Sie sind eine Partnerschaft mit dem PE-Investor KKR eingegangen – ein Deal, der Aufsehen erregt und Hertha BSC ein Finanzierungspaket aus Equity, Kredit und Signing Fee im Gesamtvolumen von 61 Millionen Euro verschafft hat. Was verspricht sich Hertha von diesem Deal?
Eine ganze Reihe positiver Effekte, vor allem was unsere Finanzen betrifft. Wir werden sämtliche Finanzverbindlichkeiten, die den Großteil unserer Verbindlichkeiten ausmachen, zurückzahlen und unser Eigenkapital stärken. Außerdem haben wir rund die Hälfte der uns zufließenden 61 Millionen in den Rückkauf von TV-, Marketing- und Cateringrechten investiert. Vor einigen Jahren waren wir gezwungen, diese zu verkaufen – jetzt holen wir sie uns zurück. Das wird in den kommenden Jahren unsere Einnahmen und Erträge deutlich stärken.
Insgesamt lasteten bei Vertragsabschluss Schulden von 37 Millionen Euro auf Hertha BSC. War Hertha dringend auf Kapital von außen angewiesen, um sich finanziell zu stabilisieren?
Nein, aber die Vereinbarung mit KKR wirkt wie ein Katalysator für uns. Wir können uns jetzt viel schneller entwickeln, als uns das ohne diese Partnerschaft möglich gewesen wäre. Denn die durch den Rückkauf der Rechte erzielten Einsparungen und Zusatzeinnahmen können wir reinvestieren, um unsere Mannschaft zu verstärken.
Hertha-CFO Ingo Schiller: Höhere TV-Gelder dank KKR
Dem Deal liegen ein Unternehmenswert von 220 Millionen Euro und ein Eigenkapitalwert von 180 Millionen zu Grunde. Das entspricht nahezu der Bewertung, die für Borussia Dortmund beim Evonik-Einstieg angesetzt wurde. Keiner wird behaupten, Hertha befinde sich sportlich und wirtschaftlich auf Augenhöhe mit dem BVB. Worauf fußt dieser hohe Wert, den KKR offensichtlich in Ihrem Verein sieht?
Im Wachstumspotential der Bundesliga als Ganzes und von Hertha BSC im Besonderen. Wir sehen noch viele Wachstumschancen am Standort Berlin, aber auch in den Auslandsmärkten. Außerdem wirkt sich ein besseres sportliches Abschneiden, das wir uns von den zusätzlichen Investitionen in unseren Kader erhoffen, unmittelbar positiv auf die Umsätze aus. So bringt jeder höhere Tabellenplatz im TV-Ranking 1,2 Millionen Euro mehr Fernsehgelder pro Jahr. Das ist, worauf KKR setzt: der langfristige Wertzuwachs von Hertha BSC.
Wie sind Sie eigentlich mit KKR zusammengekommen, und wie hat sich die Zusammenarbeit mit dem Finanzinvestor angelassen?
Den Kontakt hat die Schweizer Investmentfirma IM 1872 hergestellt. KKR war der erste Partner, mit dem wir ernsthaft verhandelt haben. Die Zusammenarbeit entwickelt sich gut, wir sprechen viel miteinander, auch auf Arbeitsebene. Insbesondere beim Thema Auslandsexpansion wird uns KKR mit deren ausgesprochen guter Expertise von großem Wert sein.
Machtübernahme durch KKR? Nicht mit der DFL
KKR hat 9,7 Prozent erworben und die Option, auf 33 Prozent aufzustocken. Dann hätte KKR eine Sperrminorität, und die Amerikaner gelten als sehr aktiver Investor. Wie verändert diese Perspektive den Klub und das Agieren der Verantwortlichen?
Gar nicht. Wir würden uns freuen, wenn KKR eines Tages aufstocken würde, denn das würde ja wahrscheinlich bedeuten, dass unser Plan aufgegangen ist und sich Hertha BSC gut entwickelt. Vor einer zu großen Einflussnahme habe ich keine Angst, denn allein schon unsere Satzung sowie die Statuten der Deutschen Fußball-Liga (DFL) schließen aus, dass ein Teilhaber Einfluss auf das operative Geschäft nimmt. Diese Vorgaben, aber auch die 50+1-Regel sind extrem positiv für die Stabilität der Bundesliga.
Zu welchen Konditionen könnte KKR die Call-Option ausüben?
Jederzeit und zu der gleichen Bewertung, die dem Einstieg im Januar zu Grunde lag.
Und wenn KKR dann seine Anteile an einen Dritten weiterverkauft, was bei Private Equity üblich ist?
Dann hätte Hertha BSC ein Vorkaufsrecht sowie ein Vetorecht, falls wir Vorbehalte gegen den neuen Anteilseigner hätten. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass KKR uns einen inakzeptablen Käufer präsentieren würde, zumal wir ja auch jetzt schon grundsätzlich offen sind für die Hereinnahme weiterer Partner.
Profifußball ist per se kein gewinnorientiertes Geschäft. Wie verträgt sich das mit den Renditeerwartungen externer Investoren?
Ich denke, ganz gut – besonders in der Bundesliga, wo die meisten Vereine solide und gewinnorientiert wirtschaften. Und auch Hertha BSC kann nur davon profitieren, wenn zusätzliches Finanz- und Wirtschafts-Knowhow an Bord kommt.
Droht bei sportlichen Krisen nicht eine besondere Gefahr bei den Klubs, die jetzt Investoren an Bord holen – eine krisenbedingte Konfrontation zwischen Investoren, Fans und Managementteams?
Ich kann nur für Hertha BSC sprechen. In unserem Fall bin ich mir im Gegenteil sogar sicher, dass die Risiken einer großen Krise durch den Einstieg von KKR gesunken sind, schließlich stehen wir wirtschaftlich bei weitem nicht mehr so unter Druck wie in der Vergangenheit. Unsere verbesserte Finanzierungsstruktur und die breitere Erlösbasis würden Hertha BSC auch dann zu Gute kommen, wenn sich unsere sportlichen Erwartungen nicht erfüllen sollten.
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