch weiter investieren wollen. Die Kapitalerhöhung für die E-Plus-Übernahme haben Sie so groß dimensioniert, dass Sie Ende 2014 netto schuldenfrei waren. Dann haben Sie auch noch zwei Bonds und einen Schuldschein begeben, und jetzt schieben Sie über 2 Milliarden Euro Cash und Cash-Äquivalente vor sich her. Für eine Finanzchefin, die den Shareholder Value betont und starke Cashflows erwartet, haben Sie sich eine sehr konservative Bilanz zusammengebaut.
Telefónica Deutschland befindet sich in einer besonderen Phase. Vor uns liegt die am 27. Mai startende Versteigerung neuer Mobilfunklizenzen, bei der wir uns von der Frequenzausstattung her weit über das nächste Jahrzehnt hinaus taktisch aufstellen müssen. Ich muss sicherstellen, dass wir dafür die volle finanzielle Flexibilität haben, um im Bieterverfahren das für unsere Strategie notwendige Spektrum zu erwerben. Die aktuelle Bilanz ist also eine Momentaufnahme unter den besonderen Einflüssen dieser Auktion und unserer laufenden Restrukturierung nach dem Merger.
Es gibt Beobachter Ihres Unternehmens, die einen direkten Zusammenhang zwischen der E-Plus-Übernahme und der Ende Mai anstehenden Frequenzauktion sehen. Mit vier statt drei Bietern wären die Frequenzen teurer geworden und die Folgeinvestitionen für Ihre beiden Kernmarken fast doppelt so hoch.
Richtig ist: Zusammengerechnet haben E-Plus und Telefónica Deutschland früher jedes Jahr etwa 1,2 Milliarden Euro insgesamt in Capex investiert. Davon können wir uns jetzt einige Hundert Millionen sparen und trotzdem noch ein besseres Netz bauen als vorher – auch rund um die neuen Frequenzbänder, die jetzt versteigert werden. Richtig ist auch, dass wir unsere bestehenden Funkspektren kombinieren können. Beides stärkt unsere Position für die kommende Auktion. Aber die Fusion hat angesichts des erwähnten Synergiepotentials einen viel breiteren Hintergrund als nur die Frequenzauktion.
Bei der Versteigerung 2010 waren Sie persönlich für Telefónicas Bieterstrategie verantwortlich. Das muss für Sie als studierte Mathematikerin ein Fest gewesen sein.
Ja, das war schon faszinierend – vor allem der spieltheoretische und psychologische Teil. Bei Auktionen ist es wichtig, das Bieterverhalten und die Nachfrage der Wettbewerber zu antizipieren und sich dafür verschiedene Optionen zurechtzulegen. Und die Auktionsregeln von Frequenzversteigerungen sind wirklich komplex. Als Mathematikerin habe ich eine gewisse Sympathie für diese Art von Komplexität.
Info
Rachel Empey gehört zu den jüngsten Finanzchefs bei den deutschen Großkonzernen. Obwohl Empey erst seit 2011 Finanzchefin von Telefónica Deutschland ist, hat die umgängliche Britin schon viel erlebt. Mehr über Ihre Karriere und Persönliches finden Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Rachel Empey. Das ausführliche Interview mit Rachel Empey, indem sie auch über den E-Plus-Deal, ihre M&A-Agenda und die Arbeit ihrer Finanzabteilung spricht, wartet auf Sie in der aktuellen Ausgabe des FINANCE-Magazins.
Der E-Plus-Deal
Im Juli 2013 einigten sich die beiden Telekomriesen Telefónica und KPN auf die Fusion ihrer deutschen Mobilfunktöchter mit den Kernmarken O2 und E-Plus. KPN erhielt 3,7 Milliarden Euro in Cash und einen Anteil von 24,9 Prozent des kombinierten Unternehmens, den die Niederländer inzwischen auf 20,5 Prozent abgesenkt haben. Der Merger soll Synergien im Wert von 5 Milliarden Euro bringen und hat es Telefónica Deutschland ermöglicht, zu den beiden Platzhirschen Telekom und Vodafone aufzuschließen.