25 Jahre sind nach heutigen Maßstäben eine kleine Ewigkeit. Anfang 1987 trat Peter Sielmann seinen Dienst in der Geschäftsleitung der Bernhard Rothfos AG an. 1987 hatte der damals 34-Jährige bereits zehn Jahre lang bei der Citibank gearbeitet – zuletzt schon in Hamburg als Dienstleister für Rohstoffanbieter, als er, wie er es formuliert, dem Charme des damals 88-jährigen Bernhard Rothfos erlag. Der bis dato begeisterte Banker wechselte in das traditionsreiche Kontor und tauschte das Geschäft mit Handelsfinanzierungen gegen den Handel mit 60-Kilo-Säcken voller Kaffeebohnen ein.
Schon zu Beginn seiner Karriere hat eine starke Persönlichkeit seinen Weg bestimmt. In die Citibank als Trainee hatten ihn die Überzeugungskraft und der sanfte Druck des damaligen Firmenkundenvorstands der Citibank, Wilfried Scheele, gebracht. In den Frankfurter, Londoner und Hamburger Jahren lernte er sämtliche angelsächsischen Finanzierungsinstrumente kennen, wie die Borrowing Base, die er später ausführlich nutzen sollte – etwa für einen selbstarrangierten SynLoan.
Es muss eine faszinierende Mannschaft gewesen sein damals bei der Citi. Über Jahre arbeitete er Raum an Raum mit Jürgen Fitschen und Werner Steinmüller, CEO und Head of Global Transaction Banking bei der Deutschen Bank, beide begannen damals als Trainee bei der Citibank.
Zwei Arbeitgeber in 35 Jahren Berufstätigkeit – das schaffen die meisten Angestellten nicht mehr, auf der höchsten Führungsebene schon einmal gar nicht, wo durchschnittliche Mandatszeiten nur noch vier bis sechs Jahre dauern und viele Kandidaten stets auf dem Sprung sind.
Der Wechsel ins Handelsgeschäft, das war für Sielmann ein Sprung ins Risiko. Gereizt hat ihn daran die unternehmerische Verantwortung, das Produkt Rohkaffee, die Gestaltungsspielräume, nicht das Geld. In dieser Hinsicht hat er sich verschlechtert.
Nicht nach links und rechts geschaut
Es ist die Aufgabe, die ihn bei der Sache hält. „Man motiviert sich Tag für Tag über die Aufgabenstellung, die man hat.“ Im Subtext hört man die Fülle der Aufgaben, die Freiheit zu handeln und die Verantwortung mitklingen. „Ich habe eigentlich nicht nach links und nicht nach rechts geschaut, weil es mir einfach Spaß gemacht hat“, sagt Sielmann. Selbstverständlich gab es Angebote. Er hat sie abgelehnt.
Delegieren geht nicht
Sielmann sieht sich als „operativen Finanzvorstand“. Als jemanden, der selbst Hand anlegt und die Dinge selbst erledigt, statt sie weiterzureichen. Er gibt zu: „Delegieren fällt mir schwer.“ Und so arrangierte er den SynLoan auf Borrrowing-Base-Grundlage gleich selbst. Zwölf Mitarbeiter zählen zu seinem Finanzressort in Hamburg, zur weltweit aktiven Handelsorganisation gehören mehr als 40 CFOs.
Er weiß, was er tut
Das Risiko des Jobwechsels hat der pflichtbewusste Sielmann in seiner Karriere nur einmal auf sich genommen. Lieber ist ihm das systematische Beherrschen und Einhegen von Risiken in seinem Aufgabengebiet. „Er kennt sein Geschäft bis in die Details und weiß, was er tut – und auch was er lässt“, sagt Professor Heinrich Degenhart, Präsident des Verbands Deutscher Treasurer, in seiner Laudatio auf Sielmann. Wo man sich umhört: Im Risikomanagement gilt Sielmann als Meister seines Fachs.
Er hat die Risiken des Geschäfts identifiziert, über Parameter sichtbar gemacht und die Risikoneigung mit den Gesellschaftern bestimmt. In drei Datenströmen liest Sielmann ein „komplettes Röntgenbild der Entwicklung und des Risikos unserer Unternehmensgruppe“. Es sind die „konsolidierten Risikopositionen, die aktuelle Verschuldung und die letzten Monatsergebnisse (auf Fair-Value-Basis).“
Epochale Verschiebungen
Sielmann erkennt die tiefgreifenden Verschiebungen in seinem Verantwortungsgebiet. „Wer hätte gedacht, dass man das Bankenrisiko einmal einplanen muss?“, sagt er. Da für das Handelsgeschäft mit den grünen Kaffeebohnen Dollarliquidität nötig ist und die Lage der Auslandsbanken nach wie vor kritisch, schiebt er das Unternehmen peu à peu näher in Richtung der „großen Liquiditätspools in Nordamerika und Asien“ – und behutsam auch in Richtung Kapitalmarkt. Die Voraussetzungen dafür hat er durch die IFRS-Konsolidierung seit 2003 längst geschaffen.
Arbeiten müsste Sielmann wohl nicht mehr, schließlich ängstigt ihn Downsizing nicht. „Wir alle könnten mit 5 bis 10 Prozent weniger gut leben“, findet Sielmann. Aber aufhören kommt nicht in Frage. Schließlich motiviert er sich über die Aufgabe, und die macht ihm noch immer viel zu viel Spaß. Außerdem zählt das Delegieren nicht zu seinen Stärken. Peter Sielmann, der operative CFO, legt am liebsten selbst Hand an.
Lesen Sie das ausführliche Portrait Peter Sielmanns in der neuen Ausgabe von FINANCE, die am 7.12.12 erscheint.
Info
Neumann Kaffee-Gruppe
Die traditionsreiche Hamburger Neumann-Gruppe entstand 1990 aus der Übernahme der Bernhard Rothfos AG (gegründet 1922) durch das Unternehmen Hanns R. Neumann. Das Hamburger Kontor gilt als der weltgrößte Rohkaffeedienstleister. Annähernd jede siebte weltweit getrunkene Tasse Kaffee geht durch die Hände der Neumann-Gruppe. Der Konzern, der zuletzt einen Umsatz von 3,5 Milliarden US-Dollar verzeichnete, betreibt 47 Firmen in 28 Ländern – weitgehend in Emerging Countries. In der Gruppe sind insofern 40 CFOs in Töchtern tätig, die Sielmann berichten.
Die Neumann-Gruppe bietet ein umfassendes Dienstleistungsangebot rund um die grüne Bohne an, das neben dem Verkauf von Kaffee auch das Management von Kaffeeplantagen und der Aufbereitung von Rohkaffee auch die Logistik der Bohnenlieferungen umfasst. Die Neumann-Gruppe gehört zu den von Simon Kucher benannten so genannten „Hidden Champions“.