Der Münchener Finanzinvestor MCGM, der im Dezember vergangenen Jahres ein größeres Aktienpaket an dem Stahlzulieferer SKW erworben hat, verstärkt den Druck auf das Management. Nachdem die Management & Capital Group (MCGM) zunächst seinen eigenen SKW-Anteil weiter aufgestockt hat, haben sich die Münchener nun auch den Zugriff auf die SKW-Aktien des zweiten Finanzinvestors gesichert, der bei SKW in den zurückliegenden Monaten an Bord gegangen ist: der First Holding des Münchener Investors Klemens Joos.
Die First Holding von Joos hat mit der von Olaf Marx geführten MCGM eine Vereinbarung zur permanenten Stimmrechtsabtretung geschlossen. Ebenfalls Teil der Allianz ist der spanische Investmentfonds La Muza, der die Stimmrechte seines 3,7-Prozent-Anteils ebenfalls an MCGM abgetreten hat – allerdings nur bis zum Tag nach der Hauptversammlung von SKW, die am 10. Mai stattfinden soll.
Insgesamt kommt die von MCGM angeführte Gruppe damit auf einen Stimmrechtsanteil von 21,5 Prozent. Da die Hauptversammlungspräsenz bei SKW in den vergangenen Jahren stets zwischen 30 und 35 Prozent lag, könnte den Finanzinvestoren dieser Anteil durchaus reichen, um die Hauptversammlung in zwei Wochen zu dominieren.
MCGM-Chef Olaf Marx will in den Aufsichtsrat von SKW
Dort wird es auch um die Macht im sechsköpfigen Aufsichtsrat gehen, denn MCGM hat gestern Abend drei eigene Kandidaten nominiert, die die Aktionäre auf der HV in den Aufsichtsrat wählen sollen: den Kopf der Gruppe, Olaf Marx, den Versicherungsmanager Volker Stegmann – und den früheren Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU).
Der SKW-Aufsichtsrat schlägt eigenen Kandidaten vor, „unterstützt" gleichzeitig aber auch die von MCGM vorgeschlagenen Manager. Das ist deshalb möglich, weil viel Bewegung in den SKW-Aufsichtsrat gekommen ist. SKW spricht sogar davon, dass „gegebenenfalls bis zu sechs Mitglieder gewählt werden müssen".
Gestern gab bereits die bisherige Aufsichtsrätin Jutta Schull, eine Managerin von SGL Carbon, ihr Ausscheiden bekannt. Ein weiterer Anwärter, Armin Bruch, hat seine Kandidatur zurückgezogen. Und Aufsichtsratschef Titus Weinheimer gibt sogar öffentlich zu Protokoll, dass er auf den Vorsitz in dem Gremium verzichten werde, wenn die zur Wahl vorgeschlagenen Kandidaten tatsächlich in den Aufsichtsrat einziehen.
SKW: Erst Covenant-Bruch, dann verschärfter Sanierungskurs
Wie FINANCE aus unternehmensnahen Kreisen erfahren hat, ist die Stimmung zwischen der Gruppe um Olaf Marx und SKW-CEO Kay Michel inzwischen nicht mehr so konfrontativ wie Ende vergangenen Jahres. MCGM hatte schon auf der letztjährigen Hauptversammlung kritisiert, dass die Sparbemühungen des Managements angesichts der schweren Krise am Stahlmarkt nicht ausreichend seien. Als das Management diese Einschätzung zurückwies, baute MCGM seine Aktienposition immer weiter aus. Schnell verhärteten sich die Fronten: Marx beklagte, dass SKW-Chef Michel sich einem Dialog verweigere.
Doch inzwischen ist Michel auf die Linie von MCGM eingeschwenkt. Im Januar kündigte der SKW-Chef eine Verschärfung des laufenden Restrukturierungsprogramms an. Unter dem Namen „Remake 2.0“ soll über die nächsten drei Jahre das Ergebnis um mindestens 20 Millionen Euro verbessert werden. Schwerpunkt sind vor allem zusätzliche Kosteneinsparungen.
Allerdings war es nicht der wachsende Druck von MCGM, der Remake 2.0 auf den Weg brachte, sondern der Bruch wichtiger Covenants des Konsortialkreditvertrags über 86 Millionen Euro, der das Rückgrat der Konzernfinanzierung ist. SKW-Chef Michel sicherte dem Unternehmen einen Covenant Waiver bis Ende Mai. Im Gegenzug drangen die Banken auf die Verschärfung des Sparprogramms.
SKW sucht nach frischem Eigenkapital
Noch haben die laufenden Gespräche zwischen Michel und den drei finanzierenden Banken – Konsortialführer ist die Commerzbank – noch keinen Durchbruch gebracht. Das sorgt für Ungewissheit, zumal SKW auch noch dringend seine Eigenkapitaldecke stärken muss. Die Verbuchung zusätzlicher Sonderlasten aus einem zurückliegenden Kartellrechtsverstoß führte dazu, dass SKW im Jahresabschluss 2015 den Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals einräumen musste.
Immerhin geht es in den Bankengesprächen offenbar nicht um neue Kredite: Nach Aussage von SKW benötigt der Stahlzulieferer keine zusätzlichen Linien zur Abfederung der laufenden Restrukturierung. Gegenstand der Gespräche sind in erster Linie neue Covenants – und vermutlich auch die Kreditkonditionen. Den Handlungsbedarf sehen Management und Aufsichtsrat eher auf der Eigenkapitalseite. Derzeit prüfen sie „verschiedene Optionen, die Eigenkapitalbasis zu stärken“, informierte SKW kürzlich am Rande einer Analystenkonferenz.
Einen Finanzvorstand, der sich typischerweise um solche Dinge kümmert, gibt es bei SKW derzeit nicht. Seitdem im Oktober 2015 Finanzchefin Sabine Kauper SKW verlassen hat, agiert der Konzern trotz seiner prekären Lage ohne CFO. Auch diesen Umstand hat der Investor MCGM in der Vergangenheit schon mehrfach kritisiert. Wie FINANCE erfahren hat, ist SKW trotzdem nach wie vor nicht aktiv auf der Suche nach einem neuen Finanzchef. Dies könnte sich in wenigen Wochen ändern, wenn es den Finanzinvestoren tatsächlich gelingen sollte, in den Aufsichtsrat einzuziehen.
michael.hedtstueck[at]financemagazin.de
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