Die Coronakrise hat in nahezu allen Branchen die Pläne auf den Kopf gestellt – oft mit Abweichungen nach unten. Restrukturierungen und Sparprogramme sind in vielen Unternehmen auf der Agenda nach oben gerückt, viele Konzerne müssen Personal abbauen. Über solche Themen spricht niemand gern, dennoch ist die richtige Kommunikationsstrategie entscheidend. Einige Fehler sollten Unternehmen unabhängig von Branche und individueller Situation dabei vermeiden.
Fehler 1: Ausreden
Auch wenn die Coronavirus-Pandemie in vielen Unternehmen zumindest ein Teil des Problems ist, sollte man sie nicht als Vorwand missbrauchen, mahnt Volker Heck, Senior Partner bei der Kommunikationsberatung Deekeling Arndt/AMO.
„Man darf eine Krise nicht als Deckmantel heranziehen.“
In bestimmten Branchen, etwa im Bereich der Automobilzulieferer, zeichnete sich schon vor Covid-19 eine radikale Transformation ab, harte Einschnitte hätten vielen Unternehmen auch ohne Corona bevorgestanden: „Man darf eine solche Krise nicht als Deckmantel für eine Restrukturierung heranziehen, die man ohnehin geplant hatte“, findet Heck.
Mitarbeiter, Kunden und Investoren seien durchaus in der Lage, die Gesamtlage kritisch zu beurteilen. „Wenn eine Führungskraft die Verantwortung für eine schwierige Lage abwälzen möchte, etwa auf die Coronakrise oder auf das Vorgängermanagement, dann fällt das natürlich allen Beteiligten auf.“
Fehler 2: Versteckspiel
Büroflächen sind weitgehend verwaist, persönliche Kontakte gibt es kaum noch – es wäre in der Pandemie einfacher denn je, einfach abzutauchen. Doch gerade wenn man Gesprächspartner wie in der aktuellen Situation nicht persönlich treffen kann, sollten Führungskräfte ihre Kommunikation anpassen, rät Stephanie Verena Prager, Director bei Deekeling Arndt/AMO.
Das gilt insbesondere, wenn die Krise ein Unternehmen dazu zwingt, seine Strategie anzupassen, Bereiche zu verkaufen oder Investitionen anders zu allokieren. „Diese Themen betreffen viele Mitarbeiter ganz persönlich, und so sollten sie auch kommuniziert werden. Niemand möchte seine berufliche Perspektive unkommentiert einer E-Mail entnehmen“, sagt Prager.
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Wenn Betriebsversammlungen und Treffen nicht möglich sind, sollten Führungskräfte zumindest Videocalls anbieten, um Entscheidungen zu erklären und einzuordnen – notfalls an verschiedenen Terminen, damit auch Mitarbeiter in der Produktion oder im Schichtbetrieb Gelegenheit haben, sich zu informieren. „Entscheidend ist die Bereitschaft, sich den Fragen aller Mitarbeitergruppen zu stellen und alle Stakeholder aktiv zu informieren“, betont Prager.
Dabei gehe es nicht darum, bereits von Beginn an auf jede mögliche Detailfrage eine ausgefeilte Antwort zu haben. „Es ist besser, gegebenenfalls einzelne Antworten zu einem späteren Zeitpunkt nachzureichen, als überhaupt nicht zu kommunizieren.“
Fehler 3: Verharmlosung
Bei Restrukturierungen ist das Management darauf angewiesen, dass Geldgeber und Mitarbeiter weiter mitziehen. Doch wer ihnen das Gefühl vermittelt, sie nicht ernst zu nehmen, verspielt das Wohlwollen schnell: „Eine Restrukturierung ist kein Fitnessprogramm, das nach einer kurzen Phase der Entbehrungen automatisch wieder zu Wachstum führt. Dieses Narrativ glaubt niemand mehr“, stellt Heck klar. Sein Rat: realistisch bleiben und keine falschen Erwartungen wecken.
Gerade im Mittelstand sieht Heck vielfach noch Handlungsbedarf in Sachen Krisenkommunikation. Allzu oft werde versucht, eine Krise kleinzureden. Die Öffentlichkeit werde mitunter gar nicht informiert. An sich ein nachvollziehbarer Wunsch – Restrukturierungen sorgen für Ängste und Nöte, Presseberichte schüren diese Unruhe zusätzlich.
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Zwar ist es Heck zufolge legitim, Restrukturierungen zunächst intern zu adressieren – jedoch müsse man sich bewusst sein, dass der Übergang von interner zu externer Kommunikation heutzutage fließend sei: „Sobald ich einen größeren Kreis an Mitarbeitern adressiere, muss ich damit rechnen, dass Teile der Informationen ihren Weg in die Öffentlichkeit finden.“ Umso wichtiger sei es, die Botschaften gut vorzubereiten und feste Meilensteine und Pläne zur Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen zu definieren.
Fehler 4: Zickzackkurs
Ein ständiges strategisches Hin und Her führt sowohl im Unternehmen als auch bei externen Beobachtern zu Verwirrung. Gerade in Restrukturierungsphasen kann ein Strategiewechsel, der für verschiedene Stakeholdergruppen überraschend kommt, fatale Folgen haben.
„Das Management darf nicht als Getriebener der Krise wirken.“
„Das Management darf nicht als Getriebener der Krise wirken“, mahnt Prager. Entscheidungen dürfen daher nicht als plötzliche oder überraschende Handlung wahrgenommen werden – insbesondere, wenn es um M&A-Transaktionen geht. „Sonst entsteht schnell der Eindruck eines Notverkaufs.“
Gerade wenn eine Transaktion schon von langer Hand geplant war, sollte die Kommunikationsstrategie auf die Zukunftsperspektive abzielen, rät die Kommunikationsberaterin: „Das kann beispielsweise der Aspekt sein, dass ein neuer Eigentümer künftig wieder stärker investieren wird und somit auch entsprechende berufliche Chancen bietet. Ein solches Argument kann die Mitarbeiter entscheidend positiv beeinflussen.“
Fehler 5: Überreizen
Wer auf das Engagement der Mitarbeiter zählen will, sollte sich langfristig überlegen, welche Botschaft wann angebracht ist. Sonst droht ein Konflikt, wenn man ihn am wenigsten braucht.
Heck hat einige Beispiele gesehen, in denen Unternehmen ihren Mitarbeitern über Jahre hinweg mitteilten, sie müssten bei Gehaltsrunden und Boni Verzicht üben – immer mit Verweis auf wirtschaftliche Herausforderungen. Das führt mit der Zeit zu wachsendem Unmut in der Belegschaft.
Die Konsequenz: „Wenn man über Jahre hinweg mit der vermeintlich schwierigen Lage argumentiert, ist das Entgegenkommen aufgebraucht, wenn die Krise dann wirklich einmal zuschlägt“, sagt Heck.
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So klappt es besser
Um auch in Sondersituationen Gehör zu finden, kommt es Heck zufolge auf den richtigen Tonfall an: „Die Debatte sollte sachlich, abwägend sowie von Argumenten und Expertenwissen geprägt sein. Emotionalität und Zuspitzungen sind nicht hilfreich.“
Und wie in fast allen Bereichen gilt auch bei der Krisenkommunikation: Gute Vorbereitung hilft. Denn ist ein Unternehmen erst im Krisenmodus, sind Zeit und Ressourcen ohnehin schon knapp. Heck rät: „Am besten bereitet man schon in der wirtschaftlich guten Phase ein langfristiges Narrativ vor, auf das man dann in einer Krise zurückgreifen kann.“
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