Newsletter

Abonnements

Sparrunden: CFOs stehen auf der Bremse

Viele große Konzerne schnallen den Gürtel enger - Arbeitsplatzabbau soll die Kosten deutlich senken
iStock / Thinkstock / Getty Images

Die deutsche Industrie schnallt den Gürtel enger – zuvorderst die lange erfolgsverwöhnte Chemiebranche: Lanxess-CFO Bernhard Düttmann  will im Rahmen seines Sparprogramms „Advance“ bis Ende 2015 weltweit 1000 Stellen abbauen, davon 300 in Deutschland. Aufgrund von Vorruhestandsregelungen und Abfindungen fallen jedoch Sonderkosten in Höhe von 150 Millionen Euro an. Zudem will Lanxess das Geschäft mit der Landwirtschaft ausbauen und das Geschäft mit Lederchemikalien stärken. Dadurch soll die Abhängigkeit von der Autoindustrie, mit der Lanxess 40 Prozent seines Umsatzes erzielt, reduziert werden. Auch die Trennung von Randsparten des Konzerns ist im Gespräch.

Konkurrent Bayer befindet sich in einer ähnlichen Situation. Erst letzte Woche gab der Konzern den Abbau von 700 Stellen in der Kunststoffsparte bekannt, davon 180 in Deutschland. Bereits vor einigen Monaten hatte Bayer-CFO Werner Baumann  ein Sparprogramm abgeschlossen. Dieses hatte jedoch die Sparten Health Care (Pharma) und Crop Science (Pflanzenschutz) betroffen und zum Abbau von 4500 Arbeitsplätzen geführt. Beim Darmstädter Merck-Konzern fährt CFO Matthias Zachert hingegen schon langsam die Ernte des früher gestarteten Sparprogramms ein.

Macquarie: Tiefpunkt in Chemiebranche ist überwunden

Dass die Chemiebranche verstärkt auf ihre Ausgaben achtet, ist nach dem Einbruch der letzten Monate verständlich. Doch kommen die groß angelegten Sparprogramme spät – und greifen möglicherweise zu weit. Die Branche hat die Talsohle nämlich bereits wieder hinter sich gelassen. Industrieexperte Christian Faitz von Macquarie ist sich sicher, dass „der Tiefpunkt überwunden ist“. Für den Chemiesektor ermittelte das Ifo-Institut eine steigende Nachfrage von 0 Punkten im Juli 2013 auf 18,6 Punkten im August. Als stark zyklische Branche dürften sich die Aussichten für Bayer, Lanxess und Co. mit den positiven Konjunkturprognosen weiter bessern. Die Sparprogramme scheinen zu spät zu kommen.

Krise in Eurozone setzt Industrie zu

Hart von der Eurokrise wird auch der Mannheimer Dienstleistungskonzern Bilfinger betroffen , der immerhin gut 80 Prozent seiner Geschäfte in Europa abwickelt. CFO Joachim Müller ringt hart um Aufträge zum Bau neuer Kraftwerke sind selten geworden und die Bausparte schreibt nur mit Mühe Gewinne. Auch Bilfinger will daher den Rotstift ansetzen, vor allem in der Verwaltung. Mit dem Programm „Bilfinger Excellence“ will der Mannheimer Baukonzern die Verwaltungen der Teilkonzerne zusammenführen. Dabei sollen 1250 Arbeitsplätze abgebaut und dadurch 80 bis 90 Millionen Euro eingespart werden.

Mit seinem Sparprogramm „Fit for Leadership“ will Daimler ab 2015 jährlich zwei Milliarden Euro einsparen. Ziel ist es, ab 2015 eine Umsatzrendite von zehn Prozent vor Zinsen und Steuern zu erwirtschaften. Mit nur 7,1 Prozent Umsatzrendite in der Autosparte bleibt Daimlers Abstand zur Konkurrenz groß. Audis Rendite lag 2012 bei 11 Prozent, BMW hat seine Jahreszahlen zwar noch nicht veröffentlicht, lag in den ersten neun Monaten 2012 aber bei 10,9 Prozent. Auch Daimler ist, wie andere deutsche Konzerne, von der wirtschaftlichen Abkühlung in China betroffen . Das China-Geschäft soll daher nun Hubertus Troska als ein eigener China-Vorstand auf Vordermann bringen. Ein weiterer Kostenfresser waren die ausgelagerten IT-Geschäfte: Durch Insourcing will Daimler im IT-Bereich bis 2016 150 Millionen Euro sparen.

Die Wirtschaft scheint ihrem nächsten Aufschwung entgegenzusteuern: Einer der wichtigsten Konjunkturindikatoren, der deutsche Einkaufsmanagerindex, kletterte im Juli für die Eurozone auf den höchsten Stand seit 18 Monaten. Für die Industrie stieg der Indikator über die Expansionsschwelle. Der ifo-Geschäftsklimaindex stieg im August zum vierten Mal in Folge, und liegt bei 107,5 Punkten und ist damit nicht mehr weit von dem Spitzenwert von knapp 115 Punkten in 2011 entfernt. Doch bei den Unternehmen ist der Aufschwung noch nicht angekommen.

Anders geht es den Energieriesen, die zu den klaren Verlierern der Energiewende zählen: RWE muss im Rahmen seines Sparprogramms „Neo“ seine Kraftwerkssparte auf Sparkurs trimmen. Ganze 2 Milliarden Euro pro Jahr sollen eingespart werden. Ursprünglich waren 500 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. Preisverfall im Stromhandel und schlechte Auslastung der Kraftwerke sind die primären Gründe. Innerhalb von zwei Jahren sind die Preise im Stromgroßhandel um 20 Euro auf knapp 40 Euro je Megawattstunde eingebrochen. Im ersten Halbjahr war das Betriebsergebnis der Sparte um rund 60 Prozent eingebrochen. 3000 von 18000 Mitarbeitern sollen daher in der Kraftwerkssparte eingespart werden. Auch den Aktionären wird in den Geldbeutel gegriffen: Für das laufende Jahr soll nur eine Dividende von einem Euro je Aktie ausbezahlt werden.