Der Pharmazulieferer Gerresheimer will in den nordamerikanischen Markt expandieren und dafür durchaus tiefer in die Tasche greifen. „Einen Kauf von 200 bis 300 Millionen Euro Umsatz halte ich für machbar“, verriet CEO Uwe Röhrhoff der Börsen-Zeitung. Man beobachte den US-Markt sehr intensiv und wolle insbesondere die Aktivitäten rund um medizinische Geräte wie Allergiker-Pens und Inhalatoren ausbauen.
Das angekündigte Volumen ist für Gerresheimer eine signifikante Größenordnung. Zuletzt wurde das Unternehmen Ende 2012 auf dem M&A-Markt aktiv, als man den indischen Kunststoffverpackungshersteller Triveni für 52,2 Millionen Euro kaufte. Gerresheimer hat aktuell einen Unternehmenswert von rund 2 Milliarden Euro, was in etwa dem 1,5-fachen Umsatz entspricht. Daran gemessen könnte der von Röhrhoff in Aussicht gestellte US-Zukauf durchaus ein Volumen von rund einer halben Milliarde Euro erreichen.
Röhrhoff und sein CFO Rainer Beaujean beklagen aber, dass es im hartumkämpften US-Markt derzeit an ernstzunehmenden Targets für einen M&A-Deal mangelt, die den Preisvorstellungen des Gerresheimer-Managements entsprechen. „Wir haben uns in der Vergangenheit einige Unternehmen in der Größenordnung angeschaut“, sagte Röhrhoff. Handelseinig wurde man jedoch nicht.
Gerresheimer wäre für einen großen M&A-Deal gerüstet
Spielraum für eine größere Akquisition scheint vorhanden zu sein. In den ersten drei Quartalen 2014 erwirtschafteten die Düsseldorfer einen bereinigten operativen Gewinn (Ebitda) von rund 175 Millionen Euro – rund 4 Prozent über Vorjahresniveau. Die Eigenkapitalquote liegt bei soliden 35,9 Prozent bei einer Bilanzsumme von 1,6 Milliarden Euro. Die Nettofinanzschulden von 460 Millionen Euro entsprechen – aufs Jahr hochgerechnet – in etwa dem 1,8-fachen bereinigten Ebitda. „Unseren Leverage könnte man bequem auf über 3x hochfahren“, meint Röhrhoff. Für eine größere Investition könne man zudem noch Eigenkapital aufnehmen.
Ob es in nächster Zeit zu einem Deal kommt, ist jedoch fraglich. Die Aussichten für das kommende Geschäftsjahr sind verhalten. Gerresheimer baut ein US-Werk früher als geplant um, wodurch die Produktion für etwa zwei Monate stillgelegt werden muss. Auch ein Medikament, zu dem Gerresheimer Verpackungsmaterialien liefert, wird 2015 erst mit Verzögerung eingeführt. Den Konzern kostet das Röhrhoff zufolge einen unteren zweistelligen Millionenbetrag.
PE-Investoren treiben Preise in den USA
Zudem beklagt der CEO die hohen Preise für Unternehmenskäufe in Nordamerika. Durch das niedrige Zinsniveau sind PE-Investoren in der Lage, hohe Summen zu bezahlen. Deshalb muss Gerresheimer möglicherweise ausweichen, Röhrhoff bringt dafür die Schwellenländer ins Spiel.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.