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Nach Millionenklage: Machtkampf bei PNE Wind (Teil 1)

High Noon in Cuxhaven: Auf der HV am 16. Juni treten PNE-Chef Martin Billhardt und Großaktionär Volker Friedrichsen gegeneinander an. Es steht viel auf dem Spiel, nicht nur für die beiden Widersacher persönlich.
PNE Wind

Knapp drei Wochen vor der richtungsweisenden Hauptversammlung am 16. Juni spitzt sich der Machtkampf bei dem Windparkprojektierer PNE Wind zu. Nachdem der Vorstand und die eine Hälfte des sechsköpfigen Aufsichtsrats den Aktionären empfohlen haben, die drei Vertreter des Großaktionärs Volker Friedrichsen aus dem Aufsichtsrat abzuwählen, fordert nun Friedrichsen seinerseits die Abwahl der drei anderen Aufsichtsräte, darunter auch Aufsichtsratschef Dieter Kuprian.

Gegenüber FINANCE griff Friedrichsen das Gremium hart an: „In der jetzigen personellen Zusammensetzung wird der Aufsichtsrat seiner Kontrollfunktion nicht gerecht“, meint der Großaktionär. „Der aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende und der Vorstandsvorsitzende sind seit langer Zeit privat und geschäftlich befreundet. In dieser Konstellation werden Entscheidungen zugunsten der Privatkasse der beiden Herren und zulasten der Aktionäre gefällt.“ 

Zu Friedrichsens Kandidaten für den Aufsichtsrat zählt der in Finanzkreisen sehr bekannte langjährige Vorstandschef der Deutschen Beteiligungs AG, Wilken von Hodenberg. Seitdem er PNE Wind 2013 seinen Mehrheitsanteil an dem kleineren Windparkprojektierer WKN verkauft hat, ist Friedrichsen mit rund 15 Prozent der größte Aktionär des Cuxhavener Projektierers.

HV von PNE Wind: Showdown in Cuxhaven

Wie das Ringen um die Macht im Aufsichtsrat ausgeht, ist völlig offen: Bei den beiden vergangenen Hauptversammlungen von PNE Wind erreichte die Präsenzquote lediglich 18 beziehungsweise 30 Prozent. Bei einer solchen HV-Präsenz auch in diesem Jahr hätte Friedrichsen durchaus Chancen, sich trotz seiner vergleichsweise geringen Beteiligungshöhe von 15 Prozent durchzusetzen.

PNE Wind-Chef Martin Billhardt, der die Abwahl von Friedrichsen und den beiden Friedrichsen nahestehenden Aufsichtsräten Astrid Zielke und Peter Baron von le Fort unterstützt, weiß das. Er versucht seit Wochen, die übrigen Investoren zur Teilnahme an der HV zu motivieren. Dass die Aktionärsversammlung nicht in Hamburg oder Frankfurt, sondern am abgelegenen Firmensitz Cuxhaven stattfindet, macht sein Ansinnen nicht leichter.

Der Einsatz ist hoch, für beide Seiten steht viel auf dem Spiel: Setzt sich Friedrichsen durch und die dem Management gewogenen Aufsichtsräte um Chefaufseher Kuprian müssen gehen, wären die Tage des aktuellen Managements um Billhardt wohl gezählt. Billhardt und Friedrichsen tragen ihre Differenzen so offen aus, dass eine Verständigung nur schwer vorstellbar scheint.

Ziehen aber Billhardt und Kuprian die Aktionäre auf ihre Seite, würde Friedrichsen massiv an Einfluss verlieren. Entschließt er sich daraufhin zum Verkauf seines Aktienpakets, das er über sein Vehikel, die Volker Friedrichsen Beteiligungs-GmbH, hält, dürfte der Aktienkurs von PNE Wind, der seit mehr als einem halben Jahr um 2,30 Euro schwankt, schwer unter Druck geraten. Dieses Drohpotential könnte ihm andererseits aber auch als Druckmittel dienen, um nach einer möglichen Abstimmungsniederlage doch noch einen Teil seiner Interessen durchzusetzen.

Streit um vermeintliches Bilanzloch bei WKN

Beide Lager führen den Machtkampf mit harten Bandagen: PNE Wind hat Friedrichsen auf Schadensersatz in Höhe von „zunächst“, wie das Management betont, 6,2 Millionen Euro verklagt. Der Anlass: Nach Abschluss der Übernahme von WKN durch PNE Wind zeigte sich nach Angaben des Unternehmens, dass in der WKN-Bilanz Windparkprojekte um 11,8 Millionen Euro zu hoch bewertet gewesen sein sollen. PNE Wind hat einen Großteil dieses Betrags in der von Deloitte testierten 2014er-Bilanz bereits abgeschrieben. Angesichts eines Kaufpreises in Höhe von 77 Millionen Euro ist das eine nicht gerade zu vernachlässigende Wertberichtigung.

