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„Für Investitionen sehen wir zurzeit wenig Anreiz“

Die Deutsche EuroShop investiert ausschließlich in Shoppingcenter wie das Hamburger Phoenix-Center. Quelle: Deutsche EuroShop

FINANCE Magazin: Viele Unternehmen befürchten durch Basel III eine Kreditverknappung. Die Deutsche EuroShop jongliert als Immobilieninvestor mit enormen Kreditsummen. Bekommen Sie noch Geld?
Olaf Borkers: Ja, aber auch wir merken, dass das Risikobewusstsein der Banken gestiegen ist. Der Kreis der Häuser, die wir für Immobilienkredite ansprechen können, ist kleiner geworden. Einige deutsche und ausländische Banken haben sich komplett aus dem deutschen Markt zurückgezogen. Wer Geschäft macht, sucht gesunde Risiken. Wir achten deshalb darauf, unsere Eigenkapitalquote über 45 Prozent zu halten.

FINANCE Magazin: Über welche Summen verhandeln Sie mit den Banken?
Olaf Borkers: Meist fragen wir Beträge zwischen 60 und 120 Millionen Euro an. Summen über 50 Millionen Euro sind aber für manche Häuser schon nicht mehr zu stemmen, auch Laufzeiten von über fünf Jahren können ein Problem werden. Wir bevorzugen aber langfristige Kredite mit Laufzeiten von zehn Jahren und mehr. Da wir in unseren Einkaufszentren auch Mietverträge über zehn Jahre abschließen, können wir für diesen Zeitraum einen konstanten Cashflow einplanen. Das  hilft uns, unsere Vorstellungen der Laufzeit gegenüber den Banken durchzusetzen.

FINANCE Magazin: Wie gehen Sie bei Verhandlungen vor? Die Summen, die Sie aufrufen, wird ja keine Bank so einfach zur Verfügung stellen.
Olaf Borkers: Nein, derart hohe Beträge müssen oft von mehreren Gremien bewilligt werden. Die Prüfungen sind intensiver, und das kommt für uns nicht überraschend. Nach der Krise sind auch Clubdeals häufiger geworden, da dauert die Absprache dann noch länger. Wir schauen uns daher jeden Kredit deutlich mehr als ein Jahr vor Fälligkeit an und gehen die Refinanzierung an. Eine Finanzierung unter Zeitdruck abzuwickeln wäre weder für uns schön noch für die Banken. Wenn ein neuer Kredit ansteht, bitten wir meist fünf bis sieben Banken um ein Angebot. Aus den Angeboten ergeben sich häufig erstaunliche Bandbreiten. Auf Basis eines unverbindlichen Term Sheets einigen wir uns mit der Bank auf die Konditionen des Kredits. Dann muss die Bank intern die Freigaben einholen. Von der ersten Anfrage bis zur finalen Zusage der Bank vergehen oft drei bis fünf Monate.

FINANCE Magazin: Gibt es Kriterien, die ein Angebot sofort  ins Abseits stellen?
Olaf Borkers: Wir meiden Covenants, die auf Bewertungen basieren. Wir denken in Cash, denn damit zahlen wir Zinsen und Tilgung. Ein Kreditangebot, das unter dem Vorbehalt der Syndizierung steht, ist auch schwierig. Das Risiko, dass das Geschäft dann zu den angestrebten Konditionen doch nicht zustande kommt, ist uns zu groß.

FINANCE Magazin: Auch bei Clubdeals?
Olaf Borkers: Ein Clubdeal mit drei oder vier anderen Banken als Vertragspartner ist kein Problem für uns.

FINANCE Magazin: Wie viele Kreditbeziehungen unterhalten Sie insgesamt?
Olaf Borkers: Die Deutsche Euroshop hat ein Kreditportfolio von 1,4 Milliarden Euro und macht mit 24 Banken Kreditgeschäft. Dahinter stehen dann teilweise noch Sparkassen und Volksbanken, an die die Kreditbanken Teile der Finanzierungen syndizieren.

