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SGL Carbon: Was plant das Management mit dem Kerngeschäft?

Das Management dreht bei SGL Carbon derzeit jeden Stein um und verselbständigt das Kerngeschäft mit den Graphitelektroden. Das bietet reichlich Diskussionstoff.
SGL Group

Die Ankündigung der SGL-Carbon-Führungsriege um CEO Jürgen Köhler und CFO Michael Majerus, den Geschäftsbereich „Performance Products“ (PP) innerhalb der SGL-Gruppe rechtlich verselbständigen zu wollen, sorgt für reichlich Diskussionsstoff. Zu konkreten Plänen äußerte sich SGL Carbon zwar nicht. Nur so viel: Durch die Verselbständigung  könne der PP-Bereich, der immerhin zum Kerngeschäft des SDax-Konzerns zählt, besser an die aktuell schwierige Marktlage, insbesondere bei Graphitelektroden, angepasst werden. Zudem werde das Unternehmen „flexibler für strategische Optionen“.

Diese Sprachregelung hat  sowohl Konkurrenten als auch M&A- und IPO-Berater hellhörig werden lassen. Eine mögliche strategische Option wäre ein Verkauf oder eine Fusion des Segments mit einem Wettbewerber. Auf dem globalen Stahlmarkt, der zu den Hauptabnehmern des PP-Segments gehört, sieht der Vorstand laut einer IR-Präsentation vom Juli 2015 ein strukturelles Überangebot, weshalb er eine Konsolidierung der Branche erwartet. An dieser wolle man sich unter Umständen beteiligen können. Außerdem kündigte der Vorstand Ende September 2014 an, verlustbringende Geschäftsbereiche entweder zu restrukturieren oder zu verkaufen.

SGL Carbon mit rückläufigen Segment-Zahlen

Operative Verluste fährt die PP-Sparte, die hauptsächlich in der Graphitelektrodenindustrie zu Hause ist, noch nicht ein. Prozentual am Gesamtumsatz gemessen, ist sie seit vielen Jahren sogar das umsatzstärkste Geschäftsfeld von SGL.

Doch sowohl die Umsatz- als auch die Ebit-Zahlen sind seit Jahren rückläufig: Betrug der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2011 noch 143,3 Millionen Euro, ist er bis zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2014 auf 26 Millionen Euro eingeschmolzen. Setzte das PP-Segment 2011 noch 845,7 Millionen Euro um, waren es 2014 nur noch 588 Millionen Euro. Der Anteil des PP-Umsatzes am Gesamtumsatz ging in selbigem Zeitraum von 55 Prozent auf 44 Prozent zurück.

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Kennzahl/Jahr

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Die PP-Segmentzahlen im Zeitraffer

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Geschäftsberichten der SGL Carbon

Faire Segmentbewertung ist schwierig

Dieser Abwärtstrend macht eine „faire Bewertung“ des Geschäftsfeldes schwierig. Nimmt man das durchschnittliche Ebit der vergangen vier Jahre von 105,1 Millionen Euro und multipliziert es mit einem derzeit durchschnittlichen Chemie-Branchen-Multiple von 10x, so ergibt sich ein Wert von rund 1 Milliarde Euro. Legt man dagegen das Ebit aus dem Geschäftsjahr 2014 (26 Millionen Euro) zugrunde, so erhält man nur einen Wert von 260 Millionen Euro. Der gesamte Unternehmenswert des SGL-Konzerns beträgt aktuell rund 1,9 Milliarden Euro.

Die Research-Abteilungen der DZ-Bank und vom Bankhaus Lampe halten einen baldigen Verkauf aber für eher unwahrscheinlich. Zwar bringt Marc Gabriel, Analyst bei Lampe, das amerikanische SGL-Pendant GrafTech als möglichen Merger-Partner ins Spiel, bezweifelt aber, dass dieses Szenario in naher Zukunft eintreten wird. Auch die Analysten der DZ-Bank erwarten einen Verkauf des Segmentes frühestens, wenn sich die Lage auf dem Grafitelektrodenmarkt wieder verbessert hat. Der gesamte Prozess sei ohnehin noch in einer „sehr frühen Phase“ und der Ausgang „ungewiss“.

SGL Carbon: Das IPO-Szenario

SGL Carbon selbst will die PP-Sparte bis spätestens Ende 2016 verselbständigen. Nur wenn es dem  dem Vorstand bis dahin gelingt,  das Segment wieder flott zu machen, eröffnet sich eine weitere „strategische Option“: Der Spin-off über den Gang aufs Parkett, wie es unter anderem Siemens mit seiner Lichttechnik-Sparte Osram und zuletzt Wacker Chemie mit seiner Wafer-Tochter Siltronic getan haben. Auch Siltronic hat in den vergangenen Jahren nicht gut performt, wurde restrukturiert und hat trotzdem neue Investoren anlocken können.

Die geplante rechtliche Selbständigkeit lässt dem SGL-Management nahezu alle Möglichkeiten.Sowohl ein Verkauf als auch ein IPO würden SGL Carbon mehr Freiraum verschaffen, um die anderen Geschäftsfelder Graphite Materials & Systems (GMS) und Carbon Fibers & Materials (CFM) zu stärken. Bei GMS produziert SGL Carbon hauptsächlich Graphit-Produkte für die Energiebranche, CFM stellt Carbonfasern her und ist ein wichtiger Zulieferer der Automobilindustrie.

Ausgehend von 737 Millionen Euro im Jahr 2014, soll der kombinierte Umsatz der beiden Geschäftsfelder bis 2020 um rund 50 Prozent wachsen. Gleichzeitig strebt Finanzchef Majerus für jedes einzelne Feld eine Mindestkapitalrendite (ROCE) von 15 Prozent an. Die strategische Neuausrichtung beinhaltet auch ein bald auslaufendes Kostensparprogramm (SGL2015) sowie seit Beginn des Jahres ein neues „Business Process Excellence“-Programm, das in erster Linie Prozesse im Bereich Einkauf, Lieferkettenmanagement und Vertrieb optimieren soll. Köhler und Majerus lassen bei SGL kaum einen Stein auf dem anderen.

philipp.habdank[at]finance-magazin.de