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Kontron im Krisenmodus, Vorstand muss gehen

Kontron stellt unter anderem Kleincomputer für die Luftfahrt her. Jetzt sucht der Elektronikkonzern selbst die richtige Richtung.
auimeesri/iStock/Thinkstock/Getty Images

Kontron stürzt in die Krise: Nach einem sehr schlechten zweiten Quartal kassiert der Kleincomputerhersteller erneut seine Jahresprognose und setzt seinen gesamten Vorstand vor die Tür. Der Aufsichtsrat habe sowohl CEO Rolf Schwirz als auch Vorstandsmitglied Andreas Plikat abberufen, teilte das Unternehmen gestern am späten Abend mit. CFO Michael Boy hatte den börsennotierten Konzern bereits im Juni „aus persönlichen Gründen“ verlassen, wie es damals zur Begründung hieß.

Damit ziehen die Private-Equity-Investoren Warburg Pincus und Triton die Reißleine. Beide sind Großaktionäre von Kontron und auch im Aufsichtsrat vertreten: Warburg Pincus hält  18,6 Prozent, Triton 15 Prozent.

Bei Kontron übernehmen Restrukturierer das Ruder

Die Augsburger werden ab sofort von zwei Restrukturierungsexperten geleitet: CEO wird das bisherige Aufsichtsratsmitglied Sten Daugaard. Der Däne war von 2004 bis 2008 CFO des Wiesbadener SDax-Unternehmens SGL Carbon. Anschließend ging Daugaard zurück nach Dänemark. Dort gelang Daugaard als Group CFO auch der Turnaround beim damals kriselnden Spielzeughersteller Lego. Anschließend arbeitete er im Top-Management des dänischen Schmuckhändlers Pandora, einer der gegenwärtig erfolgreichsten Handelsketten Europas.

Dem Dänen wird Thomas Riegler an die Seite gestellt, der den Finanzbereich von Kontron seit März interimistisch leitet und nun in den Vorstand aufrückt. Riegler war zuletzt Finanzchef beim österreichischen Faserhersteller Lenzing, kennt sich aber auch mit Sanierungsfällen aus: Der ehemalige Roland-Berger-Berater begleitete als Daimler-Manager die Sanierungsversuche von Chrysler. Als CFO des Solarmaschinenbauers Centrotherm gelang ihm der Turnaround dagegen nicht: Das Unternehmen musste 2012 Insolvenz anmelden.

CFO Frank Gumbinger soll sein Amt wie geplant antreten

Frank Gumbinger, den Kontron erst vor wenigen Wochen als künftigen CFO vorgestellt hatte, soll seinen Posten dennoch wie geplant spätestens am 1. Januar 2017 antreten, teilte das Unternehmen mit. Ob Thomas Riegler dann aus dem Vorstand ausscheidet, sei aktuell noch nicht entschieden, erklärte eine Kontron-Sprecherin gegenüber FINANCE.

So oder so haben nun die Restrukturierer bei Kontron das Sagen. Das ist mit Blick auf die Zahlen auch notwendig, das Unternehmen leidet unter einer chronischen Umsatzschwäche. Im zweiten Quartal des Jahres brachen die Erlöse gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal um 16,5 Prozent auf 90,9 Millionen Euro ein. Das bereits um Restrukturierungskosten, Einmalkosten und Abschreibungen bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) fiel mit minus 10 Millionen Euro noch tiefer in den negativen Bereich als im Vorjahreszeitraum, als die Krise ihren Lauf nahm.

Die Analysten von Equinet sehen Kontron nun als „klaren Restrukturierungsfall“. Der Cash-Ausfluss bis Ende des Jahres könne signifikant sein, warnen die Analysten. Sie schließen Kapitalerhöhungen nicht aus, um die Bilanz zu stärken und Geld zur Finanzierung neuer Projekte aufzutreiben. Der neue CEO Sten Daugaard kündigte in einer eilig anberaumten Investorenkonferenz heute Morgen bereits ein Maßnahmenpaket an, um Kosten einzusparen und den Cashflow zu stärken. Die Kontron-Aktie bricht um 7 Prozent auf 2,30 Euro ein und erreicht damit den tiefsten Stand seit mehr als zehn Jahren. An der Börse ist das bayerische Unternehmen, das im vergangenen Jahr fast 470 Millionen Euro umsetzte, nur noch 130 Millionen Euro wert.

PE-Investoren Triton und Warburg Pincus bauen Einfluss aus

Die Finanzinvestoren Triton und Warburg Pincus nehmen den neue Vorstand zudem an die enge Leine: Das Management wird ab sofort von einer Task Force beraten, die aus drei Aufsichtsratsmitgliedern besteht, teilte das Unternehmen mit: Dazu gehören der Triton-Senior-Advisor Martin Bertinchamp und der Warburg-Pincus-Manager Harald Joachim Joos. Joos war lange Jahre Chef des Kranherstellers Demag und leitete das Unternehmen in der Zeit, in der es sich mit Hilfe des US-Finanzinvestors KKR neu aufstellte und anschließend an die Börse ging.

Der dritte Aufseher im Bunde ist Dieter Düsedau, der bis 2014 als Senior Partner bei der Strategieberatung McKinsey  für Telekom- und IT-Themen zuständig war. Triton und Warburg Pincus vergrößern damit ihren Einfluss auf das operative Geschäft von Kontron deutlich.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de