FINANCE Magazin: In den vergangenen Monaten war das Zinsumfeld für Kredite so günstig wie lange nicht mehr. Das muss Sie doch gereizt haben!
Olaf Borkers: Ja, wir haben das günstige Zinsumfeld auch reichlich ausgenutzt. Wir hatten in unserem Portfolio mehrere Kredite mit einer Zinsbindung von zwölf oder 13 Jahren, die bei Bedarf nach zehn Jahren kündbar waren. Das haben wir getan und umfinanziert. Manchmal bei der gleichen Bank und manchmal bei einer anderen Bank. Dazu kamen aber auch Neukredite.

FINANCE Magazin: Dreizehn Jahre sind eine ziemlich lange Bindungsdauer.
Olaf Borkers: Wir gehören in der Immobilienbranche zu den Unternehmen, die die längsten Zinsbindungsfristen vereinbaren. Wir setzen eher auf langfristige Planbarkeit als auf kurz- oder mittelfristige Vorteile durch kürzere Zinsfestschreibungen. In einem Zinsumfeld wie 2011 konnten wir historisch niedrige Zinsen langfristig für uns sichern. Lange Zinsbindungen mit der gesetzlich verankerten Kündigungsmöglichkeit kamen uns in Zeiten der Kreditverknappung entgegen. Als die Zinsen 2010 weiter fielen, haben wir einige Darlehen ohne Schaden gekündigt und zu günstigeren Konditionen neu abgeschlossen. In den zurückliegenden zwei Jahren haben wir Kredite über rund 800 Millionen Euro, verteilt auf zehn Verträge, ausgehandelt. Davon entfielen allein acht Verträge mit einem Volumen von 500 Millionen Euro auf das Jahr 2011.

FINANCE Magazin: In welchen Punkten haben sich die Konditionen für diese Kredite verbessert?
Olaf Borkers: Wir haben sowohl die Zinskosten gesenkt als auch das Fälligkeitenprofil verbessert. Unsere alten Kredite liefen mit Zinssätzen von 5,6 bis 6 Prozent und hatten im Schnitt Restlaufzeiten von drei Jahren. Die neu verhandelten Kredite bewegen sich bei den Zinsen zwischen 3,6 und 4,5 Prozent, bei einer durchschnittlichen Restlaufzeit von 8,8 Jahren. Dadurch ist die durchschnittliche Verzinsung unseres gesamten Kreditportfolios, das 1,4 Milliarden Euro schwer ist, von 5,03 auf knapp 4,6 Prozent zurückgegangen. Damit beschert uns die Refinanzierung eine jährliche Zinsersparnis von 5,6 Millionen Euro, und das für die nächsten sieben Jahre.

FINANCE Magazin: Ist die Deutsche EuroShop dann für die nächsten Jahre durchfinanziert?
Olaf Borkers: Wir haben in diesem Jahr keine Kreditfälligkeiten, das heißt aber nicht, dass wir uns nicht mit dem Thema beschäftigen. 2013 stehen 66 Millionen Euro zur Refinanzierung an, 2014 sind es dann gut 200 Millionen Euro. Zurzeit verhandeln wir schon über die vorzeitige Refinanzierung von gut 67 Millionen Euro aus dieser Tranche, da wird es in den kommenden Wochen ein Ergebnis geben.

FINANCE Magazin: Wäre eine Finanzierung außerhalb des Bankenmarkts denkbar, etwa über Anleihen?
Olaf Borkers: Anleihen sind für uns nicht so interessant wie ein klassischer Kredit. Zum einen wären sie für uns teurer als Kredite. Wir haben auch nicht die Befürchtung, dass die Banken als Finanzierungsquelle für uns versiegen werden – nicht zuletzt, weil ein großer Teil des Kapitals, das sie uns zur Verfügung stellen, durch die Immobilien besichert ist und in den Deckungsstock für Pfandbriefe fließen kann. Das ist zurzeit konkurrenzlos günstig. Der andere Nachteil an Anleihen ist, dass sie ein bekanntes Fälligkeitsdatum haben, auf das alle schauen. Mit Krediten sind wir flexibler und nicht abhängig von volatilen Börsenstimmungen zum Fälligkeitszeitpunkt.

