Bei dem insolventen Modeunternehmen Strenesse ist es zum Bruch zwischen Aufsichtsrat und Vorstand gekommen. Offenbar hat das Aufsichtsgremium rund um dem Vorsitzenden Gerd Strehle versucht, Restrukturierungsvorstand Michael Pluta aus seinem Amt zu entheben. Strehle ist der Sohn des Firmengründers und hat Strenesse lange geführt.
Doch der Putsch misslang: Da sich das bayerische Unternehmen in einem gerichtlichen Sanierungsverfahren befindet, muss Sachwalter Jörg Nerlich einer solchen Entscheidung zustimmen. Der aber stellt sich auf die Seite von CRO Pluta.
Michael Pluta ist seit April 2014 im Amt
Strenesse hatte im April 2014 einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Damals hatte Pluta auch das Amt des Restrukturierers eingenommen. Hohe Verluste und Wertberichtigungen hatten das Eigenkapital des Unternehmens zuvor verbrannt.
Wenige Monate nach Plutas Dienstantritt verabschiedete sich Luca Strehle als letztes Familienmitglied aus der Unternehmensleitung. Der Vorstand besteht seitdem aus Sanierer Pluta und dem seit Herbst 2013 amtierenden CFO/COO Gerhard Geuder. Der Aufsichtsrat ist jedoch weiterhin in Familienhand.
Die Neubesetzung des Vorstands zeigte Wirkung: Zuletzt hatte sich die Situation für Strenesse wieder verbessert. Im Geschäftsjahr 2014/15 (31. Mai) konnte CFO Geuder beim operativen Gewinn (Ebit) eine schwarze Null vorweisen. Die Zahlen haben offenbar potentielle Investoren angelockt.
Laut einer Mitteilung des Vorstands befindet sich Strenesse in „fortgeschrittenen Verhandlungen“ mit einem interessierten Käufer, der ein ein „langjähriges Fortführungskonzept“ vorgelegt habe. Nähere Details zum anstehenden M&A-Deal – etwa, ob es sich beim Käufer um einen Private-Equity-Investor handelt – ließ sich ein Strenesse-Sprecher gegenüber FINANCE nicht entlocken.
Sachwalter und Gläubigerausschuss unterstützen Strenesse-Vorstand
Doch die Inhaberfamilie Strehle sieht den Verkauf kritisch. Wie der Spiegel Online berichtet, befürchtet die Familie, dass die neuen Investoren das Unternehmen zerschlagen wollen. Die Eigentümer bevorzugen ein alternatives Angebot eines Branchenkonsortiums – also einem Zusammenschluss anderer Modehändler. Dieses habe Restrukturierer Michael Pluta jedoch nicht berücksichtigt, wodurch es zum Bruch gekommen ist.
Der Aufsichtsrat, rund um Chef Gerd Strehle, hat jedoch keine Mittel, um den Verkaufsprozess aufzuhalten. Die Gespräche, die Restrukturierer Pluta und CFO Geuder führen, sind mit dem Sachwalter und dem Gläubigerausschuss abgestimmt. Strenesse hat eine 12 Millionen Euro schwere Mittelstandsanleihe am Markt. Das Papier notiert derzeit bei 45 Prozent.
Haben die Strehles die Situation unterschätzt?
Es scheint, als hätte die Inhaberfamilie Strehle unterschätzt, wie viel Macht Sie abgegeben hat, als sie Strenesse in der Hände von Pluta und Geuder legte. Dadurch, dass der Vorstand von Sachwalter Nerlich und dem Gläubigerausschuss unterstützt wird, kann die insolvente Modefirma auch ohne die Zustimmung der Inhaberfamilie verkauft werden. Das sagte ein Sprecher des Strenesse-Vorstands gegenüber FINANCE.
Mittlerweile gibt es aber Annäherungen der beiden zerstrittenen Parteien. So stehen Michael Pluta und die Inhaberfamilie im Austausch. Zu inhaltlichen Details wollte sich das Unternehmen auf Nachfrage jedoch nicht äußern.
Info
Alles über den Überlebenskampf des Modehauses und die Hintergründe der Insolvenz lesen Sie auf der FINANCE-Themenseite Strenesse.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.