Einen noch dramatischeren Vorspann einer Hauptversammlung gab es wohl nur selten. Der Energiekonzern Uniper und sein Großaktionär Fortum sind weiter auf Konfrontationskurs, dabei hatte es kurzzeitig nach einer Entspannung ausgesehen: Die aktivistischen Investoren Elliott und Knight Vinke hatten am gestrigen Dienstag ihre Anträge für die Hauptversammlung zurückgezogen, die in den vergangenen Tagen und Wochen für so viel Unruhe sorgten.
So hatte der Hedgefonds Elliott gefordert, dass Uniper einen Beherrschungsvertrag mit dem Großaktionär Fortum schließt, der bereits knapp 50 Prozent der Anteile an dem deutschen Konzern hält. Der Investor Knight Vinke wollte außerdem über eine Zerschlagung des Konzerns abstimmen lassen – durch Abspaltung entweder des russischen oder des schwedischen Geschäfts. Ziel der Anträge war es, Fortum nach einem monatelangen Streit mit dem Uniper-Management den Weg freizuräumen. Ein Veto der russischen Kartellbehörden verhindert derzeit eine Mehrheitsübernahme durch die Finnen.
Wie der Großaktionär Fortum selbst zu diesen Anträgen voller Sprengkraft steht, war lange nicht klar. In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ stellte Fortum-Chef Pekka Lundmark erst gestern, also einen Tag vor der Hauptversammlung, klar: Fortum wolle keine Zerschlagung des Uniper-Konzerns. Auch den Antrag auf einen Beherrschungsvertrag hätte der Großaktionär abgelehnt.
Fortum will Entlastung des Vorstands verschieben
Da die Zerschlagung vom Tisch ist, hätte man erwarten können, dass der große Showdown auf der Hauptversammlung ausbleibt. Doch weit gefehlt – Fortum-Chef Lundmark sorgte selbst für den Paukenschlag: Er kündigte an, die Entlastung des Uniper-Managements vertagen zu wollen. „Dazu sind wir noch nicht bereit. Dazu fehlt es noch an Transparenz“, erklärt er im Handelsblatt-Interview (ein Update von 17:00 Uhr hierzu finden Sie am Ende des Artikels).
FINANCE-Köpfe
Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass Fortum noch mehr darüber erfahren will, wie es dazu kam, dass die russischen Kartellbehörden zwar den Einstieg des Aktionärs bei Uniper genehmigt haben, aber nur bis zu einer Schwelle von 50 Prozent. Dieser Vorgang sei nicht transparent, sagt Lundmark. Eine Sonderprüfung wolle man Uniper deshalb aber nicht aufbürden, stelle er klar. Über einen entsprechenden Antrag wird heute abgestimmt.
Aufsichtsratsvorsitzender weist Vorwürfe zurück
Bernhard Reutersberg, Aufsichtsratsvorsitzender von Uniper, reagierte prompt mit harten Worten auf die Vorwürfe gegen den Uniper-Vorstand. „Ich weise die erneut erhobenen Vorwürfe gegen das Uniper-Management in Bezug auf die regulatorischen Beschränkungen in Russland entschieden zurück“, teilt er mit. „Abgesehen davon, dass Fortum diese Vorwürfe niemals begründet oder konkretisiert hat, haben wir seit über einem Jahr alles unternommen, um jeglichen Zweifel an einem möglichen Fehlverhalten des Uniper-Vorstands auszuräumen.“ Aufsichtsrat und externe Gutachter hätten das Vorgehen geprüft.
Reutersberg fordert von Fortum auf der heutigen HV, „ein klares Zeichen für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit zu setzen“. Uniper selbst hatte ein Zeichen für den Neuanfang schon vor einiger Zeit gesetzt: CEO Klaus Schäfer und CFO Christopher Delbrück, die beide gegen die Übernahme durch Fortum sind, werden ihre Posten bei Uniper räumen.
CFO Christopher Delbrück zieht rote Linie
Der scheidende CFO Christopher Delbrück nutzt denn seine in Vertretung für Klaus Schäfer gehaltene Rede zum Beginn der Hauptversammlung, um noch einmal seine Sicht der Dinge darzulegen. Die Sicherstellung eines stabilen Investmentgrades sei die „rote Linie“ für jegliche Form der Kooperation, erklärt er. Das Uniper-Rating könne herabgesetzt werden, wenn Fortum eine Mehrheitsbeteiligung an Uniper erwirbt und die Unabhängigkeit von Uniper verringert würde, so der Finanzchef.
Ob auch der neue Vorstand die Lage so einschätzt oder in der Zusammenarbeit mit Fortum einen anderen Weg sucht, ist noch völlig offen. Klar ist, dass die heutige Hauptversammlung das Verhältnis der beiden Parteien nicht verbessern wird.
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Update 22.05., 17:00 Uhr: Fortum hat sich mit seinem Antrag durchgesetzt, die Entscheidung über eine Entlastung des Vorstands für die Jahre 2017 und 2018 zu vertagen. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa-AFX.
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Alles rund um den Streit zwischen Fortum und dem Unternehmen finden Sie auf unserer Themenseite zu Uniper.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.