PNE Wind macht Friedrichsen für die vermeintlichen Fehlbewertungen verantwortlich. Billhardt warf ihm, unter anderem in einem Interview mit FINANCE-TV, öffentlich vor, während der Due-Diligence-Prüfung den Vertretern von PNE Wind Dokumente vorenthalten zu haben. Der Unternehmer weist die Vorwürfe zurück.

Das angerufene Schiedsgericht wird erst im nächsten Jahr sein Urteil fällen, aber PNE Wind leitet aus der Klage gegen seinen heutigen Aufsichtsrat Friedrichsen schon jetzt einen Interessenskonflikt ab, der dem Unternehmen schaden könne – so die Begründung für das Ansinnen, Friedrichsen und seine Vertreter nicht wieder in den Aufsichtsrat wählen zu lassen.

Ist die Millionenklage gegen Friedrichsen nur ein Vorwand?

Friedrichsen bezeichnet den vermeintlichen Interessenkonflikt als konstruiert: „Die Vorwürfe sind haltlos und ein reines Ablenkungsmanöver. Die Schadenersatzklage verfolgt allein den Zweck, mich aus dem Aufsichtsrat zu drängen“, erklärte Friedrichsen gegenüber FINANCE. Als Indiz führt das Friedrichsen-Lager ins Feld, dass PNE Wind im Zusammenhang mit den Bilanzlücken, die das Unternehmen bei WKN entdeckt haben will, nur Friedrichsen verklagt habe, nicht aber eine Tochter des Siemens-Konzerns, die ebenfalls ihren WKN-Anteil an PNE Wind verkauft hatte.

Aus „prozessökonomischen“ Gründen sei dies geschehen, entgegnet PNE Wind. Zudem sei Friedrichsen mit einem Anteil von damals 54 Prozent der dominierende WKN-Aktionär gewesen, Siemens habe hingegen nur eine Minderheit von 29 Prozent gehalten und an PNE verkauft. Nichtsdestotrotz hat PNE Wind auch gegen Siemens „Garantieansprüche“ in Höhe von 3,2 Millionen Euro geltend gemacht – „zur Vermeidung der Verjährung“.

Die Fronten bei PNE Wind sind verhärtet

Friedrichsens Vorwurf, die Klage sei nur lanciert worden, um ihn loszuwerden, gewinnt auch deshalb an Brisanz, weil der Unternehmer seinem Umfeld zufolge plant, vermeintliche Missstände bei PNE Wind abzustellen. Vor allem die Bezahlung von Management und Aufsichtsrat hält Friedrichsen angesichts der schwachen Aktienkursperformance für überzogen.

In der Tat verdient Billhardt nicht schlecht für den CEO eines Konzerns mit 211 Millionen Euro Umsatz und 160 Millionen Euro Börsenwert: Im vergangenen Jahr kassierte er 1,3 Millionen Euro – allerdings auch deshalb, weil er noch einen Teil der Boni für die Rekordjahre 2012 und 2013 erhielt, in denen PNE Wind nach einem Verkauf großer Offshore-Windprojekte an den dänischen Dong-Konzern hohe Jahresüberschüsse von zusammen fast 60 Millionen Euro erwirtschaftet hatte. Diese Extrazahlungen laufen nun langsam aus. PNE Wind hält die Managementgehälter für angemessen.

Die sechs Mitglieder des Aufsichtsrats ihrerseits haben 2014 zusammen 886.000 Euro kassiert, knapp 230.000 Euro davon flossen an Aufsichtsratschef Kuprian. Als „Selbstbedienungsmentalität“ geißelt das Friedrichsen. Als Leistungsincentivierung mit variablen Entgütungsbestandteilen, ebenfalls zurückzuführen auf die zurückliegendne Rekordergebnisse, sieht dies das Unternehmen.

Kuprian selbst hat zuletzt dem Vernehmen nach auch mehrmals sein Doppelstimmrecht genutzt, um die Pattsituation im Aufsichtsrat zu Lasten Friedrichsens aufzulösen – so auch am Ende jener Abstimmung, die die Empfehlung auf den Weg brachte, Friedrichsen und die beiden ihm nahestehenden Aufsichtsräte abzuwählen. Die Fronten sind verhärtet, eine mögliche Kompromisslinie ist nicht zu erkennen.

Info

Wie Friedrichsen und Billhardt die Börse nutzen, um sich für die HV in Stellung zu bringen, und warum der Fallout des Konflikts PNE Wind ins Trudeln bringen könnte – das und mehr lesen Sie im zweiten Teil unseres Berichts über den Machtkampf bei PNE Wind. 

Martin Billhardt über den Konflikt mit Volker Friedrichsen und seine große Hoffnung YieldCo: Hier geht es zum aktuellen FINANCE-TV-Interview mit dem Chef von PNE Wind.

Alle Hintergründe zu der Schlammschlacht bei dem Windparkprojektierer gibt es auf unserer FINANCE-Themenseite zu PNE Wind.

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