Ein neues Vorstandsteam soll den Modekonzern Gerry Weber aus der Krise führen. Neben dem CEO wird dort künftig ein anderer Vorstand maßgeblichen Einfluss ausüben: Florian Frank wurde mit sofortiger Wirkung zum Restrukturierungsvorstand (Chief Restructuring Officer, CRO) berufen. Frank, der bereits verschiedene CRO- und CFO-Mandate interimistisch begleitet hat und Partner der Münchener Unternehmensberatung Wieselhuber ist, soll bei Gerry Weber zunächst bis Ende Dezember 2019 im Amt bleiben.
Zudem gibt Vorstandschef Ralf Weber zum Monatsende seinen Posten ab. Er hatte den Posten seit Anfang 2015 inne. Der Aufsichtsrat kam dem Wunsch nach diesem Schritt „mit großem Bedauern“ nach, wie das Unternehmen mitteilte. Weber wird dem Unternehmen allerdings eng verbunden bleiben und nach dem Ende seiner Vorstandstätigkeit in den Aufsichtsrat wechseln.
Dort zieht sich Unternehmensmitgründer Gerhard Weber aus Altersgründen zurück. Die Nachfolge auf dem Chefposten ist bereits geregelt: Neuer CEO wird zum 1. November Johannes Ehling, bislang Chief Sales und Chief Digital Officer im Vorstand.
Gerry Weber sucht weiter nach einem CFO
Vollständig besetzt ist der Vorstand damit allerdings noch nicht. Die Suche nach einem neuen Finanzvorstand war bislang nicht erfolgreich. Der Aufsichtsrat teilte mit, er setze die Suche „unvermindert fort“. Eine Lösung scheint jedoch noch nicht absehbar. Von Unternehmensseite heißt es lediglich, man strebe „eine zeitnahe Besetzung der Vakanz an“.
Der CFO-Posten ist bereits seit Anfang August unbesetzt, als der wenige Monate zuvor berufene Jörg Stüber aus gesundheitlichen Gründen seinen Rückzug aus dem Vorstand bekanntgab. Zurzeit liegt die CFO-Verantwortung interimistisch noch beim scheidenden CEO Weber und dürfte damit zunächst auf seinen Nachfolger Ehling übergehen.
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Neben der Suche nach einem Finanzchef sucht Gerry Weber auch nach einem Produktvorstand. Die Position wird neu geschaffen. Der Produktvorstand soll künftig die Marken des Modekonzerns am Markt positionieren und den Bereich Beschaffung verantworten.
Vorstandswechsel treibt Aktienkurs von Gerry Weber
Dass sich künftig ein Restrukturierungsexperte um die Belange des kriselnden Modeunternehmens kümmert, hat bei den Aktionären für Erleichterung gesorgt. Der Aktienkurs des Modehauses, der auf Jahressicht rund 70 Prozent an Wert eingebüßt hat und phasenweise unter der 3-Euro-Marke lag, legte am Donnerstagvormittag um mehr als 15 Prozent zu.
Die Veränderungen seien grundsätzlich positiv, die enge Verknüpfung der Familie mit dem Tagesgeschäft habe radikaleren Reformen in den vergangenen Jahren im Weg gestanden, schrieb Analyst Christian Salis von der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Aktuell kontrolliert die Gründerfamilie Weber knapp 34 Prozent der Anteile, die Erben des Mitgründers Udo Hardieck besitzen 17 Prozent. Zusammen stellen die beiden Familien damit die Mehrheit.
Gerry Weber Aktie erholt sich etwas
Gerry Weber will Mitte Oktober die Ergebnisse eines vor wenigen Tagen in Auftrag gegebenen Sanierungsgutachtens veröffentlichen. Ein solches Gutachten wird in der Regel auf Wunsch der Geldgeber beauftragt. Auch die Bestellung eines CRO wird häufig nicht zuletzt auf Druck von Kapitalgebern forciert. Gerry Weber muss im November zwei Tranchen eines 2015 begebenen Schuldscheins refinanzieren.
Zweites Restrukturierungsprogramm läuft
Gerry Weber steckt bereits seit längerer Zeit in einer Restrukturierung. Nach dem abgeschlossenen Restrukturierungsprogramm „Fit4 Growth“ hat der Konzern im Sommer ein zweites Programm zur Performance-Verbesserung aufgelegt.
Auch operativ läuft es nicht rund. Neben Belastungen durch die laufende Restrukturierung litt Gerry Weber wie viele Wettbewerber unter dem heißen Sommer, der den Absatz vieler Bekleidungsunternehmen drückte. Für das dritte Quartal musste Gerry Weber kürzlich einen Verlust von fast 11 Millionen Euro vermelden.
Info
Welche Unternehmen zurzeit ebenfalls in schwerem Fahrwasser sind und welche regulatorischen Vorgaben zu beachten sind, lesen Sie auf unserer Themenseite Restrukturierung.
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