Hoffnung bei Schmolz+Bickenbach: Die zerstrittenen Parteien haben sich nach einem monatelangen Machtkampf zu einer Vereinbarung zusammengerauft und wollen bis Mitte August die Zukunft des deutsch-schweizerischen Stahlkonzerns klären. Die Übernahme durch den russischen PE-Investor Renova, der seit Ende Juni mit 20,5 Prozent an dem Unternehmen beteiligt ist, wird damit wahrscheinlicher. Das geht aus übereinstimmenden Mitteilungen des Verwaltungsrates der Schmolz+Bickenbach AG und Renova hervor, der sich mit den Erben und Großaktionären des Unternehmens verbündet hat (S+B KG).
Den Mitteilungen nach geben beide Parteien nun ihre gegenseitige Blockadehaltung auf. Innerhalb von nur drei Wochen soll über das Übernahmeangebot von Renova und die dringend notwendige Kapitalerhöhung entschieden werden: Der Verwaltungsrat hat zugestimmt, dass der vom russischen Oligarchen Viktor Vekselberg kontrollierte Investor und die S+B KG eine Due Diligence-Prüfung der Schmolz+Bickenbach AG vornehmen und „unter Leitung der Gesellschaft“ mit den finanzierenden Banken verhandeln dürfen. Außerdem will der Verwaltungsrat das Übernahmeangebot von Renova und den Erben „durch eine Fairness Opinion unabhängig prüfen lassen“. Bisher hatte er die Übernahmebedingungen abgelehnt, weil er die Interessen der Publikumsaktionäre gefährdet sah.
Rettende Kapitalerhöhung für Schmolz+Bickenbach rückt näher
Im Gegenzug zeigt sich die S+B KG bei der Kapitalerhöhung kompromissbereit. Ende Juni hatten die Gründererben aus Protest eine Handelsregistersperre eingelegt und die rettende Kapitalerhöhung von 330 Millionen Schweizer Franken (267 Mio. Euro) so vorübergehend unmöglich gemacht. Nun haben die Erben angekündigt, ihr Veto entweder zurückzuziehen oder eine umfangreiche Erhöhung vorzuschlagen, deren Festübernahme von Renova sichergestellt würde. Der Verwaltungsrat werde anschließend entscheiden, ob er diese Kapitalerhöhung unterstützen werde, hieß es.
Die S+B KG und Renova hatten bereits im Juni eine Kapitalerhöhung von 434 Millionen Franken (350 Mio. Euro) verlangt. Man schätzte den Finanzbedarf anders ein, möglicherweise wollten sie aber auch die Mehrheit der neuen Aktien übernehmen und sich so die Mehrheit an Schmolz+Bickenbach sichern, wie der Verwaltungsrat damals fürchtete. Nun scheint diese Aussicht an Schrecken verloren zu haben.
Neuwahl des Verwaltungsrates im August
Auch die personellen Querelen wollen die Parteien nun offenbar beilegen: Die S+B KG drängte seit Monaten öffentlich auf mehr Mitsprache bei Schmolz+Bickenbach und will eigene Kandidaten in den Verwaltungsrat bringen. Bis spätestens 15. August 2013 wolle man sich darüber verständigen, eine außerordentliche Generalversammlung zur Neuwahl des Gremiums anzusetzen, schreibt der Verwaltungsrat nun. Dort soll dann ebenfalls über eine möglicherweise größere Kapitalerhöhung entschieden werden. Die Versammlung solle bis spätestens zum 17. September 2013 stattfinden.
Der Waffenstillstand war bitter nötig, denn der öffentlich ausgetragene Machtkampf hat den hochverschuldeten Stahlkonzern gelähmt und drohte sogar, den weiteren Bestand von Schmolz+Bickenbach zu gefährden. Im vergangenen Jahr sank das Eigenkapital von 844 auf 640 Millionen Euro – ein Minus von 24 Prozent. Das muss das Unternehmen nun schleunigsten wieder erhöhen: Nach einem Covenantbruch konnte CFO Hans-Jürgen Wiecha die Banken im April nur überzeugen, die Finanzierung in Höhe von 930 Millionen Euro bis zum Frühjahr 2015 beizubehalten, wenn das Eigenkapital steigt. Das ist dringend notwendig, denn das Unternehmen ist mit Nettofinanzverbindlichkeiten von 932 Millionen Euro (Stand Ende März) verschuldet. Zahlen für das 2. Quartal liegen noch nicht vor. Bei einem EBIT von nur 17 Millionen Euro ist das ein immenser Schuldenberg.
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