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Grammer präsentiert die Hastor-Rechnung

Die Attacke der Hastor-Familie hat Grammer zunächst überstanden. Doch der Abwehrkampf hat den Automobilzulieferer einiges gekostet, wie sich jetzt zeigt.
Grammer

Die Abwehrschlacht gegen die Investorenfamilie Hastor hat den Autozulieferer Grammer im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres stark beeinträchtigt. Die Abwehrschlacht hatte sich bis zur Hauptversammlung Ende Mai und damit bis fast ans Ende des zweiten Quartals hingezogen. Die wirtschaftlichen Folgen des Machtkampfes zeigen sich nun deutlich in den Zahlen für das zweite Quartal: Das Ebit des Automobilzulieferers lag nur noch bei 12,6 Millionen Euro und war damit rund 40 Prozent niedriger als im ersten Quartal, als die Amberger noch 22,5 Millionen Euro erzielten.

Das Ergebnis nach Steuern, das nach dem ersten Quartal bei 14 Millionen Euro lag, konnte Grammer im zweiten Quartal nur um weitere 6 Millionen Euro auf einen Halbjahreswert von insgesamt 20 Millionen Euro steigern, leicht weniger als im Vorjahreszeitraum. 

Grammer: Lage bei Auftragseingängen enttäuschend

Noch kritischer als das belastete Quartalsergebnis ist die abschreckende Wirkung, die das Hastor-Engagement auf potentielle Grammer-Kunden entfaltet hat. Die Vorgänge seien „belastend“, räumt das Unternehmen ein, auch mit Blick auf den Auftragseingang für zukünftige Produkte. Schlimmer noch: „Eine Kompensation ist aus heutiger Sicht nicht sichergestellt“, mahnt Grammer. Zudem könnten weitere besondere Aufwendungen anfallen. Das bedeutet: Aufträge, die im ersten Halbjahr verloren gegangen sind, kehren womöglich nicht zu Grammer zurück und müssten durch Neuaufträge an anderer Stelle abgefangen werden.

Damit könnte das Hastor-Engagement Grammers Ziele gefährden, bei denen sich die Amberger aufgrund verbesserter operativer Prozesse grundsätzlich auf gutem Wege sehen. Für das Gesamtjahr rechnet Grammer mit einer Umsatzsteigerung von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das operative Konzern-Ebit – das um Währungs- und Einmaleffekte bereinigt ist – soll ebenfalls über Vorjahr liegen. Allerdings setzt dies voraus, dass Grammer bei anstehenden Auftragsvergaben von Premiumherstellern erfolgreich zum Zuge kommt.

Abwehr der Hastors hat bislang noch zu keiner Trendwende geführt

Doch der Auftragseingang ist zur Achillesferse des Zulieferers geworden. Auftragseingänge und Geschäftsabschlüsse seien „auch im zweiten Quartal insbesondere bei den deutschen OEMs weiterhin unbefriedigend“, räumt Grammer ein, ohne Details zu nennen.

Analyst Christian Ludwig vom Bankhaus Lampe schätzt, dass aufgrund des Hastor-Angriffs im ersten Halbjahr um 300 Millionen Euro weniger Aufträge eingingen als im Vorjahreszeitraum. „Das dritte Quartal wird zeigen, ob die Kunden genügend Vertrauen in Grammer haben, um das Unternehmen wieder mit größeren Projekten zu betrauen“, erwartet der Analyst. Grammer selbst schreibt, dass die Abwehr des angestrebten Kontrollwechsels sich bislang „nicht in der Breite auf den Auftragseingang im zweiten wie auch bislang im dritten Quartal ausgewirkt“ habe. Die Kunden warten also nach wie vor ab.

Gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung liegt derzeit eine Anfechtungsklage vor, mit der die Entlastung der Vorstandsmitglieder sowie die Entlastung von elf der zwölf Aufsichtsräte angefochten werden soll. Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.

Aktienkurs von Grammer verliert deutlich

Strategisch zumindest kann Grammer auf die Rückendeckung des weißen Ritters Ningbo Jifeng setzen, der über sein Vehikel JAP Capital Holding mittlerweile mehr als 20 Prozent der Grammer-Anteile hält und damit zum größten Einzelaktionär aufgestiegen ist. Das Hastor-Lager hält über die Gesellschaften Halog und Cascade zusammen ebenfalls rund 20 Prozent. Theoretisch könnte das Hastor-Lager allerdings bei beiden Vehikeln über die Börse einen Anteil von jeweils 14,9 Prozent aufbauen, ohne dies melden zu müssen. Ningbo Jifeng will in den kommenden zwölf Monaten weitere Stimmrechte zukaufen.

Für Grammer ist ein starker Partner wichtiger denn je. Lassen sich die Kunden nicht von der Stabilität des Zulieferers überzeugen, sind die Ziele der Amberger akut in Gefahr. Am Kapitalmarkt brach die Aktie am heutigen Mittwoch um fast 5 Prozent ein: Die Hiobsbotschaften bei den Auftragseingängen ließen das Papier bis zum Nachmittag von knapp 49,40 Euro auf 46,90 Euro abstürzen. In der Spitze war die Aktie im April auf mehr als 60 Euro geklettert.

Info

Wer sich noch mit unliebsamer Einflussnahme herumschlagen muss, lesen Sie auf unserer Themenseite über aktivistische Investoren.