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PE-Experte Tobias Eichner: „Die Dämme brechen“

Konzernzentrale des Ablesedienstleisters Ista in Essen: Der Rückkauf durch den PE-Investor CVC im vergangenen Jahr für 3,1 Milliarden Euro war einer der größten und teuersten PE-Deals in Deutschland aller Zeiten. Und der Anlagedruck der PE-Investoren ist seitdem nicht kleiner geworden, meint PE-Experte Tobias Eichner von Oliver Wyman.
Ista

Die Ampeln stehen auf Grün am deutschen Private-Equity-Markt, unser neuestes Private Equity Panel weckt Zuversicht. Glauben Sie, dass die gute Stimmung nun endlich auch zu einer wachsenden Zahl von konkreten Deals führen wird?

Davon gehe ich aus. Es ist einiges in Vorbereitung, auch große Transaktionen jenseits der Milliardengrenze. Und viele Konzerne, die sich das hohe Bewertungsniveau zunutze machen wollen, haben Carve-out-Projekte gestartet. Auch die Vergangenheit zeigt, dass Jahre mit hohen Börsenbewertungen und guten Finanzierungsmärkten fast immer gute Transaktionsjahre gewesen sind. Von daher erwarte ich, dass in den nächsten Monaten die Dämme brechen könnten.  

An den Finanzierungsmärkten wird es jedenfalls nicht scheitern, die Banken sind bei Leveraged-Finanzierungen so aggressiv wie seit 2008 nicht mehr. Zuletzt haben  die PE-Investoren dies aber hauptsächlich für Recaps – kreditfinanzierte Sonderausschüttungen – genutzt und nicht für Neuinvestitionen. Setzen die Fonds die falschen Prioritäten?
In der Tat ist in den vergangenen sechs Monaten viel auf Recaps und „Amend-and-Extend“ Refinanzierungen gearbeitet worden, um die günstigen Konditionen zu nutzen. Aber die PE-Fonds sind professionell genug, um die Suche nach neuen Investments deshalb nicht zu vernachlässigen.

Manche Refinanzierungen sind ungewöhnlich strukturiert: Die Finanzierung kann bei einem Eigentümerwechsel mitgenommen werden.
Das ist in der Tat ungewöhnlich, insbesondere bei historischer Betrachtung hat das Seltenheitswert. Jetzt aber sehen wir solche portablen Strukturen gleich bei mehreren Refinanzierungen. Doch Vorsicht: Ein echter Trend ist das noch nicht.

Aber eventuell eine Initialzündung für Secondary und Tertiary Buy-outs in den nächsten Jahren? Für neu an den Markt kommende PE-Investoren ist es eine Riesenchance, wenn sie in eine bereits bestehende Finanzierung einfach hinein schlüpfen könnten.
So weit, diesen Schluss zu ziehen, würde ich nicht gehen. Dafür ist die Anzahl von Assets mit übertragbaren Finanzierungsstrukturen noch viel zu gering. Wenn wir 2014 und 2015 wieder mehr Secondaries und Tertiaries als im enttäuschenden Jahr 2013 sehen werden, dann aus investitionsstrategischen Erwägungen der PE-Investoren.

Weil der Anlagedruck der PE-Investoren immer größer wird?

Der Anlagedruck ist extrem hoch. Viele PE-Investoren kalkulieren bei Investments, die sie jetzt tätigen, bis zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits sinkende Multiples – quasi als Bremsfallschirm – fest mit ein. Aber man darf nicht außer Acht lassen, dass die Finanzierungsmärkte aktuell mitziehen, was die Renditeberechnungen im Gegenzug wieder stützt – insbesondere bei Large-Cap-Deals, wo PE-Investoren selbst für zyklische Unternehmen im Moment Fremdkapitalpakete von 5 bis 6x Ebitda bekommen. Im Small-Cap-Geschäft ist es nicht ganz so extrem, aber auch dort lassen die günstigen Finanzierungskosten und hohen Leverage-Werte Renditekalkulationen selbst dann aufgehen, wenn der Investor von einer Multiple-Contraction ausgeht. Letzteres gilt insbesondere bei ertragsstarken Wachstumsunternehmen.   

Kann ein PE-Investor, der jetzt kauft, überhaupt noch seriös mit einem IRR von 20 Prozent kalkulieren?
Mit einer Plain-Vanilla-Vorbereitung eher nicht. Manche PE-Investoren werden die 20 Prozent aber dennoch schaffen, weil sie sich mit ausgefeilten strategischen und operativen Plänen für ihre neuen Portfoliounternehmen sehr gut vorbereiten. Sie können dann das Instrumentarium der operativen Werthebel voll aussteuern. Hinzu kommt: Die meisten Finanzierungen sind im Moment “covenant-light“ strukturiert. Kurzfristige Ergebniskrisen werden dadurch nicht gleich zu Finanzierungskrisen.

Vorsicht: Auch viele der 2007er-Deals mussten 2009 restrukturiert werden, trotz der extrem moderaten Covenants ihrer Finanzierungen.
Ihr Vergleich ist so nicht ganz stichhaltig, 2014 ist nicht 2007. Zum einen wird sich eine Wirtschaftskrise mit der Amplitude des 2009er-Zusammenbruchs nicht regelmäßig wiederholen. Zum anderen sind die Finanzierungen auch in anderen Aspekten krisenresistenter als die Finanzierungen von kurz vor der Finanzkrise. In den Business- und Finanzierungsplänen werden Negativszenarien heute gründlicher gerechnet als 2007, und sowohl die PE-Investoren als auch die Banken sind geländegängiger geworden. Aber natürlich heißt das alles nicht, dass 2014 für die PE-Investoren unbedingt ein gutes Vintage Year werden wird. Hohe Transaktionsvolumina garantieren am Ende des Tages leider keineswegs hohe Renditen beim Exit.

Info

Dr. Tobias Eichner ist Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman in München und leitet die Private Equity Practice in Zentraleuropa. Eichner gilt als Experte für Wertsteigerungsprogramme, Restrukturierungen und M&A-Transaktion, insbesondere im Industrie- und Automobilsektor.