FINANCE Magazin: In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Gerüchte über eine Kapitalerhöhung. Ist da etwas geplant?
Olaf Borkers: Kapitalerhöhungen sind bei uns immer mit einer konkreten größeren Akquisition verbunden. Unseren Cashflow-Überschuss  reichen wir größtenteils als Dividende an die Aktionäre weiter. Daher haben wir keine Kriegskasse für Zukäufe, aber eben auch keinen Anlagedruck, weil kein Kapital ungenutzt herumliegt. Für ein Investment erhalten wir  die benötigten Eigenmittel über Kapitalerhöhungen. Zudem haben wir eine Investitionskreditlinie über 150 Millionen Euro. Bei Bedarf können wir noch einmal denselben Betrag als  langfristigen Kredit dazu bekommen. Mit diesen 300 Millionen Euro sind wir handlungsfähig.

FINANCE Magazin:
Ist der Betrag zurzeit vollständig verfügbar?
Olaf Borkers: Wir haben von diesem Potential über 300 Millionen Euro rund 140 Millionen Euro in 2011 genutzt, im Wesentlichen, um einen 50-prozentigen Anteil an einem Shoppingcenter in Magdeburg zu kaufen. 160 Millionen Euro könnten wir also zurzeit investieren. Aber für Investitionen sehen wir zurzeit wenig Anreiz.

FINANCE Magazin: Wieso nicht?
Olaf Borkers: Die Nachfrage nach Shoppingcentern ist stark gestiegen, die Preise haben deutlich angezogen. Wir fühlen uns an die Zeit um 2007 erinnert, da war es ähnlich. Die wichtigste Kenngröße für uns ist die Nettoanfangsrendite, das Vermietungsergebnis im Verhältnis zu den Anschaffungskosten des Objekts. Damit sich ein Investment für uns lohnt, sollte die mindestens 5,5 Prozent betragen. 2007 lagen die Nettoanfangsrenditen zum Teil unter 5 Prozent. Deshalb haben wir ab 2007 kein neues Center gekauft. Erst 2010 haben wir wieder über 400 Millionen Euro zu deutlich besseren Renditen investiert. Zurzeit sehen wir teilweise wieder Nettoanfangsrenditen unter 5 Prozent, also halten wir uns zurück. Zwar könnten günstige Zinskosten eine niedrige Anfangsrendite zurzeit kompensieren, aber wenn die Zinsen wieder steigen, könnte so ein Investment zum Verlustbringer werden. 

FINANCE Magazin: Sie haben nach einem Urteil gegen eine andere Gesellschaft Rückstellungen gebildet, um auf veränderte gewerbesteuerrechtliche Rahmenbedingungen zu reagieren. Ihre Steuerquote hat sich erhöht. Es gab Gerüchte über einen Standortwechsel. 
Olaf Borkers: Das Urteil betrifft uns für 2011 deutlich weniger stark als zunächst angenommen, weil Zeiträume vor 2011 wesentlich betroffen waren. Aber es ergeben sich Konsequenzen für die Zukunft. Wie wir reagieren werden, können wir noch nicht abschließend darstellen. Wir möchten die Möglichkeiten mit unseren Steuerberatern abstimmen und daraus gegebenenfalls ­Alternativen entwickeln.

sabine.reifenberger(*)finance-magazin(.)de

FINANCE-TV: Olaf Borkers über die Situation am Markt für Großkredite

Info

Der CFO

Olaf Borkers
, Jahrgang 1964, war sechs Jahre lang Schiffsoffizier bei der Bundesmarine, bevor er 1990 eine klassische Finanzkarriere startete. Nach einer Banklehre bei der Deutschen Bank und dem BWL-Studium arbeitete er als Kreditanalyst für die Deutsche Bank und wechselte 1998 als Vorstands­assistent zur RSE Grundbesitz und Beteiligungs AG. Ein Jahr später wurde er in den Vorstand der TAG ­Tegernsee Immobilien und Beteiligungs-AG berufen, wo er die Bereiche Finanzen und Investor Relations verantwortete. Seit Oktober 2005 ist Borkers Mitglied des Vorstands der Deutschen EuroShop.

Info

Das Unternehmen

Die Deutsche Euroshop hat im Jahr 2000 ihre ersten acht Beteiligungen erworben. Seit Januar 2001 ist das Unternehmen börsennotiert und heute im MDAX gelistet. Das Unternehmen investiert ausschließlich in Shoppingcenter und ist zurzeit an 19 europäischen Einkaufscentern in Deutschland, Österreich, Polen und Ungarn beteiligt, unter anderem am Main-Taunus-Zentrum in Sulzbach bei Frankfurt und am Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim.