Herr Patzak, seit der Abspaltung von Siemens im Juli sind Sie der CFO eines eigenständigen Unternehmens. Wie hat sich seitdem Ihre Rolle als Finanzvorstand verändert?
Die Verantwortung ist gestiegen, neue Aufgaben sind hinzugekommen und der Handlungsspielraum hat sich erweitert. Die Kommunikation mit dem Finanzmarkt, also der Aufbau von Investor Relations, ist ein Beispiel für eine neue und wichtige Aufgabe im Finanzbereich. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft hat aber eine Gesamtverantwortung für das Unternehmen, die über Ressortverantwortungen hinausgeht. Auch dieser Aufgabe gilt es gerecht zu werden. Zusammen mit meinen Vorstandskollegen wollen wir eine „Performance“-Kultur im Unternehmen etablieren. Dazu gehört auch deutlich anzusprechen, was gut und was schlecht läuft. Dieses Feedback fordere ich auch von meinen Mitarbeitern ein.
Sie sprachen gerade das Thema Investor Relations an. Was ist dort für Sie neu hinzugekommen?
Bei Siemens hatte ich als Verantwortlicher für Rechnungswesen und Controlling eine zuliefernde Funktion. Jetzt habe ich direkten Kontakt mit den Adressaten oder wenn Sie so wollen, den „Kunden“ – einen ersten Kontakt in der Roadshow zum Börsengang und jetzt natürlich laufend. Dabei ging es vor allem auch darum, Osram umfassend zu erklären. Denn zu diesem Zeitpunkt waren nur wenige Informationen im Markt. Für viele war Osram bloß ein traditioneller Lampenhersteller. Das breite Produktportfolio, gerade in den Bereichen Industrie und Auto war anfangs nicht bekannt. Generell wichtig ist mir bei IR, dass wir nicht nur ein neues Produkt – die Osram Licht Aktie – erläutern, sondern hierzu auch regelmäßig Feedback bekommen. Positiv überraschend war für mich, dass viel langfristiges Interesse an Osram besteht.
Benchmarking für jede Funktion
Was waren Ihre ersten Schritte als CFO der Osram Licht AG?
Wir mussten zunächst viele Prozesse, die aus Synergie-Gründen auf Ebene des Siemens-Konzerns konsolidiert oder die auf den Gesamtkonzern Siemens zugeschnitten waren, auf eigene Beine stellen beziehungsweise an unsere Bedürfnisse anpassen. Das betrifft unter anderem die Funktionen Steuern, Treasury, Pensionsverwaltung, Rechnungswesen, Internal Audit, M&A und IT.
Wie sind Sie an diese Anpassungsprozesse herangegangen?
Wir konnten dort nicht einfach ein „Copy and Paste“ machen, denn das hätte dazu geführt, dass wir Verfahren übernommen hätten, die gar nicht zu unserer Größe passen. Um herauszufinden, was zu uns passt, haben wir ein Benchmarking für jede Funktion mit vergleichbaren Unternehmen durchgeführt. So haben wir spezifische Lösungen für unsere Größe gefunden und damit Eigenständigkeit erreicht, ohne höhere Kosten zu erzeugen. Das ist bemerkenswert, weil es normalerweise zu Dissynergien kommt.
Sie haben auch die Finanzierung neu auf Osram zugeschnitten …
Wir haben eine eigene Finanzierung auf die Beine gestellt. Im Frühjahr haben wir erfolgreich syndizierte Kreditlinien über insgesamt 1,25 Milliarden Euro abgeschlossen. Zudem hat uns Siemens im Vorfeld der Abspaltung eigenkapitalstärkende Maßnahmen zuteilwerden lassen. Damit steht unsere Stand-Alone-Finanzierung. Wir haben die Finanzierung bewusst sehr solide aufgestellt und die Verträge so ausgestaltet, dass wir über bessere Konditionen auch an einer Verbesserung unserer Bonität partizipieren. Zu gegebener Zeit werden wir noch Laufzeiten optimieren und die Palette der Finanzierungsinstrumente verbreitern.
anne-kathrin.meves[at]finance-magazin.de
Info
Klaus Patzakist seit November 2012 Finanzvorstand der Osram Licht AG. Vor dem Spin-Off vom Mutterkonzern Siemens war der Diplom-Kaufmann bereits seit April 2011 Sparten-CFO bei Osram. Insgesamt hat der 48-Jährige fast sein ganzes Berufsleben bei Siemens verbracht. Seit seinem Einstieg im Jahr 1993 ist seine jetzige Position der zweite Ausflug außerhalb von Siemens. Lesen Sie mehr über Patzaks Werdegang und seine Karriere-Highlights bei FINANCE-Köpfe. Mehr über den Lichtkonzern lesen Sie auf unserer FINANCE-Themenseite zu Osram.