Jahrelang hat der Immobilienkonzern Gagfah fast ausschließlich Wohnungen verkauft, um Dividenden auszuschütten und die Schulden im Rahmen zu halten. Die Folge: Durch den Rückgang des Bestands auf 145.000 Wohnungen hat die Gagfah die Spitzenposition am deutschen Markt für Wohnimmobilien an die Deutsche Annington (179.000 Wohnungen) abgeben müssen, die erst kürzlich wieder mit Zukäufen im Milliardenbereich aufgewartet hat. Auch die Deutsche Wohnen ist dank der Übernahme der GSW Immobilien kürzlich an der Gagfah vorbeigezogen.
Das neue Gagfah-Management um CEO Thomas Zinnöcker und CFO Gerald Klinck will ab jetzt wieder dagegen halten, wie CFO Klinck heute bei FINANCE-TV ankündigte: „Wir haben den Ehrgeiz, bei dieser Rallye wieder mitzufahren“, sagte Klinck. Mit der Analyse auch von größeren Zukäufen habe das Management bereits begonnen, verriet er.
Mit zeitnahen großen Abschlüssen wird aber wohl nicht zu rechnen sein: „Für große Zukäufe brauchen wir Eigenkapital von unseren Investoren“, erklärte Klinck. Der Gagfah-CFO ist gerade dabei, die Verschuldung des Konzerns zu reduzieren – und will an diesem Kurs offenbar weiter festhalten.
Zwar konnte Klinck das Verhältnis der Nettofinanzschulden zum Immobilienvermögen (Loan to Value Ratio,LTV) im abgelaufenen Geschäftsjahr von 64,7 auf 61,9 Prozent reduzieren. Doch den Investoren hat er versprochen, bis 2018 auf 53 Prozent hinunterzugehen. Verpflichtet dazu ist das Management jedoch nicht. Die aktuellen Finanzierungsverträge beinhalten keine Covenants, die die Gagfah zu einer Absenkung des LTV auf unter 60 Prozent verpflichten, wie Klinck erklärte.
Gagfah-CFO Gerald Klinck muss NAV-Abschlag weiter reduzieren
Seit es Klinck im vergangenen Jahr gelungen ist, auslaufende Kapitalmarktfinanzierungen in Höhe von 4,5 Milliarden Euro zu refinanzieren, ist der Spielraum für Investitionen wieder größer geworden. Der durchschnittliche Zinssatz der einzelnen Tranchen sank von 4,3 auf 3,1 Prozent, wodurch das MDax-Unternehmen im Jahr einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag an Zinsen spart.
Erst in der vergangenen Woche konnte die Gagfah nach überraschend guten Quartalszahlen die Jahresprognose für die Dividende und den freien Cashflow anheben. Der Aktienkurs ist in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, die Lücke zwischen Börsenwert und Net Asset Value (NAV) des Immobilienbestands ist bis auf 10 Prozent zusammengeschmolzen. Eine weitere Annäherung des Aktienkurses an den NAV hält Klinck für maßgeblich, um den Rückhalt der Aktionäre für eine Kapitalerhöhung zu gewinnen – und damit auch für mögliche Großakquisitionen, um sich die Marktführerschaft zurückzuholen.